Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe

Wenn wir vermeiden wollen, dass der Klimawandel zu einer Ausweitung der Wüsten einerseits und zu permanenten Überschwemmungen andererseits führt, muss rasch gehandelt werden. Der britische Ökonom Nicholas Stern schlägt ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor, um die Katastrophe abzuwenden.
"Das kohlenstoffreiche Wachstum wird nicht aufhören, weil uns der Kohlenstoff ausgeht. Wir haben genügend Kohlenstoff, um den Planeten zu grillen. Es wird aufhören, weil wir beschlossen haben, die Dinge anders anzugeben, und wenn wir es machen, werden wir feststellen, dass das Andere viel attraktiver ist."

Der britische Ökonom Nicholas Stern ist optimistisch, dass wir die Klimaveränderungen durch den zu hohen Kohlendioxidausstoß unserer Gesellschaften noch stoppen können. Während seine Studie über die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels eher eine nüchterne Bestandsaufnahme ohne konkrete Handlungsanweisungen war, hat der britische Ökonom Nicholas Stern jetzt mit seinem Buch "Der Global Deal" ein ganzes Bündel an Maßnahmen vorgeschlagen, wie sich die Wende zu einem kohlestoffarmen Zeitalter meistern lässt, ohne dass die reichen Länder auf ihren Wohlstand und die armen Länder auf ihr Wachstum zur Überwindung der Armut verzichten müssen.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir weltweit den Kohlendioxidausstoß bis 2050 um mindestens 50 Prozent reduzieren, wie Stern vorrechnet.

"Wir müssen die Emissionen bis 2050 auf 20 Gigatonnen CO² senken. Das ist die Hälfte dessen, was sie 1990 betragen haben. Wir müssen auf der Welt ungefähr auf zwei Tonnen CO² pro Kopf runterkommen, denn 2050 werden wir etwa neun Milliarden Menschen sein. Wo stehen wir in Europa? Bei zehn bis zwölf Tonnen CO² pro Kopf. Wir müssen das um den Faktor Fünf reduzieren. Das heißt es geht um eine 80-prozentige Reduktion für reiche Länder."

Selbst dann würden die Temperaturen weltweit um rund zwei Grad steigen. Doch die Schäden, die ein solcher Temperaturanstieg mit sich brächte, wären noch zu meistern. Jede weitere Erhöhung hätte jedoch katastrophale Folgen.

"Es würde bedeuten, dass große Teile der Welt zur Wüste werden, einige Teile der Welt ständen unter Wasser, Hunderte Millionen Menschen würden emigrieren müssen. Das würde zu ausgedehnten, ernsthaften globalen Konflikten führen. Es geht nicht um kleine Verluste, die physische und menschliche Geografie der Erde würde völlig verändert."

Entscheidend, so schreibt der britische Ökonom in seinem Buch, sind die nächsten 20 Jahre. In dieser Zeit muss ein Mix aus verschiedenen kohlestoffarmen Technologien die fossilen Brennstoffe ersetzen.

Jedes Land soll dabei seinen eigenen Weg wählen. Es gibt für Stern keinen Königspfad. Er listet sie alle auf. Zum Einsatz können erneuerbare Energien ebenso kommen wie die Kernkraft. Er fordert die rasche Entwicklung von CO² Abscheidung und Speicherung bei Kohlekraftwerken. Gesenkt werden muss der Energieverbrauch in Produktion, Verkehr und Gebäuden. Der britische Ökonom befürwortet Biotreibstoffe der zweiten Generation, die nicht mehr auf Lebensmittelpflanzen basieren, sondern pflanzlichen Reststoffen.

Selbst Geoengineering wie Eisendüngung der Meere ist seiner Meinung nach eine Option. Die Kernfusion muss weiterverfolgt werden. Auf alle Fälle muss die Entwaldung rasch gestoppt werden. Ein internationales Abkommen, ein – so lautet ja auch der Buchtitel - "Global Deal" soll festlegen, um wie viel jeder Staat seine Kohlenstoffemissionen reduziert. Drei Grundprinzipien gilt es dabei zu beachten:

"Die Vereinbarung muss effektiv sein, es muss einen genauen Rahmen geben. Sie muss effizient sein, wir müssen die Kosten niedrig halten, sonst werden wir die Menschen nicht dazu bringen mitzumachen, und wir wollen schließlich auch keine Ressourcen verschwenden. Und es muss schließlich gerecht sein, es muss die größeren Ressourcen der reichen Länder mit in Betracht ziehen, ihre fortgeschrittenere Technologie und ihre Verantwortlichkeit für den Beginn des Problems."

Der britische Ökonom setzt vor allem auf einen weltweiten Emissionshandel, der den Kohlendioxidausstoß deckelt und peu à peu senkt, bis er weniger als die Hälfte des heutigen ausmacht. Dabei müssten allerdings die Industriestaaten schon aus historischer Gerechtigkeit, da sie für den größten Teil des CO²-Anstiegs verantwortlich sind, den Löwenanteil der Emissionsreduktion übernehmen.

"Die größte Herausforderung besteht im Augenblick darin, dass die reiche Welt beweist, dass sie diese Unterstützung liefern wird."

Nicholas Sterns Vorschläge sind allesamt ausgewogen und realistisch. Allerdings lesen sich einige Passagen des Buches etwas mühsam, wenn der Ökonom zum Beispiel Kostenberechnungen anstellt und die Höhe der CO²-Minderung beweist. Leichter verständlich und lebendiger sind dann seine konkreten Vorschläge. Nicholas Stern formuliert stets diplomatisch zurückhaltend. Man spürt, dass er alle Staaten mit ins Boot holen will, keinen Politiker vor den Kopf stoßen mag. Seine Kritik zum Beispiel an der bisherigen Klimapolitik der USA ist sehr zurückhaltend. Er argumentiert bei allem Engagement sachlich und konkret, widerlegt alle Skeptiker detailliert. Der Autor ist überzeugt, dass wir das Schlimmste noch verhindern können und schwärmt in seinem Buch von einem kohlenstoffarmen Wirtschaftswachstum.

"Was wird passieren, wenn wir kohlenstoffarmes Wachstum bekommen? Die Energieversorgung wird verlässlicher. Es ist sauberer, ruhiger, sicherer, bringt größere Artenvielfalt mit sich und ist mehr gemeinschaftsorientiert. Und wie sieht der Weg dorthin aus? Er wird mit technologischen Entdeckungen, innovativen Investitionen die aufregendste Zeit sein, die wir jemals gesehen haben."

Man kann nur hoffen, dass Nicholas Sterns Vorschläge auf der Klimakonferenz in Kopenhagen diskutiert werden. Wert sind sie es allemal.

Besprochen von Johannes Kaiser

Nicholas Stern: Der Global Deal – Wie wir dem Klimawandel begegnen und ein neues Zeitalter von Wachstum und Wohlstand schaffen
Übersetzt von Martin Richter
C.H. Beck Verlag, München 2009
287 Seiten, 19,90 Euro