Matteo Renzi in Berlin

Warum Merkel Italien helfen will

Der italienische Ministerpräsident Renzi und Bundeskanzlerin Merkel
Der italienische Ministerpräsident Renzi und Bundeskanzlerin Merkel © dpa /picture alliance /Michael Kappeler
Von Volker Finthammer · 29.01.2016
Die Bundeskanzlerin schätzt und braucht den Reformer Matteo Renzi, heute zu Gast in Berlin. Eine großzügige Auslegung der europäischen Stabilitätsregeln wäre eine Entlastung für Italien, das in der Flüchtlingskrise eine wichtige Rolle spielt.
Noch bevor der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi in Berlin eintraf, mahnte der CSU-Politiker und Vorsitzende der christdemokratischen Fraktion im EU-Parlament Manfred Weber vom italienischen Regierungschef mehr Solidarität bei der Finanzierung des europäischen Flüchtlingsfonds ein. Ansonsten, so Weber, bestünde die Gefahr, dass eine Koalition der Willigen in der Migrationskrise alleine handle.
Doch genau das will die Bundeskanzlerin verhindern. Angela Merkel schätzt und braucht den Reformer Renzi. Die Kanzlerin musste aber auch zur Kenntnis nehmen, dass sich Italien in die wichtigen europäischen Entscheidungen nicht mehr wirklich einbezogen und besonders in der Flüchtlingsfrage auch lange Zeit allein gelassen fühlte.
Vor diesem Hintergrund waren bei diesem Treffen drei Fragen wichtig: Hält Italien an einer europäischen Lösung der Flüchtlingsfrage fest und beteiligt sich das Land an dem bereits beschlossenen Flüchtlingsfonds in der Höhe von drei Milliarden Euro zur Unterstützung der Flüchtlingsaufnahme in der Türkei − und kann und will die Kanzlerin auf der anderen Seite Einfluss nehmen, damit die EU ein Auge bei der italienischen Haushaltspolitik zudrückt? Denn nur so könnte Renzi den eingeschlagenen Weg bei den Reformen, die die Kanzlerin ausdrücklich lobte, unter Berücksichtigung der politischen Steuergeschenke durchführen.
Für Renzi haben diese ökonomischen Fragen derzeit eine enorme Bedeutung, um das Land aus der Krise zu führen, das betonte er erneut in Berlin:
"Wir fordern als Italien nicht eine Änderung der Regeln. Wir verlangen, dass diese Regeln angewendet werden, und das auf eindeutige Weise."
Soll heißen: Italien drängt weiter auf eine großzügige Auslegung der europäischen Stabilitätsregeln. In dieser Frage wird die Kanzlerin zumindest öffentlich keine Mitspielerin sein.
Begrenzung der Flüchtlingszahlen hat Priorität
Vordergründig beschreibt das eine Distanz, aber da wird man sehen müssen, wie die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat am Ende entscheiden werden. In der Flüchtlingspolitik scheinen Berlin und Rom dagegen wieder stärker an einen Strang zu ziehen. Die Begrenzung der Flüchtlingszahlen hat für beide oberste Priorität.
Das soll aber nicht durch Mauern und Grenzzäune geschehen, sondern durch die Stabilisierung der Regionen. So wollen beide Länder um die Bildung einer Einheitsregierung in Libyen bemühen, damit das Land wieder stabilisiert werden kann. Außerdem will man gemeinsam in Tunesien libysche Sicherheitskräfte ausbilden, die später den illegalen Schleppern das Handwerk legen sollen. Auch die finanzielle Unterstützung zum Aufbau Flüchtlingslager in der Türkei stellte Renzi nicht in Frage.
Eindringlich warnte Renzi vor einem Scheitern der Schengen-Vereinbarungen für offene Binnengrenzen in der EU: Wenn das geschehe, bedeute das, dass Europa sich selbst aufgebe.
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