Meditation in Mustern und Ornamenten
Er verbindet die Kulturen dieser Welt, indem er ihre Muster und Ornamente in seine Gemälde aufnimmt und neu zusammenfügt. Der 1955 in New Jersey geborene, in New York lebende Philip Taaffe zeigt seine künstlerischen Facetten in einer Retrospektive im Kunstmuseum in Wolfsburg.
Soviel Bild-Magie war selten in der nüchternen Wolfsburger Ausstellungshalle. Ein welterfahrener Maler hat hier die Fenster zu anderen Zeiten und Kulturen weit aufgestoßen. Von 1988 bis 1991 lebte der New Yorker Künstler Philip Taaffe in Neapel. Und er reiste viel: In Südamerika und im Mittleren Osten sammelte er Erfahrungen, seine Streifzüge führten ihn nach Afrika und Indien.
Er ließ sich anregen zwischen Moscheen und Mausoleen, studierte Fresken und antike Säulen und richtete seinen Blick immer wieder auf die überlieferten Ornamente. Die übertrug er auf seine leuchtend-farbigen Gemälde und stellte sie neu zusammen: stilisierte blütenähnliche Motive, Kreise, Sterne und geheimnisvolle Spiralen, pittoreske Mosaikformen, Muster wie aus einem schmiedeeisernen Gitter, Rosetten wie von einem Kapitell. Ein Zeitreisender zwischen der Antike und dem Kosmos des Islam - will er die Kulturen vereinen, arbeitet er an einer "Weltsprache des Ornaments"?
"Kulturen zu vereinen, ist nicht meine Absicht. Ich möchte vielmehr über historisch-kulturelle Situationen und Prozesse meditieren - darauf baue ich mit meinem Stil der Ornamente auf, aus dieser Nachforschung beziehe ich meine Inspiration. Und ich will Gefühle von Sympathie und Respekt gegenüber diesen anderen Kulturen bekunden und gleichzeitig meinen eigenen Standpunkt anschaulich machen."
Im Kunstmuseum hat er einen zusätzlichen Raum eingerichtet und hier die Wände von oben bis unten mit seinen Motiven bedeckt. Ein Ort der Meditation? Jedenfalls ist hier und fast bei jedem einzelnen Gemälde seine Sehnsucht nach Spiritualität spürbar. Museumsdirektor Markus Brüderlin über die Ornamente bei Taaffe:
"Es gibt im Unterschied zur flachen Dekoration bei Taaffe immer ein Dahinter. Es geht in die Tiefe, in die Geschichte - die Formen und Zeiten auf seinen Bildern sind geschichtet. Es ist nicht eine religiöse Spiritualität, die sich hier mitteilt, sondern eine Transzendenz: Dass man die Idee von etwas Anderem bekommt."
In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre bezog er stärker auch Naturmotive in seine Werke ein: einzelne Blätter, Farne, bedrohliche Kobras und skurrile Krabben wie aus ferner, mythischer Zeit. Taaffe bleibt Poet auch bei diesen Exkursionen in die Naturgeschichte - und in die Historie der visuellen Überlieferung von Natur. Die entsprechenden Motive findet er daheim in New York, in kostbaren Bänden seiner gediegenen Bibliothek:
"Es gibt für mich keine Grenzen, keinerlei Beschränkung. Ich folge meiner Eingebung und lasse mich von meinen Interessen leiten. Naturmotive stärker einzubeziehen, war für mich eine graduelle Weiterentwicklung auf dem Weg allmählicher Veränderung. Ich bleibe offen für Neuanfänge und Überraschungen. Es gibt eine Verpflichtung, die Welt zu ergründen und ein tieferes Verständnis für sie und das Menschsein zu entwickeln - und wie wir alles bewahren können."
