"Mehr Geld für Kinderreiche" oder "Jedem Kind das Gleiche?"
Schön, dass es noch Familien in Deutschland gibt! Gerade den Regierungsparteien bietet sich damit immer eine gute Gelegenheit, sich als Wohltäter von Eltern und Kindern zu präsentieren – und das bei höchst bescheidenen Kosten.
So ist schon seit Monaten klar, dass die Eltern – entgegen der offiziellen Rhetorik – ab nächstem Jahr insgesamt rund zwei Milliarden Euro mehr auf ihren Bankkonten verbuchen sollen. Diese Summe dürfte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück kaum größere Bauchschmerzen bereiten. Schließlich haben die Koalitionsparteien bereits Vorsorge getroffen. Beispielsweise durch die zeitliche Verkürzung der Kindergeldzahlung. Seit 2007 ist nämlich die Altersgrenze der kindergeldberechtigten Kinder von 27 auf 25 Jahre abgerutscht. Einsparungseffekt allein im ersten Jahr der Neuregelung fast 700 Millionen Euro. Zum anderen hat der Finanzminister schon die sogenannte demographische Rendite einkalkuliert – also die vielfältigen Kosteneinsparungen, die der absehbare Rückgang bei den absoluten Kinderzahlen mit sich bringt. Auf diese Milliardenbeträge spekulieren im Übrigen ebenso die Länderfinanzminister.
Wie dem auch sei: Im nächsten Jahr gibt es Milliarden an die Familien zu verteilen. Damit lässt sich trefflich politisch darüber streiten, welche Familien genau damit beglückt werden sollen. Die CDU entdeckt plötzlich ihr Herz für die kinderreichen Familien, nachdem die seit CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl im politischen Abseits stehen. Jetzt will die Union ab dem dritten Kind 50 Euro mehr im Monat spendieren, während es bei allen anderen Kindern nur 10 Euro sein sollen.
Die SPD will das verhindern und pocht dabei auf den Grundsatz, "jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein". Und zwar nicht nur beim Kindergeld, sondern genauso mit Blick auf die steuerlichen Kinderfreibeträge, von denen die gutbetuchten Eltern mehr als alle anderen profitieren würden.
Aus parteipolitischer Perspektive steht damit ein schöner Grundsatzstreit im Raum, der den Wählern eine klare Alternative anbietet. Die hat allerdings mehr als einen Schönheitsfehler: Sie ist sachlich verfehlt.
Im Kern geht es nämlich nicht darum, kinderreiche Familien gegen kinderarme Familien zu stellen oder die gutbetuchten Kinderfreibetrags- gegen die ärmeren Kindergeld-Eltern. Der Blick in die Verfassung schafft hier schnell Klarheit: Der Auftrag des Staates ist es, den Lebensbedarf jedes Kind sicherzustellen, der für seine gesunde körperliche, geistige und emotionale Entwicklung in unserer Gesellschaft notwendig ist.
Gutverdienende Eltern schaffen das aus eigener Kraft. Sie brauchen dafür keinen Cent aus der Staatskasse. Allerdings liegt es auf der Hand, dass diese Eltern die Ausgaben für ihre Kinder beim Finanzamt geltend machen dürfen, damit sie keine Strafsteuern für ihren Nachwuchs bezahlen. Daher nutzen sie die steuerlichen Kinderfreibeträge, die von ihrem Einkommen abgezogen werden – genauso wie jedes Klein- oder Großunternehmen, das seine Betriebskosten vom Gewinn selbstverständlich abziehen darf. Warum die Sozialdemokraten gerade bei den Familien hier eine vermeintliche Gerechtigkeitslücke erkennen, bleibt ihr Geheimnis.
Und bei den Eltern, die das Kindergeld beziehen? – Auch da bedarf es keiner Gehirnakrobatik, um für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. Nehmen wir etwa eine vierköpfige Familie mit Durchschnittseinkommen. Ihr Nettoeinkommen liegt heute trotz Kindergeld deutlich unter dem gesetzlichen Mindestbedarf, den das Steuerrecht für diese Familie ausweist. Hier müsste der Staat schon heute monatlich mit mindestens 60 Euro mehr Kindergeld helfen. Bei einer fünfköpfigen Familie wären es sogar rund 150 Euro mehr.
