McDonald's grün gewendet

Wolfgang Lohbeck im Gespräch mit Jürgen König · 24.11.2009
Mit grüner Farbe und mehr Holz soll die neue Gestaltung der McDonald's-Restaurants Umweltbewusstsein signalisieren. Um wirklich zu überzeugen, müssten ökologische Vorzeige-McDonald's flächendeckend eingeführt werden, meint Wolfgang Lohbeck von Greenpeace.
Jürgen König: Brötchen, Buletten und Salat in Plastik oder Pappe verpackt, ein gelbes M auf rotem Grund – so kennen wir McDonald's. Nun lesen wir heute in den Zeitungen, dass das Rot hinter dem gelben M, das soll verschwinden und durch Grün ersetzt werden, eine Farbe, die Umweltbewusstsein signalisieren soll. McDonald's geht Öko, unser Thema im Gespräch mit Wolfgang Lohbeck von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Guten Tag, Herr Lohbeck!

Wolfgang Lohbeck: Ja, guten Tag!

König: Können Sie etwas Licht in die Hintergründe dieser Meldung über McDonald's bringen?

Lohbeck: Na ja, einerseits ist es schon so, dass McDonald's sein Erscheinungsbild ändern will. Das ist ein Prozess, der läuft ja schon seit ein paar Jahren. Das fing an mit der Inneneinrichtung und geht jetzt weiter mit der äußeren Gestaltung der Restaurants. Aber auf der anderen Seite scheint da so etwas wie eine kleine Kommunikationspanne passiert zu sein: Das Logo wird nicht geändert bei McDonald's, man ändert schlichtweg das Erscheinungsbild der Restaurants. Man will die Farbe Rot, also alles, was irgendwie Aggressives, Aggressionen versinnbildlicht, zu stark rote, knallige Farben ein bisschen zurückdrängen und sich besser in die Landschaft einfügen. Das ist zumindest das, was McDonald's sagt. Also am Logo wird nichts geändert, also der Markenauftritt bleibt, wie er ist. Man will einfach die Restaurants ein bisschen gestalten, das ist ja vielleicht auch schon hier und da aufgefallen – mehr Holz, weniger Rot vor allen Dingen.

König: Aber Herr Lohbeck, das berichten heute die Zeitungen in fetten Unterzeilen. Die "Süddeutsche" zum Beispiel: "Fast-Food-Kette ändert ihre Firmenfarben". Ich meine, so was sagt man ja nicht so ohne Weiteres, das Logo von McDonald's ist eines der bekanntesten der Welt. Ich habe mich schon gewundert, dass man ernsthaft das antasten will. Woher wissen Sie, dass das gar nicht so ist?

Lohbeck: Also ich dachte erst an einen Aprilscherz, der ja nun eigentlich gar nicht in die Zeit passt. Ich habe deswegen einfach schlicht und einfach bei McDonald's angerufen. Und dort sagte man mir von zuständiger Stelle schon sinngemäß, das ist eine Kommunikationspanne. Gemeint haben wir bei der Präsentation unseres Restaurants, dass wir uns etwas umweltbewusster präsentieren, dass wir uns auch vor dem Grün der Landschaft ein bisschen besser in die Umgebung einführen, dass wir aggressive Dinge wie Rot und solche Elemente mehr zurückdrängen, das war die Botschaft, also unser Logo wollen wir nicht ändern. Aber was trotzdem natürlich jetzt im Raum steht – das ist auch natürlich ganz gut –, so oder so ändert McDonald's doch sein Erscheinungsbild, nicht so plakativ, wie das jetzt rüberkam mit der Änderung, angeblichen Änderung des Logos, aber sie ändern ihr Erscheinungsbild doch sanft und nachhaltig, also zumindest das Erscheinungsbild. Und da ist natürlich die Frage: Ist das denn wirklich gedeckt auch von der Substanz dessen, was wir in Sachen Umwelt – also Verpackung, Energieeffizienz, FCKW- und FKW-Anwendungen in der Kälte wirklich machen.

König: Darüber wollen wir auch gleich sprechen, ein Wort gestatten Sie mir bitte doch noch zu dieser Kommunikationspanne, die, wie ich finde, eine Kommunikationskatastrophe sein muss. Wissen Sie zufällig, was jetzt bei McDonald's los ist, also McDonald's Deutschland? Ich vermute, dort wird man zu diversen Krisensitzungen zusammengekommen sein.