Mit den Ornamenten und den subtil gemalten Naturmotiven hat er ein Fundament für das Nachdenken über die Menschheitsgeschichte geschaffen. Es ist eine zutiefst humane Botschaft, die von diesen Werken ausgeht. Brüderlin:
"Die Beschäftigung mit den Kulturen ist nicht ein Zurückgehen, ist nicht Nostalgie, sondern der Blick zurück nach vorne. Es geht schlussendlich um unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Und dafür müssen wir wertvolles ästhetisches Wissen aus unserer Vergangenheit nutzbar machen."
Dabei sahen die Anfänge von Taaffe stilistisch noch ganz anders aus. Bekannt wurde er in den achtziger Jahren als Vertreter der "Appropriation art”. Ganz schön frech, wie er sich die Vorbilder der Moderne aneignete, zum Beispiel Meisterwerke von Barnett Newman. Nur, dass sich auf den Bildern von Taaffe die senkrechten Linien Newmans in Girlanden und Kordeln verwandelt haben. Auf dessen berühmten Bildtitel "Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue” antwortete Taaffe 1985 mit seinem Werk "We Are Not Afraid”. Und zeigte sich auch sonst ganz unerschrocken. So übertrug er Bridget Rileys Op-Art-Liniengeschlängel auf seine Leinwände - und placierte auf einer Komposition von Ellsworth Kelly rätselhafte Formen Marcel Duchamps. Hier spielte einer mit der übermächtigen Moderne, um von ihr loszukommen. An diesen frühen, in teils aufwendiger Mischtechnik gestalteten Arbeiten geht man amüsiert vorbei. Den eigentlichen Zauber entfalten dann aber die Ornamente:
"Das Entscheidende ist, dass seine Werke eine Versöhnung darstellen zwischen der modernen abstrakten Malerei und dem Ornament, das früher geradezu der Sündenfall der abstrakten Malerei war. In dieser Verbindung liegt seine kunsthistorische Leistung."
Mit dieser Schau setzt das Museum erneut ein Gegengewicht zum lärmenden Ausstellungsbetrieb unserer Tage, rückt ein weiteres Mal meditative Momente in den Mittelpunkt. Ganz im Sinne des Künstlers Philip Taaffe:
"Ich glaube, man vermisst sie heutzutage sehr oft. Kunst wird häufig in einer Zirkus-Atmosphäre präsentiert. Wir aber brauchen eine andere Dimension, die die Leute in die Lage versetzt, ihre Kraft zu spüren und ihre Herkunft zu begreifen."
Er ließ sich anregen zwischen Moscheen und Mausoleen, studierte Fresken und antike Säulen und richtete seinen Blick immer wieder auf die überlieferten Ornamente. Die übertrug er auf seine leuchtend-farbigen Gemälde und stellte sie neu zusammen: stilisierte blütenähnliche Motive, Kreise, Sterne und geheimnisvolle Spiralen, pittoreske Mosaikformen, Muster wie aus einem schmiedeeisernen Gitter, Rosetten wie von einem Kapitell. Ein Zeitreisender zwischen der Antike und dem Kosmos des Islam - will er die Kulturen vereinen, arbeitet er an einer "Weltsprache des Ornaments"?
"Kulturen zu vereinen, ist nicht meine Absicht. Ich möchte vielmehr über historisch-kulturelle Situationen und Prozesse meditieren - darauf baue ich mit meinem Stil der Ornamente auf, aus dieser Nachforschung beziehe ich meine Inspiration. Und ich will Gefühle von Sympathie und Respekt gegenüber diesen anderen Kulturen bekunden und gleichzeitig meinen eigenen Standpunkt anschaulich machen."
