Meilenstein in der Kardiologie

Von Roland Krüger · 18.01.2007
Moderne und vor allem schnelle Diagnosen in der Medizin sind ohne Computer kaum noch vorstellbar. Immer mehr Patienten begeben sich geradezu mitten hinein in Hochleistungscomputer. Seit November ist in Berlin ein Neues PET/CT im Einsatz, ein Meilenstein in der Kardiologie, denn das Gerät kann von außen schadhafte Veränderungen am Herzen erkennen.
Es ist etwa 15 Zentimeter lang, wiegt rund 300 Gramm und schlägt im Normalzustand 50 bis 80 Mal pro Minute. Jedenfalls, wenn es gesund ist: das menschliche Herz.

Wenn es schneller schlägt, kann das ganz harmlose Ursachen haben: Aufregung, sportliche Anstrengung oder ein kleiner Schreck. Aber es kann auch sein, dass das Herz regelrecht aus dem Takt gekommen ist. Dann will man natürlich wissen, wie es drinnen aussieht. Und wenn Ärzte – technisch gesehen – in das Herz eines Menschen blicken wollen, müssen sie in der Leistengegend des Patienten einen Katheter mit einer kleinen Kamera in die Vene einführen. Seine Reise geht durch den halben menschlichen Körper bis zum Herzen. Das ist natürlich nicht ohne Gefahr, denn Blutgefäße können schnell beschädigt werden.

Dieses Risiko muss heute nicht mehr eingegangen werden, denn dank schneller Prozessoren und entsprechender Software konnten zwei medizinische Diagnosegeräte gewissermaßen heiraten: der Positronen-Emissions-Tomograf und der Computer-Tomograf. Die Ehe der beiden nennt sich "hoch auflösendes PET/CT". Eins von weltweit nur fünf Geräten steht im DTZ, dem diagnostisch-therapeutischen Zentrum am Frankfurter Tor in Berlin. Das Gerät macht krankhafte Veränderungen sichtbar, auch wenn sie nur 0,3 Millimeter groß sind.

Professor Wolfgang Mohnike vom DTZ: "Das neue Gerät verfügt über eine fortschrittliche Bildauflösung, das heißt, wir sind in der Lage, sehr kleine Details zu erkennen, darüber hinaus ist es aber auch sehr viel schneller geworden, so dass wir in der Lage sind, bewegte Organe, wie das Herz, aufzuzeichnen. Früher war es nur möglich, das Herz als doch etwas Verwaschenes darzustellen, durch die hohe Bildauflösung können wir bewegte Strukturen, das Herz ist ja bekanntlich ein schnell bewegtes Organ, sichtbar machen."

Verkalkte Herzkranzgefäße, schlechte Durchblutung des Herzmuskels, Stoffwechsel und Pumpleistung der Herzkammern – einen bevorstehenden Herzinfarkt könnte das Gerät blitzschnell erkennen. Wir gehen in den Untersuchungsraum:

Wer schon einmal in einem Kernspin-Tomographen untersucht wurde, erwartet ein lautes Knattern, hervorgerufen durch die Erzeugung der Magnetfelder. Der schnelle PET/CT ist viel leiser – eher so, wie ein Staubsauger mittlerer Leistung:

"Das ist halt dieses Standardgeräusch, was wir aus dem PET/CT haben, einmal durch die Rotation der Röhre, und zum andern durch den Lüfter. Lauter wird’s nicht."

Die Untersuchung erfolgt im Liegen: Der Patient wird langsam durch eine Röhre geschoben und dabei werden die elektronischen Aufnahmen gemacht. Er befindet sich jedoch nie ganz in der Röhre, denn sie ist nur so kurz wie ein breiter Lastwagenreifen.

Die Dauer der Untersuchung hängt davon ab, welche Organe abgebildet werden sollen. Ist eine Diagnose für den gesamten Körper nötig, etwa bei Krebspatienten, dann vergehen circa 20 Minuten, das Herz alleine kann in weniger als zehn Minuten lückenlos gescannt werden. Im Kontrollraum nebenan wird klar, dass wir hier an einer Schnittstelle zwischen Medizin und Technik stehen – Hard- und Software vom Feinsten. Professor Wolfgang Mohnike möchte den Ausschlag aber immer noch zugunsten der Medizin sehen:

"Ich versuche, das PET/CT auf der medizinischen Seite zu halten, muss aber zugeben, dass es tatsächlich ein sehr komplexes, sehr faszinierendes Gerät ist. Das ist ja durchaus auch im Interesse des Patienten. Wir müssen nur vermeiden, unsere Untersuchungen nach den Geräten zu richten. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist wünschenswert, wir sollten davon ausgehen, welche Fragestellung hat der Patient, und mit welcher technischen Konfiguration können wir sie am besten beantworten."

Am Beispiel Herz heißt das: stimmen Struktur und Funktion, also: hat das Herz seine normale Größe und Beschaffenheit und funktioniert es auch so, wie es soll? Das PET/CT "sieht" durch klug programmierte Software beides. Nicht nur der Herzmuskel und die Herzkranzgefäße werden räumlich dargestellt, auch die Qualität der Durchblutung des gesamten Herzens wird sichtbar. Solche Stoffwechsel-Abbildungen sind in der Krebsforschung bekannt. Geschwüre haben gesundem Gewebe gegenüber einen erhöhten Stoffwechsel, denn Krebs ist ein "Zuckerfresser", sagt Professor Mohnike, und er beschreibt eine Aufnahme des PET/CT am Bildschirm:

"Diese ganzen schwarzen Flecken, die Sie hier sehen, sind also Lungenmetastasen. Und was Sie hier erkennen können zum Rücken hin, das ist ein Erguss, der Patient hat also Wasser in der Lunge, würde man sagen und diese Flecken, die wir hier sehen, das sind also Metastasen, das heißt, dieser Patient hat eine ausgedehnte Metastasierung, auch hier im Bauchbereich haben wir Lymphknoten-Metastasen."

Ein erschütternder Befund. Der Patient hätte ganz anders behandelt werden können, wenn es das schnelle PET/CT schon früher gegeben hätte.

Natürlich sind solche Geräte teuer – rund drei Millionen Euro kostet ein PET/CT. Aber die Krankenkassen erkennen die Leistungen des Geräts an, denn es arbeitet schnell – und schnell heißt für die Kasse: preiswert. Ein Film mit den Bildern der Diagnose wird auf CD-Rom gebrannt oder verschlüsselt übers Internet an den behandelnden Arzt geschickt – auch das spart Zeit und Papier. Die Angst der Patienten allerdings kann das PET/CT nicht mindern. Krebs oder Herzinfarkt sind schlimme Diagnosen, die auch kein modernes Gerät erträglicher macht. Aber das PET/CT kann helfen, eine Therapie schneller einzuleiten.