Marktmacht von Google & Co.

Paid Content statt Datensammeln

07:34 Minuten
Die Firmen-Logos der vier dominanten Internetunternehmen Google, Apple, Facebook und Amazon.
Den Datenhandel großer Internet-Konzerne könne man mit Gesetzen aber auch mit dem Verzicht auf Tracking verringern, sagt Markus Beckedahl. © imago images / RiccardoMilani
Markus Beckedahl im Gespräch mit Vladimir Balzer · 27.01.2021
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Die EU will das Sammeln von persönlichen Daten durch große Internetkonzerne stärker regulieren. Dass auch Springer-Chef Döpfner dies in einem offenen Brief fordert, nennt der Journalist Markus Beckedahl „bigott“: Springer verdiene viel Geld mit Werbung.
Der Chef des Springer Verlags, Mathias Döpfner, hat sich in einem offenen Brief dafür eingesetzt, dass die Verwendung privater Daten durch Internetkonzerne für kommerzielle Zwecke künftig verboten sein sollte.
Dieser Forderung schließe er sich an, sagt der Journalist Markus Beckedahl. Beckedahl setzt sich mit seinem Verein und Blog netzpolitik.org für netzpolitische Themen ein.

Widersprüchliche Forderung

"Das ist auf jeden Fall eine sehr schöne Utopie, die Herr Döpfner artikuliert. Allerdings kommt mir der Absender etwas sehr bigott vor". Denn auch das Geschäftsmodell vieler Springer Unternehmen sei die Werbung, so Beckedahl: "Genauso wie bei Google und Facebook."
Allerdings seien die amerikanischen Unternehmen deutlich erfolgreicher als der Springer Verlag. Beckedahl sieht in der Forderung auch Neid Döpfners auf die amerikanischen Konkurrenten.
Der Springer-Chef hätte "viele Stellschrauben zur Verfügung", um die zu starke Überwachung im Internet und den Handel mit Daten zu verringern. "Wenn seine eigenen Medien weniger alarmistisch ein Klima für mehr Überwachung schaffen würden, würde das zu weniger Überwachung führen."

Springer Unternehmen sammeln Daten

Das Hauptgeschäftsmodell des Axel-Springer-Verlags sei die Werbung. Und da ginge es vor allem Dingen darum, im Internet Werbung zu verkaufen.
"Man muss da nur mal auf Bild.de gehen oder welt.de und sich durch diese ganzen Cookies klicken, die man dort vorfindet und versuchen, diese Cookies nicht anzunehmen. Überall versuchen Springer-Plattformen von Nutzern, die sie besuchen, so viele personenbezogene Daten wie möglich zu bekommen.
Und diese teile Springer dann auch noch mit Google, Facebook und Co. "Das heißt, sie geben sie noch weiter in das von Döpfner in diesem offenen Brief verurteilte Regime der Werbefinanzierung."

Kein Tracking der Nutzer

Der Axel Springer Konzern hätte viele Möglichkeiten, den amerikanischen Konkurrenten Steine in den Weg zu legen. Dies könne geschehen, indem der Konzern auf den eigenen Plattformen etwa alle Verweise auf Facebook und Google verschwinden ließe. So handele man auch auf netzpolitik.org, sagt Beckedahl:
"Wir haben uns explizit dafür entschieden, unsere Lesenden nicht zu tracken, weil wir nicht wollen, dass unsere Lesenden total überwacht werden. Vor allen Dingen auch, wenn es darum geht, sich für mehr politische Informationen zu interessieren."

Bezahlte Inhalte als Alternative

Zum Sammeln von Daten als Geschäftsgrundlage gebe es Alternativen, ohne Totalüberwachung: "Indem man mehr in Richtung Paid Content geht oder eine klare Dienstleistung gibt. ‚Ich gebe dir Zugang zu etwas, dafür bezahlst du etwas.‘"

Hilfe von der Politik

Da die großen Internetkonzerne bisher am längeren Hebel säßen, müsse die Politik die Regeln ändern, wie es gerade mit der Gesetzesinitiative über digitale Dienste der Europäischen Union angestrebt werde. Damit solle die Internet-Gesetzgebung in der Europäischen Union reformiert werden und an das "Plattformzeitalter" angepasst werden, damit auch kleinere Unternehmen gegen die großen Wettbewerber eine Chance hätten.
"Das ist sozusagen der Kontext, in dem dieser offene Brief zu lesen ist und wo die EU-Kommission einen ganz guten Aufschlag gemacht hat, damit diese Macht zumindest im Europäischen Binnenmarkt besser begrenzt werden kann."
(mle)
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