Zum Tod von Mark Lanegan

Wegbereiter des Grunge

07:23 Minuten
Mark Lanegan, mit halblangen Haaren, Bart und einer markanten Brille, bei einem Auftriff auf der Bühne. Der Strahl des Scheinwerfers trifft seine Hand, die das Mikrofon hält.
Stoisch, während um ihn herum auf der Bühne und auch in ihm selbst der Sturm tobte: Mark Lanegan. © imago / Gonzales Photo / Per-Otto Oppi
Von Simon Brauer · 23.02.2022
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Mark Lanegan gilt als prägende Figur der Grungebewegung. Er tobte sich in dieser Spielart des Rock bereits lange vor Nirvana und Pearl Jam aus, für Kurt Cobain war er ein "großer Bruder". Nun ist Lanegan mit 57 Jahren gestorben.
Mark Lanegan hat lange bei der US-Band Screaming Trees gesungen. „Nearly Lost You“ war vor 20 Jahren ihr erster und zugleich größter Hit.
Die Grungebewegung – eine Szene von Bands, die Ende der 1980er-Jahre, Anfang der 1990er-Jahre in Seattle, im Nordwesten der USA, entstanden ist – brachte eine Reihe berühmter Rockbands hervor. Die bekanntesten sind Nirvana und Pearl Jam.
Mark Lanegan, der als Teil dieser Szene gilt, ist viel weniger bekannt. Dennoch ist er eine wichtige Figur für diese Zeit. Lanegan war schon Grungesänger, als es die Bezeichnung für diese musikalische Richtung noch gar nicht gab.
Die Screaming Trees gründete er 1984 – lange vor den erfolgreichen Grungebands wie Nirvana und Pearl Jam. Mit den Screaming Trees war der typische Grungesound aber schon da: eine Mischung aus Punk, Hardrock und Psychedelic Rock, dazu Lanegans tiefe, dramatische Stimme, ein rauer Bariton mit beeindruckendem Vibrato.

Kurt Cobain war Lanegans Fan

Die Band hat den Weg bereitet für alle folgenden Bands. Und sie hat dafür gesorgt, dass Seattle die wichtigste Musikstadt der 1990er-Jahre wurde, zumindest im Bereich der Rockmusik.
Kurt Cobain von Nirvana war zuerst Mark Lanegans Fan, dann war er sehr gut mit ihm befreundet. Er nannte Lanegan seinen „großen Bruder“ und sang auf seinem ersten Soloalbum mit.
Mark Lanegan gilt bis heute als Wegbereiter der alternativen Rockmusik, als prägende Figur der Grungebewegung. Neben der Stimme ist das Besondere an Lanegans Musik, dass er sich immer auf Neues eingelassen hat, zum Beispiel auf neue Sounds.
Seine elf Soloalben sind zwar nicht alle überzeugend, aber experimentell. Auf dem letzten hat er beispielsweise seinen düsteren Blues mittels eines Drumcomputers mit elektronischen Klängen kombiniert. Hörenswert ist sein Coveralbum „Imitations“, auf dem er etwa Songs von Frank Sinatra interpretiert.

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Auch seine Version von „Mackie Messer“ aus Brechts „Dreigroschenoper“ ist auf dem Album.

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Er war im Vorprogramm von Depeche Mode auf Welttournee, sang mit PJ Harvey, Nick Cave und für die Queens of the Stone Age. Zuletzt war er bei den Manic Street Preachers und beim Elektropop-Künstler Moby zu hören.

Fluchtwege aus der Realität

Lanegan hatte immer wieder mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen. Der Rausch war für ihn eine Flucht vor der Realität.
In seiner Autobiografie „Alles Dunkel dieser Welt“, die vor zwei Jahren erschienen ist, schreibt er, dass er schon mit zwölf Jahren ein echtes Alkoholproblem hatte. Er klaute, prügelte sich, wurde heroinabhängig. Gleichzeitig entdeckte er Punkrock und fing an, Musik zu machen.
Seine erste Platte stammte von Iggy Pop und öffnete ihm Augen und Ohren. Iggy Pop war auch einer der ersten, die sich auf die Todesnachricht hin auf Twitter geäußert haben:

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Er drückt Mark Lanegan seinen tiefen Respekt aus und unterschreibt mit "Dein Fan, Iggy Pop".
Punkrock und Musik war für Lanegan der zweite Weg, vor der Realität zu fliehen. Nach Kurt Cobains Tod machte Lanegan einen Entzug und war, wie es hieß, zuletzt zehn Jahre lang clean.

Dunkle Orte in der Seele

Gestern ist Mark Lanegan verstorben, im Alter von 57 Jahren. Über die Todesursache ist bislang nichts bekannt. Eventuell gibt es einen Zusammenhang mit seiner langwierigen Corona-Erkrankung.
Mit Lanegan verliert die Musikwelt eine weitere Stimme des 90er-Jahre-Grungerock. Lanegan steht in einer Reihe mit Chris Cornell von Soundgarden, Layne Staley von Alice In Chains und natürlich Kurt Cobain. Alle hatten Drogen- und psychische Probleme, alle sind zu früh gestorben.
Mark Lanegan bleibt der Mann, der viele dunkle Orte gesehen hat, draußen in der Welt, aber auch in seiner Seele. Das ist in seinen Songs zu hören und war bei seinen Liveauftritten zu sehen: Die Band tobt über die Bühne, aber Mark Lanegan hält sich stoisch am Mikrofonständer fest und wiegt nur den Oberkörper vor und zurück. Weil nicht nur um ihn herum, sondern auch in ihm der Sturm tobt.

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