MelosLogos Poetische Liedertage

Trunkene Weltsicht

23.11.2016
Der Pianist Burkhard Kehring hat für das Festival MelosLogos ein Programm aus alten und neuen Klavierliedern zusammengestellt - die Texte stammen vom Perser Hafis und seinem Bewunderer Goethe, es erklingt aber auch das persische Original.
Goethe, Hafis und die Zukunft des Liedes - gleich zwei große Dichter und ein großes Thema behandeln die Poetischen Liedertage "MelosLogos" in Weimar. Das ist ein Festival auf der Grenze zwischen Musik und Poesie, veranstaltet von der Klassik Stiftung Weimar in Weimar und Umgebung.
Auf drei Tage mit Konzerten, Lesungen, Exkursionen und Vorträgen konzentriert sich MelosLogos schon traditionsgemäß. Im vergangenen Jahr stand Dantes "Divina Commedia" im Fokus, dieses Jahr geht es um die Begegnung von Orient und Okzident, vorwiegend im Lied-Bereich.
Natürlich trifft man da auf Goethes "West-östlichen Divan", genauso aber auch auf die altpersische Poesie des Hafis, die Goethe ja entscheidend inspiriert hat – in alten und neuen Vertonungen. Im Abschlusskonzert erklingen Lieder aus drei Jahrhunderten, von Karol Szymanowski, Louis Spohr und Boris Blacher, aber auch von Johanna Doderer, Daniel Behle und Mahdis Golzar Kashani, größtenteils in Uraufführungen. Die Besetzungen wechseln, beteiligt sind ein Sprecher, Sopran, Tenor und Klavier.
Der Pianist und Dramaturg der Matinee, die wir im Musikgymnasium Belvedere in Weimar aufgenommen haben, heißt Burkhard Kehring. Er erklärt sein Konzept folgendermaßen: "Die Zusammenstellung des Programms erwuchs auf herrlich arabesk verschlungenen Wegen. Das Resultat liegt mir sehr am Herzen, denn in seiner Vielfalt ähnelt es der wimmelnden Struktur eines orientalischen Bazars, wo für jeden etwas zu finden ist und dennoch alles in erstaunlicher und geheimnisvoller Beziehung steht." Besonders geheimnisvoll wird es, wenn es in den Gedichten und Liedern um die berauschende Wirkung alkoholhaltiger Getränke und großer Gefühle geht.
MelosLogos - Poetische Liedertage Weimar
Musikgymnasium Schloss Belvedere
Aufzeichnung vom 20. November 2016
Karol Szymanowski
Aus "Des Hafis Liebeslieder" op. 24:
Wünsche
Die einzige Arzenei
Johanna Doderer
Himmelswein
Mahdis Golzar Kashani
Dozde Del (Heart Snatcher), Uraufführung
Karol Szymanowski
Lieder des verliebten Muezzin op. 42:
Allah Akhbar!
O Vielgeliebte
Früher Morgenstrahl erhellt das Minarett
In Mittagsglut erglänzen heisse Mauern
Friedvolle Stunde hält die Stadt in Schlaf
O olio!
Louis Spohr
Tausend und ein Tag im Orient:
Zuleikha
Trinklied
Fatima beim Saitenspiel
Johannes Brahms
Bitteres zu sagen denkst du op. 32,7
So stehn wir, ich und meine Weide op. 32,8
Daniel Behle
Siehe, ich sterbe vor Verlangen, Uraufführung
Am Anfang in Treuen, Uraufführung
Flügelschläge, Uraufführung
Othmar Schoeck
Höre mir den Prediger op. 33,2
Ach, wie schön ist Nacht und Dämmerschein op. 33,1
Boris Blacher
Fünf Sinnsprüche Omars des Zeltmachers:
Des Lebens Karavane zieht dahin
Von diesem Kreis, in dem wir hier uns drehn
Heut, wo noch Rosendüfte mich umschweben
In jener Nacht, wo keine Sterne blinken
Omar, der Zeltmacher
Hugo Wolf
Aus dem "West-östlichen Divan" (Goethe)
So lang man nüchtern ist (Schenkenbuch)
Wie sollt ich heiter bleiben? (Hatem/Buch Suleika)
Wenn ich dein gedenke (Hatem/Buch Suleika)
Ob der Koran von Ewigkeit sei? (Schenkenbuch)
Trunken müssen wir alle sein! (Schenkenbuch)

Manutscher Radin, Rezitation
Sheida Damghani, Sopran
Daniel Behle, Tenor,
Burkhard Kehring, Klavier