Gesegnete Kunst

Gottfried Lindauer malte im späten 19. Jahrhundert sehr detailgetreue, Fotografien ähnelnde Porträts von Maori. Bevor diese jetzt in der Berliner Nationalgalerie zu sehen sind, wurden sie bei Sonnenaufgang von den Nachfahren der Porträtierten gesegnet.
Nach langjähriger und vertrauensvoller Vorarbeit ist es gelungen, die Porträts der Maori für Berlin zu gewinnen. Mit der Ausstellung wird ein weiteres Kapitel der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts aufgeschlagen, das die verschlungenen, sich um die ganze Welt spannenden Beziehungsgeflechte in den Fokus setzt.
Erstmals haben die Nachfahren der auf den Werken gezeigten Menschen zugestimmt, dass die Gemälde Neuseeland verlassen. In der Alten Nationalgalerie Berlin stellen sie die Schau "Gottfried Lindauer. Die Maori Portraits" vor. Mit Ritualen und Segnungen bei Sonnenaufgang wurden die Bilder heute um 7.34 Uhr dem Museum übergeben. Es seien Gesänge und Lieder angestimmt und salbungsvolle Gebete aufgeführt worden, erklärt unser Kritiker Carsten Probst. Das ganze sei kein Event, sondern Rituale zur Überführung der Bilder.

Stammesmitglieder der Maori bei der Segnungszeremonie der Lindauer-Bilder in der Alten Nationalgalerie Berlin.© Carsten Probst
Die Bilder sind Porträts, bei denen man sich allerdings frage, ob das jetzt eine klassische oder einer eine ethnologische Ausstellung sei, erklärt Probst. Die Bilder erinnerten an eine globalisierte Kunst, Gottfried Lindauer sei seiner Zeit voraus gewesen, er habe "einen Vorgeschmack auf die Moderne" gegeben.