Meinungspropaganda im Netz

Kleines Rezept für Social Bots

Ein Jugendlicher sitzt an einem Computer mit Bildern von Twitter.
1000 gefälschte Accounts sind auf Twitter spottbillig - es geht schon los ab 45 Dollar © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Mirjam Kid · 20.12.2016
Stimmungen in den Sozialen Medien wie Twitter und Facebook werden oft als Abbild der gesellschaftlichen Meinung missverstanden. Dabei kann jeder bereits für wenig Geld sogenannte Social Bots basteln und damit im Internet für jede Menge Aufruhr sorgen.
"Zuerst gehe ich auf 'ne Suchmaschine und geb‘ dort einfach ein: Twitter-Accounts kaufen."
Twitter-Accounts. Ah ja. Guter Tipp von Markus Reuter von Netzpolitik.org.
"Und dann kriege ich Suchergebnisse von verschiedenen Anbietern und dann kann ich die nach Stückzahlen und Qualitätsmerkmalen einfach kaufen."

1000 Twitter-Profile für 45 Dollar

Zum Beispiel hier: Bei buyaccounts.com. So, da haben wir’s ja, 1000 Twitter-Profile für den superbilligen Spott-Preis von 45 Dollar. Ist ja quasi ein Weihnachtsschnäppchen. Natürlich gibt es auch dort Qualitätsunterschiede:
"Das geht dann höher, also wenn der ‘n Avatar hat, also ‘n Profilbild, dann kostet das 50 Dollar; wenn dann noch ‘ne Biografie dazu kommt, dann kostet’s 60 Dollar; wenn die schon etwas älter sind, also so abgelagert wie beim Wein - ‘ne der Bot muss ‘n bisschen älter sein, damit der nicht so auffällig ist, damit er menschlicher aussieht und nicht ganz so wie ein Roboter und dann kosten die dann auch schon mal 80 Dollar. Das geht auch noch höher, bei Facebook-Profilen, wenn die richtig gepflegt sind und schon Interaktionen aufweisen, dann wird das eben auch teurer."
Ich kaufe also einen Account im Qualitäts- und Reifegrad meiner Wahl. Mit diesen Accounts kann ich dann ja jetzt schon jede Menge machen. Zum Beispiel 1000 mal #merkelmussweg posten, oder auf alle Tweets der Aktion #keingeldfürrechts irgendetwas beleidigendes Antworten, oder auf Mitteilungen in denen etwas positives über Hillary Clinton gesagt wird, eine Nachricht mit ein paar Fake News erwidern, in denen ich ihr falsche Aussagen anhänge, oder einfach nur sage, wie toll doch Donald Trump ist. – Ist ja schon mal schön, wenn man Stimmung machen will.

Leicht zu bedienen, auch ohne Programmierkenntnisse

Aber wie bediene ich jetzt diese Accounts, ohne dass mir der Finger abfällt? Also, ich meine, 1000 mal das Gleiche eintippen – ist ein bisschen umständlich oder!?
"Wenn ich jetzt keine guten Programmierkenntnisse habe, kann ich mir solche Automatisierungen, Social Network-Automatisierungen kaufen, da gibt’s auch Portale die solche Dienstleistungen anbieten. Und jetzt kann ich über dieses Tool mit allen Tausend einen Tweet absetzen."
"Das ist jetzt auf der Seite monstersocial.net?"
"Genau und das ist auch so professionell gemacht, da gibt’s dann auch Erklär-Videos, wie das dann funktioniert."
Also alles ganz einfach. Quanta costa?
"Das kostet mich im Monat 39 Dollar – nee ah, es kostet das Jahr 99 und drei Monate 39 Dollar."
"Ist ja viel günstiger, dann nehmen wir direkt das ganze Jahr, ne?"

Die Anleitung im Überblick

Also nochmal zum Nachvollziehen: Für meinen eigenen kleinen Bot rühre ich ein paar Tausend Twitter-Accounts und ein automatisiertes Steuerungsprogramm zusammen – gibt’s alles im Internet. Dann noch eine Prise Inspiration für die Tweets oder Postings die ich absetzten will und fertig. Die Kosten: für Social-Bot- Starter zwischen 80 und 140 Euro.
Wenn Ihnen das immer noch zu teuer ist, können sie ja auch probieren etwas von dem Geld wieder raus zu bekommen. Steigen sie einfach mit ihrem Bot ins Fake-News Geschäft ein, also in das Geschäft mit falschen Nachrichten. Die twittern sie dann mit ihren Bot-geführten-Accounts ganz oft, so das viele Leute sie anklicken, packen Werbeanzeigen von Google drauf und fertig ist die Geldmaschine. In Mazedonien haben Teenager und Studierende damit laut eigenen Angaben während des US-Wahlkampfs, monatlich um die 5000 Euro gemacht – manchmal auch 3000 Euro am Tag, wenn es gut lief.
Mit diesem kleinen finanziellen extra Anreiz mundet es doch direkt noch besser, unser kleines Rezept für Meinungspropaganda.
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