Max Uhligs Magdeburger Kirchenfenster

Glaskunst für die Ewigkeit

05:35 Minuten
Ein Kirchenfenster von Max Uhlig in der St. Johanniskirche in Magdeburg mit leuchtenden Farben
Sechs der 14 Kirchenfenster von Max Uhlig zeigen eine farbig glühende Landschaft mit Weinstöcken. © Natascha Pflaumbaum
Von Natascha Pflaumbaum · 17.09.2020
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Farbig glühende Landschaften auf mehr als 330 Quadratmetern Glas: Max Uhligs Fenster für die Magdeburger Johanniskirche sind ein einzigartiges Projekt, das aus Kirche einen Kunstraum macht. Mit einem Festakt wurden die Fenster jetzt eingeweiht.
Neun Jahre Arbeit, mehr als 330 Quadratmeter Glas. Handbemalt. 14 gotische Fenster. Das ist einzigartig, sagt Patricia Werner von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung in ihrer Laudatio. Die Stiftung hat das Werk mitfinanziert und über die Jahre konsequent begleitet.

Einzigartiges Kunstprojekt

Wer Max Uhligs Fenster in der Johanniskirche einmal gesehen und erlebt hat und sich darauf eingelassen hat, wird Magdeburg mit anderen Augen sehen: Der Dresdner Künstler Max Uhlig hat für die Johanniskirche in Magdeburg ein Kunstwerk für die Ewigkeit geschaffen. Es ist sein Vermächtnis – oder wie der 83-Jährige unprätentiös kommentiert:
"Ja, das noch einmal zu sehen, das war auch gut. Ich hatte schon so ein bisschen den Totaleindruck verloren nach zwei Jahren, wo ich zuletzt hier war. Und ich war dann doch bei dem Anblick hier und hier – da dachte ich: Naja, das ist doch ein Ding! Sowas zu machen. Sowas kann man nicht nochmal machen."
Das Fensterensemble von Magdeburg ist ein Beispiel für außergewöhnliche Glaskunst. Aufgrund der Größe mit 330 Quadratmetern Glas und wegen des komplexen Herstellungsprozesses.

Wettbewerbssieg mit neuer Herausforderung

Ein Wettbewerb bringt Max Uhlig vor gut 10 Jahren zu dem Auftrag. Die Aufgabe ist immens. Die Kirche: Fünfmal zerstört, fünfmal wieder aufgebaut. Ein Symbol für den Widerstand des Magdeburger Bürgertums. Die Fenster: 14 Meter hoch, gotisch. Max Uhlig fragte sich: "Was könnte man machen? So schmal, so hoch!"
Max Uhlig ist ein Zeichner, er ist Experte für Druckgrafiken, vor allem für den komplizierten und schwierigen Steindruck. Wenn er malt, dann großflächig - "plein air", also in der Landschaft. Schon nach der ersten Besichtigung der Kirche in Magdeburg beginnt er auf der Rückfahrt nach Dresden auf einem Briefumschlag zu scribbeln.
"Ich weiß noch, ich habe zum Beispiel die Elbe als Landkarten gedacht – so in Schlangen über diese Fenster fahren sehen. Dazu dann dachte ich natürlich, der Namensgeber Johannes verpflichtet mich. Dann habe ich die Symbole von Johannes verwendet. Dann habe ich Otto von Guericke einbezogen mit seinen Erfindungen. Und dann hatte ich einen Blitz. Ich hatte ja am Anfang schon gleich gedacht, die Landschaft und den Himmel einzubeziehen. Aus Südfrankreich vor allen Dingen."

Der Weinstock als zentrales Motiv

Das zentrale Motiv des Magdeburger Fensterensembles wird der Weinstock. Angelehnt an die Offenbarung des Johannes, inspiriert durch die Landschaft seiner Sommerresidenz in der Provence. Max Uhlig übersetzt den uralten knorrigen Stock in ein schwarzes Strichenetz. Dieser abstrahierte Weinstock wird das Motiv der acht Grisaillen für den Chorraum der Johanniskirche.
Innenraum der St.Johannis Kirche zu Magdeburg mit von Max Uhlig gestalteten Kirchenfenstern 
Von Max Uhlig gestaltete Kirchenfenster in der St.Johannis Kirche zu Magdeburg© Natascha Pflaumbaum
Für die lichtdurchflutete Südseite der Kirche malt er eine farbig glühende Landschaft mit Weinstöcken – aufgefächert in sechs Fenstern. "Es ist wie Ein- und Ausatmen, aber mit großer Intensität. Ich will nicht sagen, ins Ekstatische. Sehr streng kontrolliert. Obwohl es so aussieht, als sei es gerade das nicht."

Maltechnik für Spezialisten

Der Maler in der Malkabine der Derix Glasstudios vor vier Jahren. Mit einem riesigen Chinapinsel klatscht er Farbe auf das Glas.
Glasmalerei ist sehr speziell und komplex – nicht zu vergleichen mit dem Malen auf Leinwand. Man malt spiegelverkehrt und motivlich gesehen rückwärts. Aber nicht nur das: Auch das Glas ist mundgeblasen, aus der Glashütte Lamberts in Waldsassen. Zudem sind die Fenster gebrochen, also in Stücke geschnitten, die traditionell mit Bleiruten verbleit sind. Alles das macht dieses Werk so einzigartig.
Die Magdeburger Kunsthistorikerin Annegret Laabs findet: "Ich würde schon sagen, die Arbeit von Max Uhlig gehört zu den ganz Großen, nicht nur vom Volumen her, sondern auch von der Kraft und Überzeugung."

Fünfter Wiederaufbau

Fünfmal zerstört, und fünfmal wieder aufgebaut. Der letzte Wiederaufbau der Johanniskirche ist nun vollendet – übrigens fast ausschließlich finanziert durch das Magdeburger Bürgertum, der Spender und Förderer. 1,4 Millionen Euro: ein Bürgertum baut sich seine Kirche wieder auf und schenkt sich so ein Kunstwerk. Mit dem Werk von Max Uhlig hat Magdeburg ab heute tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal in der Kunstwelt erlangt.
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