Lohbeck: Das kann ich nur vermuten. Ich weiß jetzt allerdings nicht, ob man das bei McDonald's als eine Kommunikationspanne empfindet oder vielleicht doch sogar als ein Glücksfall, also ich weiß es nicht. Es kann ja auch sein, dass man denkt, oh Donnerwetter, unsere Imageänderung, unser leicht geänderter Auftritt wird doch sehr stark beachtet, und auf einmal reden sehr viele Leute über die andere Gestaltung, auch über unsere Umweltaktivitäten sehr viel intensiver, als sie das sonst täten. Vielleicht ist das ja auch in ihrem Sinne, das weiß ich nicht.

König: Ich meine, auch das ist alles Strategie, die Panne.

Lohbeck: Das ist nicht ganz auszuschließen zumindest. Also ich glaube es persönlich nicht, aber ist nicht ganz auszuschließen.

König: Fette Buletten machen dick, das kann für das Image einer weltweit operierenden Schnellimbisskette nicht gut sein, denn "öko" ist das Zauberwort der Zeit. Haben Sie den Eindruck, dass auch ein Konzern wie McDonald's schon unter Druck geraten ist, sich im Zwang sieht, sich ein gesünderes, umweltbewussteres Image zu verpassen?

Lohbeck: Natürlich, also nicht nur McDonald's, eine ganze Reihe Firmen. Also ich arbeite zum Beispiel in einer Gruppe, in der auch Pepsi-Cola, Coca-Cola, Unilever und so weiter drin ist, auch McDonald's übrigens, wo es darum geht, Schritt für Schritt die FCKW-, FKW-Anwendungen in ihren Kälteanwendungen, also Getränkekühler und so weiter, zurückzudrängen. Also da will man schon sich anders positionieren. Außerdem ist natürlich offensichtlich, dass jetzt Kopenhagen vor der Tür steht, also die Klimaverhandlungen. Auch in dem Zusammenhang macht es sich natürlich gut, wenn man grün dasteht oder besser gesagt noch, wenn man wirklich auch grün was vorzuweisen hat. Aber das ist natürlich jetzt die große Frage: Wie weit passt da der Anspruch und die Wirklichkeit übereinander?

König: In der Nähe von Bremen in Achim betreibt McDonald's jetzt ein Testrestaurant, das ausschließlich mit alternativ hergestellten Energien arbeitet. Ist das schon der Anfang einer Kehrtwende in Sachen Umweltfreundlichkeit oder auch letztlich eine Imagekampagne?

Lohbeck: Also es wird sich noch weisen. Also einerseits muss man feststellen, es ist natürlich bewusst so vor dem Kopenhagen-Gipfel, dass man sich anders präsentiert, aber egal, was im Augenblick dort an Substanz dahintersteckt, eine Firma wie McDonald's begibt sich natürlich da in die Offensive, also auch in die Auseinandersetzung. Sie geben sich natürlich auch eine Blöße, wenn das, was sie tun, nicht ihrem Anspruch gerecht wird, also sie machen das einfach zum Thema, und sie müssen deswegen auch damit rechnen, dass sie gezielt nachgefragt werden, dass nachgebohrt wird. Allerdings bei dem Restaurant weiß man noch nicht, also ich weiß es nicht, auch McDonald's weiß es, glaube ich, selbst noch nicht genau, welche von diesen Errungenschaften tatsächlich in die Fläche, also in die anderen Restaurants gehen oder nicht. Im Augenblick ist es einfach ein Testrestaurant. In dem Zusammenhang muss ich leider auch eine nicht ganz gute Erfahrung auch berichten: Es gibt ein anderes Testrestaurant in Dänemark, wo McDonald's vorgeführt hat, dass ein Restaurant vollständig zu 100 Prozent ohne FCKW/FKW in der Kälteerzeugung auskommt. Es ist bis jetzt bei diesem einen Restaurant geblieben, kaum etwas davon ist wirklich in die Masse der anderen Restaurants eingegangen. Also es ist ein singulärer Einzelfall geblieben. Und da kann man nur hoffen, dass es bei diesem Demonstrations-, energieeffizienten Restaurant da bei Bremen nicht genauso läuft und nicht dabei bleibt. Aber da muss man ständig nachbohren. Man muss McDonald's jetzt in die Pflicht nehmen und sie unter Druck setzen.

König: Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit Wolfgang Lohbeck von Greenpeace. Auf diese FCKW-Geschichte wollte ich gerade kommen. Greenpeace führt ja seit Jahren einen Kampf gegen die Ozon schädigenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe, vor allem in Kühlgeräten. Sie haben die Frage eben im Grunde schon beantwortet: Wie frustrierend ist es, so lange auch sich mit McDonald's in dieser Hinsicht zu befassen und so wenig erreicht zu haben, ein einziges Restaurant, wie Sie sagen?

