Meldepflicht bei Kindesmisshandlung gefordert

18.06.2008
Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der Berliner Charité, Professor Michael Tsokos, sieht die Notwendigkeit eine Meldepflicht bei Kindesmisshandlung. Im Deutschlandradio Kultur monierte er, dass viele Ärzte wegen ihrer Schweigepflicht davor zurückscheuen, bei Verdacht auf Kindesmissbrauch Meldung zu erstatten.
Die Mediziner machten sich strafbar. Deshalb müsse die Politik die bestehende Rechtslage verändern. Es reiche nicht aus, ein Frühwarnsystem zu installieren und Pflichtvorsorgeuntersuchungen anzuordnen.

Das grundsätzliche Problem sieht Tsokos in der unzureichenden Ausbildung der Mediziner. Für das Thema Kindesmissbrauch bleibe zu wenig Zeit. So gebe es bislang nur eine Vorlesung in der Rechtsmedizin, für die noch nicht einmal Anwesenheitspflicht bestehe, beklagte Tsokos. "Gerade die rechtlichen Hintergründe, wann kann ich mich eigentlich offenbaren und meinen Verdacht äußern, das ganze Fallmanagement, das obliegt den Ärzten selbst engagiert zu sein und sich das herauszusuchen."

Kindesmisshandlung zu erkennen und Kindesmisshandlung zu melden, das sind zwei völlig unterschiedliche Schuhe", sagte Tsokos. Der einzelne Arzt sei angesichts der unterschiedlichen Fälle häufig überfordert, Misshandlungen und vor allem diskrete Hinweise auf Misshandlung richtig zu interpretieren.

Zudem, sagte Tsokos, seien die Eltern der Kinder "Kunden" und viele Ärzte würden dadurch "schneller über etwas hinwegsehen". Insofern fordert Tsokos auch ein "unabhängiges, objektives Beurteilungssystem".

Das ausführliche Gespräch mit Rechtsmediziner Michael Tsokos zum Thema Kindesmisshandlung können Sie bis mindestens 18.11.2008 als Audio-on-demand abrufen.