Meister der Rostskulpturen

Von Volkhard App |
Der Us-amerikanische Bildhauer Richard Serra wird in diesem Jahr mit dem renommierten Prinz-von- Asturien-Preis geehrt. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung ist sowas wie der spanische Nobelpreis. Der 70-jährige Serra hat sich gegen 29 andere Kandidaten durchgesetzt.
Zum Ereignis werden die monumentalen Stahlskulpturen von Richard Serra, wenn sich zur Schwere eine überraschende Leichtigkeit gesellt, wenn die riesigen Gebilde nicht nur den Weg versperren, sondern sich öffnen, den Betrachter zwischen elegant geschwungene Wände ziehen, hinein in Ellipsen und Spiralen. Eine unvergleichliche Raumerfahrung. Verblüffend auch, wenn Stahlplatten aneinander lehnen oder aufeinander balancieren. Kann das gut gehen? Für Anstoß hat Serra immer wieder gesorgt mit seinen sperrigen Objekten, ob in Kassel, Bochum oder New York. Gerade die rostenden Oberflächen gefallen nicht jedem. Über seine Kritiker sagte er:

"Wenn die Kritik von Leuten kommt, die von Kunst keine Ahnung habe, sage ich mir, das ist ihr Problem. Wenn meine Kritiker wissen, wovon sie reden, dann höre ich mir ihre Meinung an und überdenke sie. Natürlich mag auch ich lieber positive als negative Kritik, aber nach so langer Zeit weiß ich, dass beides mich weiter bringt. Und das Meiste perlt sowieso an mir ab."

An vielen Orten war er vertreten, gastierte zwischen MoMa und Documenta. Und ließ seine Skulpturen dauerhaft vor Kunsthallen und Verwaltungsgebäuden errichten - und auf einer Abraumhalde in Essen, wo eine große, weithin sichtbare Platte zu einem Wahrzeichen des Ruhrgebietes geworden ist.

Wichtige Anregungen hat der 1939 in San Francisco geborene Serra erhalten, als er seinen studentischen Lebensunterhalt in Stahlwerken verdiente.

Künstlerische Impulse kamen von einer Bandbreite von Persönlichkeiten, die von Josef Albers über Donald Judd und Bruce Nauman bis zu Philip Glass reichte. Das Erbe des Minimalismus hat Serra in seine einfachen und doch so raffinierten Skulpturen einfließen lassen, verwandelt und zu wahrer Größe gebracht.

Gern lässt er sich auch auf Aktionen ein, wie vor mehr als zehn Jahren bei der Eröffnung der Hamburger "Galerie der Gegenwart". Dann gießt er mit Assistenten Blei in den Winkel zwischen Boden und Wand, um die erstarrten Gebilde abzulösen und als Skulpturen zu präsentieren.

Ein engagierter Künstler, der sich mit Peter Eisenman an dem Wettbewerb um die Errichtung des Holocaust-Mahnmals in Berlin beteiligte. Vom gemeinsamen Entwurf war er damals sehr überzeugt:

"Wenn man in das Feld hinein tritt, nutzt man seinen Sinn für Begrenzung, während man weiter nach innen geht. Die stetige Wahrnehmungsveränderung zwingt zu immer neuen Reaktionen. Was in diesem Feld zählt, ist die Unmittelbarkeit des Erlebnisses, das auf der eigenen Bewegung basiert. Gehen, anhalten, sich in das Feld hinein und durch es hindurch bewegen. Zeit ist ein Schlüsselfaktor bei Erfahrung der dieses Denkmals. Die Art, wie Zeit sich entfaltet, ist nicht folgerichtig, erzählerisch nicht linear, aber es gibt qualitative Unterschiede in der Dauer von Zeit - abhängig vom jeweiligen Standort im Feld."

Mitten im öffentlichen Streit um die Gestaltung des Mahnmals aber zog sich Serra entnervt zurück.

Manches, was er in frühen Zeiten geschaffen hat, ist inzwischen angesichts der so erfolgreichen Stahlskulpturen in Vergessenheit geraten: Auch experimentelle Filme hat er gedreht, mit dem Werkstoff Gummi gearbeitet und mit Neonröhren. Gerühmt wird er für seine grafischen Blätter mit ihren einfachen, oft tiefschwarzen Formen. Sie korrespondieren mit seinen Stahlskulpturen und werden immer wieder gezeigt.