Lohbeck: Ja, es geht in der Gruppe jetzt nicht nur im McDonald's, es geht um eine ganze Reihe von Firmen. Also zum Beispiel Coca-Cola kauft jedes Jahr eine Million von Getränkekühlern, die alle mit FKW gekühlt werden. Und wenn die demnächst schrittweise – im Augenblick sind sie bei etwa 60.000, 70.000 Geräten, die FKW-frei sind jedes Jahr. Wenn das so weitergeht, ist das sicher ein Fortschritt. Es dauert lange, und das ist umso ärgerlicher, als wir ja wissen, kein einziges dieser Geräte müsste noch mit diesen FCKW-Folgesubstanzen gekühlt werden. Wir haben ja diesen Greenfreeze-Kühlschrank ohne FCKW und ohne FKW schon vor 15 Jahren auf den Markt gebracht, das ist ein Riesenerfolg. Das ist auch hier möglich. Es werden also immer noch ökonomische, wirtschaftliche Gründe ins Feld geführt, es wird auch viel getrickst, es wird dann behauptet, die natürlichen Kältemittel sind weniger energieeffizient. Das ist – jetzt mal in Bausch und Bogen gesprochen – vollkommener Unsinn. Es ist schlicht hier und da in der Einführungsphase teurer, und deswegen wird es von den Firmen rausgezögert. Sie haben recht, es ist frustrierend, zumal man weiß, es könnte alles sehr, sehr viel schneller gehen. Aber deswegen sind wir in dieser Gruppe auch drin und versuchen Druck zu machen. Aber in Sachen FCKW und FKW, jetzt bei diesem Testrestaurant McDonald's, muss man leider feststellen, es ist zunächst mal bei der Ankündigung zumindest mehr oder weniger geblieben. Und deswegen ist es durchaus gut, wenn jetzt mit der grünen Farbe und dem Rot das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt und McDonald's sich jetzt dieser Auseinandersetzung auch wirklich stellen muss.

König: Was müsste McDonald's unternehmen, um sich tatsächlich das Prädikat umweltbewusst zu verdienen?

Lohbeck: Also McDonald's hat auch einiges Positive getan, das soll ja nicht unter den Tisch fallen. Sie haben bei der Einführung eines Moratoriums zum Verbrauch von Soja aus dem Amazonas durchaus eine unterstützende Rolle gespielt. Bei Gentechnik sind sie eher im Mittelfeld, sie tun nicht mehr, als unbedingt gesetzlich nötig ist, also da spielen sie zum Beispiel keine Vorreiterrolle. Bei FCKW/FKW muss man anerkennen, dass sie zumindest auch in die Offensive gehen und sagen, wir wollen es abschaffen, also sie bekennen sich da zu einem Problem. Dass sie es noch nicht lösen, steht auf einem anderen Blatt, aber sie machen es zum Thema, und das ist schon mal für sich genommen gut. Sie müssten aufhören mit der Fütterung von Genfutter, sie müssten aufhören mit der Verwendung von Genmilch in ihren Drinks. Sie verkaufen zwar einerseits Biomilch, andererseits aber geht in den Joghurts und so weiter, geht ganz normale Genmilch über den Tresen. Was die Gesamtspeise- und Essenskultur angeht, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Wie weit hier natürlich die Gewöhnung an, na ja, an das Essen von, na ja, alten Milchkühen nun eingeführt wird und zum normalen Essensstandard erhoben wird, ist eine andere Frage.

König: Woher wissen Sie, dass das alles alte Milchkühle sind?

Lohbeck: Das ist die Kommunikation von McDonald's, dass dort also keine spezielle Züchtung stattfindet, dass dort alte Milchkühe verarbeitet werden.

König: Ist aber auch eine Antiwerbung?

Lohbeck: Das sehen verschiedene Leute unterschiedlich. Diese Kühe sind ja sozusagen sowieso da, aber gut, das will ich jetzt aber gar nicht problematisieren. Bei FCKW und FKW müssten sie sofort raus, alle Geräte stehen ausnahmslos bereit mit hoher Energieeffizienz. Und das, was sie dort in diesem Vorzeigerestaurant in Dänemark und auch in Bremen machen, das müsste jetzt wirklich in die Fläche und nicht nur in einem Demonstrationsprojekt bleiben.

König: McDonald's geht Öko – ein Gespräch mit Wolfgang Lohbeck von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Herr Lohbeck, ich danke Ihnen!

Lohbeck: Ich danke, tschüss!