Mehr als eine Worthülse? Wie kann Chancengleichheit gelingen?
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde in diesem Jahr das "Europäische Jahr der Chancengleichheit" begangen. Die Ziele der von der Europäischen Kommission ausgerufenen Initiative sind durchaus ehrgeizig: Jegliche Diskriminierung - sei es aufgrund des Geschlechts, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexueller Identität - sollen künftig verhindert werden. Die Vielfalt der Gesellschaft soll als positiver Wert vermittelt, und die Chancengleichheit aller gesellschaftlichen Gruppen gefördert werden.
Diese Ziele hat Karin Weiss in diesem Jahr unermüdlich propagiert. Die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg kennt aber auch die Schwierigkeiten, eine Chancengleichheit für alle zu verwirklichen: "Die Realität ist natürlich weit davon entfernt. Sehen Sie nur den Zugang zu Bildung. Die Bildungszugänge für Behinderte sind weit davon entfernt, gleich zu sein. Auch für Zuwanderer sind sie weitaus schlechter als für Durchschnittsdeutsche. Auf dem Wohnungsmarkt wird die Wohnung auch nach der Hautfarbe vergeben."
In ihrer Antidiskriminierungsstelle in Potsdam hat sie immer wieder mit den alltäglichen Benachteiligungen zu tun, am Arbeitsplatz und im Zusammenleben. "Da muss auch im Einzelnen viel mehr sensibilisiert werden. Wie leicht kann man jemanden diskriminieren, auch nur durch Begrifflichkeiten."
Diese alltägliche Diskriminierung kennt Sigrid Arnade nur zu gut.
Die frühere Tierärztin und heutige Journalistin erkrankte 1977 an Multipler Sklerose, damals war sie 20 Jahre alt. Seit Mitte der 80er Jahre sitzt sie im Rollstuhl. "Ich war auf einmal nur noch ein Rollstuhl mit Inhalt." Vorher hätten ihr die Männer auch einmal nach gepfiffen oder nachgeschaut, das war schlagartig vorbei.
Aufgrund dieser Erfahrungen hat Sigrid Arnade mehrere Behinderteninitiativen mitgegründet, unter anderem die "Stiftung Lebensnerv", den Initiativkreis "Gleichstellung Behinderter", das "Weibernetz" und den Verein "Netzwerk Artikel III", der sich auf den Grundgesetz-Artikel beruft, dass niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Unermüdlich setzt sie sich für ein barrierefreies und selbst bestimmtes Leben Behinderter ein. Auf ihr Engagement gehen Gesetzesinitiativen auf Landes- und Bundesebene zurück. Dafür hat sie 2004 das Bundesverdienstkreuz bekommen.
Ihr Augenmerk gilt besonders behinderten Frauen: "Behinderte Frauen werden an allen Ecken und Enden diskriminiert. Nehmen Sie die Arbeitsmarktsituation, oder wenn, sie Mütter werden wollen, dann ist es schwer, Hilfen zu bekommen, wenn zum Beispiel der Wagen umgerüstet werden muss oder die Wohnung umgebaut." Behinderte Frauen seien zudem dreimal häufiger von sexueller Gewalt betroffen, zum Beispiel durch männliche Pfleger.
Die kämpferische 50jährige ist enttäuscht, dass das "Europäische Jahr der Chancengleichheit" so wenig Echo gefunden hat. "Es ist wichtig, dass man so etwas hat, und es wäre mehr gewesen, wenn man es anders ausgefüllt hätte. Ich weiß` nicht, wie viel Geld für Werbemittel ausgegeben wurde, für Schirme, Radiergummis .. Es wäre eine gute Chance gewesen, die Vielfalt in unserer Gesellschaft als Qualität darzustellen. Schon, dass es hier Menschen mit Migrationshintergrund gibt, ist eine Chance. Wir hätten zeigen können: Vielfalt ist ein Plus!"
"Mehr als eine Worthülse? – Wie kann Chancengleichheit gelingen?"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer gemeinsam mit der Karin Weiss und Sigrid Arnade. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800/22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Links:
Über Sigrid Arnade: www.job-medienbuero.de
Über Karin Weiss: www.masgf.brandenburg.de
In ihrer Antidiskriminierungsstelle in Potsdam hat sie immer wieder mit den alltäglichen Benachteiligungen zu tun, am Arbeitsplatz und im Zusammenleben. "Da muss auch im Einzelnen viel mehr sensibilisiert werden. Wie leicht kann man jemanden diskriminieren, auch nur durch Begrifflichkeiten."
Diese alltägliche Diskriminierung kennt Sigrid Arnade nur zu gut.
Die frühere Tierärztin und heutige Journalistin erkrankte 1977 an Multipler Sklerose, damals war sie 20 Jahre alt. Seit Mitte der 80er Jahre sitzt sie im Rollstuhl. "Ich war auf einmal nur noch ein Rollstuhl mit Inhalt." Vorher hätten ihr die Männer auch einmal nach gepfiffen oder nachgeschaut, das war schlagartig vorbei.
Aufgrund dieser Erfahrungen hat Sigrid Arnade mehrere Behinderteninitiativen mitgegründet, unter anderem die "Stiftung Lebensnerv", den Initiativkreis "Gleichstellung Behinderter", das "Weibernetz" und den Verein "Netzwerk Artikel III", der sich auf den Grundgesetz-Artikel beruft, dass niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Unermüdlich setzt sie sich für ein barrierefreies und selbst bestimmtes Leben Behinderter ein. Auf ihr Engagement gehen Gesetzesinitiativen auf Landes- und Bundesebene zurück. Dafür hat sie 2004 das Bundesverdienstkreuz bekommen.
Ihr Augenmerk gilt besonders behinderten Frauen: "Behinderte Frauen werden an allen Ecken und Enden diskriminiert. Nehmen Sie die Arbeitsmarktsituation, oder wenn, sie Mütter werden wollen, dann ist es schwer, Hilfen zu bekommen, wenn zum Beispiel der Wagen umgerüstet werden muss oder die Wohnung umgebaut." Behinderte Frauen seien zudem dreimal häufiger von sexueller Gewalt betroffen, zum Beispiel durch männliche Pfleger.
Die kämpferische 50jährige ist enttäuscht, dass das "Europäische Jahr der Chancengleichheit" so wenig Echo gefunden hat. "Es ist wichtig, dass man so etwas hat, und es wäre mehr gewesen, wenn man es anders ausgefüllt hätte. Ich weiß` nicht, wie viel Geld für Werbemittel ausgegeben wurde, für Schirme, Radiergummis .. Es wäre eine gute Chance gewesen, die Vielfalt in unserer Gesellschaft als Qualität darzustellen. Schon, dass es hier Menschen mit Migrationshintergrund gibt, ist eine Chance. Wir hätten zeigen können: Vielfalt ist ein Plus!"
"Mehr als eine Worthülse? – Wie kann Chancengleichheit gelingen?"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer gemeinsam mit der Karin Weiss und Sigrid Arnade. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800/22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Links:
Über Sigrid Arnade: www.job-medienbuero.de
Über Karin Weiss: www.masgf.brandenburg.de