Im Kunstmuseum hat er einen zusätzlichen Raum eingerichtet und hier die Wände von oben bis unten mit seinen Motiven bedeckt. Ein Ort der Meditation? Jedenfalls ist hier und fast bei jedem einzelnen Gemälde seine Sehnsucht nach Spiritualität spürbar. Museumsdirektor Markus Brüderlin über die Ornamente bei Taaffe:
"Es gibt im Unterschied zur flachen Dekoration bei Taaffe immer ein Dahinter. Es geht in die Tiefe, in die Geschichte - die Formen und Zeiten auf seinen Bildern sind geschichtet. Es ist nicht eine religiöse Spiritualität, die sich hier mitteilt, sondern eine Transzendenz: Dass man die Idee von etwas Anderem bekommt."
In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre bezog er stärker auch Naturmotive in seine Werke ein: einzelne Blätter, Farne, bedrohliche Kobras und skurrile Krabben wie aus ferner, mythischer Zeit. Taaffe bleibt Poet auch bei diesen Exkursionen in die Naturgeschichte - und in die Historie der visuellen Überlieferung von Natur. Die entsprechenden Motive findet er daheim in New York, in kostbaren Bänden seiner gediegenen Bibliothek:
"Es gibt für mich keine Grenzen, keinerlei Beschränkung. Ich folge meiner Eingebung und lasse mich von meinen Interessen leiten. Naturmotive stärker einzubeziehen, war für mich eine graduelle Weiterentwicklung auf dem Weg allmählicher Veränderung. Ich bleibe offen für Neuanfänge und Überraschungen. Es gibt eine Verpflichtung, die Welt zu ergründen und ein tieferes Verständnis für sie und das Menschsein zu entwickeln - und wie wir alles bewahren können."
Mit den Ornamenten und den subtil gemalten Naturmotiven hat er ein Fundament für das Nachdenken über die Menschheitsgeschichte geschaffen. Es ist eine zutiefst humane Botschaft, die von diesen Werken ausgeht. Brüderlin:
"Die Beschäftigung mit den Kulturen ist nicht ein Zurückgehen, ist nicht Nostalgie, sondern der Blick zurück nach vorne. Es geht schlussendlich um unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Und dafür müssen wir wertvolles ästhetisches Wissen aus unserer Vergangenheit nutzbar machen."
Dabei sahen die Anfänge von Taaffe stilistisch noch ganz anders aus. Bekannt wurde er in den achtziger Jahren als Vertreter der "Appropriation art”. Ganz schön frech, wie er sich die Vorbilder der Moderne aneignete, zum Beispiel Meisterwerke von Barnett Newman. Nur, dass sich auf den Bildern von Taaffe die senkrechten Linien Newmans in Girlanden und Kordeln verwandelt haben. Auf dessen berühmten Bildtitel "Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue” antwortete Taaffe 1985 mit seinem Werk "We Are Not Afraid”. Und zeigte sich auch sonst ganz unerschrocken. So übertrug er Bridget Rileys Op-Art-Liniengeschlängel auf seine Leinwände - und placierte auf einer Komposition von Ellsworth Kelly rätselhafte Formen Marcel Duchamps. Hier spielte einer mit der übermächtigen Moderne, um von ihr loszukommen. An diesen frühen, in teils aufwendiger Mischtechnik gestalteten Arbeiten geht man amüsiert vorbei. Den eigentlichen Zauber entfalten dann aber die Ornamente:
"Das Entscheidende ist, dass seine Werke eine Versöhnung darstellen zwischen der modernen abstrakten Malerei und dem Ornament, das früher geradezu der Sündenfall der abstrakten Malerei war. In dieser Verbindung liegt seine kunsthistorische Leistung."
Mit dieser Schau setzt das Museum erneut ein Gegengewicht zum lärmenden Ausstellungsbetrieb unserer Tage, rückt ein weiteres Mal meditative Momente in den Mittelpunkt. Ganz im Sinne des Künstlers Philip Taaffe:
"Ich glaube, man vermisst sie heutzutage sehr oft. Kunst wird häufig in einer Zirkus-Atmosphäre präsentiert. Wir aber brauchen eine andere Dimension, die die Leute in die Lage versetzt, ihre Kraft zu spüren und ihre Herkunft zu begreifen."