Marketing 2.0

Von Tobias Feld |
Werbung im Netz bricht derzeit alle Rekorde. Laut dem Bundesverband der digitalen Wirtschaft werden mittlerweile am deutschen Online-Werbemarkt über sechs Milliarden Euro umgesetzt. Die entsprechende Branche glänze in Teilen mit dreistelligen Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr.
Werbung im Netz floriert. Während klassische Werbeformen an Bedeutung verlieren, herrscht anderswo in der Branche Goldgräberstimmung. So wuchs laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstitutes Nielsen für das Jahr 2011 der Anteil an Online-Werbung am Markt gegenüber dem Vorjahr um 26 Prozent. Dies scheint erst der Anfang: Onlineplattformen wie Netfix, Hulu oder YouTube treten nun in Konkurrenz zu klassischen Fernsehsendern um lukrative Inhalte – und damit Werbeanteile. Eine Entwicklung die in den Augen von Hansjörg Zimmermann, Professor an der Macromedia-Hochschule in München, allenthalben Begehrlichkeiten weckt.

"Es ist ein Hype, zweifelsohne. Alle Geschäftsführer, Vorstände und Marketingverantwortlichen rennen nun da hinterher. Ich kenne Schraubenhersteller, die unbedingt auf Facebook ein Profil haben wollen."

Vor allem virale Werbeclips auf Videoportalen wie YouTube, MyVideo oder Vimeo erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit und schufen einen ganz neuen Werbezweig. Agenturen bemühen sich dabei, Werbebotschaften im Netz so zu platzieren, dass sie von den Nutzern bereitwillig an weiterempfohlen werden.

Laut den jüngsten Zahlen des Bundesverbandes der digitalen Wirtschaft glänze allen voran Bewegtbildwerbung mit Wachstumsraten von 115 Prozent gegenüber 2010. Die Fürther Agentur Viracom gilt als Spezialist auf diesem Gebiet. Gründer Thomas Hartmann wirbt nun dafür, Social Media Marketing als Ausbildungsberuf zu etablieren. Er sieht sich als Social Media Manager.

"Und da speziell tätig im Bereich Video Marketing. Der Weg dahin ist momentan noch mehr oder weniger ‚learning bei doing". Das ist eine ganz junge Branche, die da am entstehen ist. Das Berufsbild ist auch schon weitgehend fertig. Wir möchten einen ganz normalen Lehrberuf daraus machen."

Die Bedeutung sozialer Netzwerke für die Demokratie wird demnach künftig ebenso vermittelt, wie das Handwerkszeug für maßgeschneiderte Werbung via SMS oder Twitter. Bisher schossen infolge des Booms ausschließlich wilde Werbeberufe, wie Mundpropagandist, Social Media Manager oder Community Manager ins Kraut. Doch wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Ortstermin Berlin, Heimat der viel beschriebenen digitalen Boheme. Branchenblätter zählen allein hier über 3 400 Werbeagenturen. Im Stadtteil Mitte findet sich eine der Renommiertesten der Stadt, WEDO. Die Online-Aktivitäten betreut Michael Förster, der sich als Community Manager versteht.

"Es hat mich immer fasziniert, wie man in diesen sozialen Netzwerken kommuniziert. Als Community Manager sorge ich zum Beispiel für die Pflege von Profilen in sozialen Netzwerken, beantworte Nachrichten, schicke Statusmeldung raus und moderiere Diskussionen. Ich gucke also darauf, was in sozialen Netzwerken passiert, was die Leute bewegt. Und wie ich im Sinne meines Auftraggebers darauf reagiere."

Im Westen Schwabings residiert indes die Werbeagentur trnd. Trotz der Werbekrise eröffnete die Firma kürzlich Zweigstellen in Barcelona, Budapest oder Buenos Aires. Im Auftrag eines Unternehmens versucht die Agentur, Kunden über das Internet in die Markenwelt zu locken, und als kostenlose Produkttester für Staubwedel, Schminke oder Dampfgarbeutel zu gewinnen.

"Was kostet denn eigentlich so Getränketesten?

Ja nix.

Ja geh' – und Auto testen?

Ja auch nix!

Ja, und Handytarife auch nix.

Und Cocktails auch nix.

Ja ja, ich weiß schon. Is schon recht..."

wirbt die Agentur in einem Video für ihre Werbemasche. Ihr Gründer Martin Oetting gilt als Pionier dieser Mundpropaganda.

"Wir managen immer ganz konkrete Projekte, bei dem sich Leute ganz intensiv mit einem bestimmten Produkt auseinandersetzen. Damit helfen wir einerseits mit, dass die Produkte bekannter werden. Andererseits helfen wir mit, dass die Produkte besser werden. Denn das Unternehmen lernt durch dieses Feedback immer sehr viel. Letztlich erfinden wir mit die Zukunft des Marketings."

Daran möchte nun auch Markus Hartmann teilhaben. Der Neffe des Firmengründers Thomas Hartmann will seine Leidenschaft zum Beruf machen. Bisher jobbt er in der Fürther Agentur seines Onkels. Was ihn daran so fasziniert?

"!Naja, man hat viel mit Computern zu tun. Ich werde dann auch etwas mit Webdesign, Gestaltung machen. Ich verwalte jetzt gerade potentielle Kundendaten. Füg' die in die Datenbank ein. Und suche im Internet nach Videos – und ja; ich möchte Webmarketing und Social Media Marketing-Azubi werden.""

Die erfolgreichsten Kampagnen in sozialen Netzwerken erwiesen sich oftmals als unlauter. Der eigentliche Werbeaspekt war dabei für den Konsumenten verschleiert. Im Eldorado der Werbebranche herrschen in den Anfangsjahren noch gerne Wild-West-Manieren. Ob nun, da Social Media künftig Gegenstand der Ausbildung ist, die Branche auch erwachsen wird, muss sich zeigen.
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