Fazit: Beim Parteienstreit ums Kindergeld geht es nicht um die Alternative "Mehr Geld für Kinderreiche" oder "Jedem Kind das Gleiche". Die politische Aufgabe lautet schlicht: Für jedes Kind den Lebensbedarf in unserem hochentwickelten Industriestaat sicherstellen! Unsere vergreisende und schrumpfende Gesellschaft will sich das freilich immer noch nicht leisten.
Kostas Petropulos, Publizist, 1960 in Dresden geboren, studierte Deutsche und Geschichte in Tübingen. Seit 1987 als freier Journalist vor allem als Autor von wirtschafts- und familienpolitischen Themen hervorgetreten. 1995 Mitbegründer des Heidelberger Büros für Familienfragen und soziale Sicherheit, das er seit Ende 1996 leitet.
Wie dem auch sei: Im nächsten Jahr gibt es Milliarden an die Familien zu verteilen. Damit lässt sich trefflich politisch darüber streiten, welche Familien genau damit beglückt werden sollen. Die CDU entdeckt plötzlich ihr Herz für die kinderreichen Familien, nachdem die seit CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl im politischen Abseits stehen. Jetzt will die Union ab dem dritten Kind 50 Euro mehr im Monat spendieren, während es bei allen anderen Kindern nur 10 Euro sein sollen.
Die SPD will das verhindern und pocht dabei auf den Grundsatz, "jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein". Und zwar nicht nur beim Kindergeld, sondern genauso mit Blick auf die steuerlichen Kinderfreibeträge, von denen die gutbetuchten Eltern mehr als alle anderen profitieren würden.
Aus parteipolitischer Perspektive steht damit ein schöner Grundsatzstreit im Raum, der den Wählern eine klare Alternative anbietet. Die hat allerdings mehr als einen Schönheitsfehler: Sie ist sachlich verfehlt.
Im Kern geht es nämlich nicht darum, kinderreiche Familien gegen kinderarme Familien zu stellen oder die gutbetuchten Kinderfreibetrags- gegen die ärmeren Kindergeld-Eltern. Der Blick in die Verfassung schafft hier schnell Klarheit: Der Auftrag des Staates ist es, den Lebensbedarf jedes Kind sicherzustellen, der für seine gesunde körperliche, geistige und emotionale Entwicklung in unserer Gesellschaft notwendig ist.
Gutverdienende Eltern schaffen das aus eigener Kraft. Sie brauchen dafür keinen Cent aus der Staatskasse. Allerdings liegt es auf der Hand, dass diese Eltern die Ausgaben für ihre Kinder beim Finanzamt geltend machen dürfen, damit sie keine Strafsteuern für ihren Nachwuchs bezahlen. Daher nutzen sie die steuerlichen Kinderfreibeträge, die von ihrem Einkommen abgezogen werden – genauso wie jedes Klein- oder Großunternehmen, das seine Betriebskosten vom Gewinn selbstverständlich abziehen darf. Warum die Sozialdemokraten gerade bei den Familien hier eine vermeintliche Gerechtigkeitslücke erkennen, bleibt ihr Geheimnis.
Und bei den Eltern, die das Kindergeld beziehen? – Auch da bedarf es keiner Gehirnakrobatik, um für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. Nehmen wir etwa eine vierköpfige Familie mit Durchschnittseinkommen. Ihr Nettoeinkommen liegt heute trotz Kindergeld deutlich unter dem gesetzlichen Mindestbedarf, den das Steuerrecht für diese Familie ausweist. Hier müsste der Staat schon heute monatlich mit mindestens 60 Euro mehr Kindergeld helfen. Bei einer fünfköpfigen Familie wären es sogar rund 150 Euro mehr.
Fazit: Beim Parteienstreit ums Kindergeld geht es nicht um die Alternative "Mehr Geld für Kinderreiche" oder "Jedem Kind das Gleiche". Die politische Aufgabe lautet schlicht: Für jedes Kind den Lebensbedarf in unserem hochentwickelten Industriestaat sicherstellen! Unsere vergreisende und schrumpfende Gesellschaft will sich das freilich immer noch nicht leisten.
Kostas Petropulos, Publizist, 1960 in Dresden geboren, studierte Deutsche und Geschichte in Tübingen. Seit 1987 als freier Journalist vor allem als Autor von wirtschafts- und familienpolitischen Themen hervorgetreten. 1995 Mitbegründer des Heidelberger Büros für Familienfragen und soziale Sicherheit, das er seit Ende 1996 leitet.

Kostas Petropulos© privat