Meister der leisen Töne
Die Liebe ist eines der zentralen Themen im Werk des 1945 in Westow/Yorkshire geborenen Autors Thomas Brasch. Dieser Rebell unter den deutschen Dichtern hat mit "Kargo. 32. Versuch auf einem untergehenden Schiff aus seiner eigenen Haut zu kommen" (1977) und "Der schöne 27. September" (1980) zwei Bände vorgelegt, in denen er sich auch als ein Meister der eher leisen Töne zu erkennen gibt.
Allerdings hat Brasch nie auf dem hinlänglich bestellten Herz-Schmerz-Acker gepflügt. Er gibt sich in seinen Gedichten keiner schmachtend, wimmernden Gefühlsverzagtheit hin. Vielmehr spannen seine kraftvollen Texte sehr behutsam einen Bogen zwischen Herz und Schmerz, sodass die ganze Vielfalt der Töne erklingt, die zum Thema Liebe gehört.
Thomas Brasch, der von 1956 bis 1960 einer Elitekadettenschule der NVA angehörte, hat früh lernen müssen, sein Herz unter einer "Glasglocke" zu verwahren. Während des Urlaubs befahl er seinem Herz, so Brasch in einem Brief, "sich nicht zu erwärmen, auf das es nicht blute", wenn er wieder im Schlafsaal inmitten der weinenden Jungen liegen würde. Trotz dieser selbst verordneten Kälte wurde Braschs Herz nie resistent gegenüber Gefühlen. Aus dieser Verletzbarkeit beziehen Braschs Texte ihre Stärke. : "Ich will, denke ich, daß mein Herzstein / an deinem Steinherz zerbirst."
Frühe Erfahrung und Enttäuschungen haben ihn skeptisch gegenüber Versprechen werden lassen. Selten kommt er in seinen Gedichten ohne Worte wie: "Wenn" oder "Aber" aus. In seinen Texten will er das Unmögliche – "Das Unvereinbare will ich in ein Gedicht", heißt es in "Das unmögliche Gedicht". Redet Brasch vom Glück, schwingt in seinen Texten eine Ahnung von Trauer, Schmerz und Skepsis mit. Sprechen diese Gedichte von Liebe, dann sprengen sie den Rahmen "herkömmlicher" Liebesgedichte.
Braschs Liebessehnen, darin ist er Heine ebenso wie Brecht verwandt, gilt der Geliebten, aber nicht nur ihr. Die bei ihr gesuchte und gefundene Erfüllung genügt nicht, um den kargen Verhältnissen trotzen zu können. Es zeichnet Braschs Texte aus, dass sich das zerrissene Land in ihnen immer wieder Gehör verschafft, dem er in Hassliebe zugewandt blieb. "MEINLAND LIEBEN, ABER HASSEN, / wie sich’s darin lebt / als wärs Keinland doch verlassen / will ich’s nicht. Es klebt".
Wenn Brasch vom Nirgendwo träumt, dann gehen diese Träume nicht an der Realität vorbei. Für das Festhalten an einem Traum ist er in der DDR inhaftiert worden, weil er 1968 gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die ČSSR protestierte, diese – wie er meinte - "sozialistische Tragödie der Dummheit". Mundtot hat man Brasch nicht machen können. Der Mitunterzeichner der Biermann-Petition zog 1976 von "Braunkohlendeutschland nach Steinkohlendeutschland". In den 90er Jahren entstand das Gedicht: HÖR MEIN VERFLUCHT UND ZUGENÄHTES HERZ: / hörst du? Es klopft und schlägt nicht, sondern klirrt / Es ist aus Blut und Fleisch nicht, nur voll Schmerz / Ein Klumpen Eis hat sich in mich verirrt."
Diese Auswahl seiner Liebesgedichte, die man sich umfangreicher gewünscht hätte, ist dennoch geeignet, einen Dichter in Erinnerung zu behalten oder zu entdecken, der zu den ganz Großen der deutschen Nachkriegsliteratur gehört. Thomas Brasch starb 2001 in Berlin.
Rezensiert von Michael Opitz
Thomas Brasch: Was ich mir wünsche. Gedichte aus Liebe
Auswahl und Nachwort von Thomas Wild
Suhrkamp Verlag 2007
101 Seiten, 10,80 Euro
Thomas Brasch, der von 1956 bis 1960 einer Elitekadettenschule der NVA angehörte, hat früh lernen müssen, sein Herz unter einer "Glasglocke" zu verwahren. Während des Urlaubs befahl er seinem Herz, so Brasch in einem Brief, "sich nicht zu erwärmen, auf das es nicht blute", wenn er wieder im Schlafsaal inmitten der weinenden Jungen liegen würde. Trotz dieser selbst verordneten Kälte wurde Braschs Herz nie resistent gegenüber Gefühlen. Aus dieser Verletzbarkeit beziehen Braschs Texte ihre Stärke. : "Ich will, denke ich, daß mein Herzstein / an deinem Steinherz zerbirst."
Frühe Erfahrung und Enttäuschungen haben ihn skeptisch gegenüber Versprechen werden lassen. Selten kommt er in seinen Gedichten ohne Worte wie: "Wenn" oder "Aber" aus. In seinen Texten will er das Unmögliche – "Das Unvereinbare will ich in ein Gedicht", heißt es in "Das unmögliche Gedicht". Redet Brasch vom Glück, schwingt in seinen Texten eine Ahnung von Trauer, Schmerz und Skepsis mit. Sprechen diese Gedichte von Liebe, dann sprengen sie den Rahmen "herkömmlicher" Liebesgedichte.
Braschs Liebessehnen, darin ist er Heine ebenso wie Brecht verwandt, gilt der Geliebten, aber nicht nur ihr. Die bei ihr gesuchte und gefundene Erfüllung genügt nicht, um den kargen Verhältnissen trotzen zu können. Es zeichnet Braschs Texte aus, dass sich das zerrissene Land in ihnen immer wieder Gehör verschafft, dem er in Hassliebe zugewandt blieb. "MEINLAND LIEBEN, ABER HASSEN, / wie sich’s darin lebt / als wärs Keinland doch verlassen / will ich’s nicht. Es klebt".
Wenn Brasch vom Nirgendwo träumt, dann gehen diese Träume nicht an der Realität vorbei. Für das Festhalten an einem Traum ist er in der DDR inhaftiert worden, weil er 1968 gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die ČSSR protestierte, diese – wie er meinte - "sozialistische Tragödie der Dummheit". Mundtot hat man Brasch nicht machen können. Der Mitunterzeichner der Biermann-Petition zog 1976 von "Braunkohlendeutschland nach Steinkohlendeutschland". In den 90er Jahren entstand das Gedicht: HÖR MEIN VERFLUCHT UND ZUGENÄHTES HERZ: / hörst du? Es klopft und schlägt nicht, sondern klirrt / Es ist aus Blut und Fleisch nicht, nur voll Schmerz / Ein Klumpen Eis hat sich in mich verirrt."
Diese Auswahl seiner Liebesgedichte, die man sich umfangreicher gewünscht hätte, ist dennoch geeignet, einen Dichter in Erinnerung zu behalten oder zu entdecken, der zu den ganz Großen der deutschen Nachkriegsliteratur gehört. Thomas Brasch starb 2001 in Berlin.
Rezensiert von Michael Opitz
Thomas Brasch: Was ich mir wünsche. Gedichte aus Liebe
Auswahl und Nachwort von Thomas Wild
Suhrkamp Verlag 2007
101 Seiten, 10,80 Euro