Mediziner als Musiker

Souverän an Geige und Skalpell

Violine
Musik und Medizin haben Präzision und Gefühle gemeinsam. © picture alliance / Rolf Kremming
Stefan Willich im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 19.04.2017
Erst operieren, dann musizieren: Viele Ärzte tun genau das. In fast jeder größeren deutschen Stadt gibt es ein Ärzteorchester. Warum das so ist - dafür hat der Arzt und Dirigent Stefan Willich zwei Erklärungen: eine langweilige und eine spannende.
So gehen die Klischees: Musik sei emotional, Medizin präzise. Stefan Willich sind beide Welten vertraut: Er ist Professor für Gesundheitswissenschaften an der Berliner Charité und künstlerischer Leiter des Weltärzteorchesters mit etwa 1.000 wechselnden Mitgliedern.

Erstaunliche viele Doppelbegabungen

Die Häufigkeit medizinisch-musischer Doppelbegabungen sei schon "erstaunlich", sagt er. Viele seien früher Musiker gewesen, bevor sie in die Medizin gegangen seien. Seine, wie er selbst sagt: "langweilige Erklärung": Mediziner stammten oft aus bürgerlichen Elternhäusern, in denen man eben ein Instrument lerne. Dann sei auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass man lebenslang dabei bleibe. Viel spannender sei aber dies:
"Wenn man genau hinschaut, ist auch ein Musikstück etwas sehr Präzises, geradezu ein mathematisches Konstrukt, das dann aber auch mit viel Emotion und Subjkektivität interpretiert wird. (…) Und so ähnlich ist es mit dem Arztberuf auch."
Das sei eine sehr exakte Wissenschaft; dazu komme viel Empathie "im Sinne der Arzt-Patienten-Beziehung". Von daher gebe es viele Gemeinsamkeiten, so Willich. Für viele Ärzte sei es auch ein "hervorragender Augsleich", wenn sie sich nach ihrem oft anstrengenden und mit Gefühlen, Ängsten und Sorgen verbundenen Beruf dann abends der Musik widmen könnten. Sie habe ein ähnliches Gefühlsspektrum, "aber natürlich immer eine hohe ästhetische genussvolle Komponente". (bth)
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