Mannsbild im Matrosenlook trifft böhmische Nixe
Stefan Herheim, der bereits mit seiner Neudeutung des Parsifal in Bayreuth für Furore sorgte, inszeniert Antonin Dvoraks Rusalka am Brüsseler Theater La Monnaie. Die Geschichte von der Meerjungfrau, die ihrem Geliebten an Land folgt, transferiert Herheimer ins Diesseits, lässt die Nixe zur Plakatschönheit werden, die auf der Suche nach Liebe, Wärme und Geborgenheit einem schwärmerischen Mannsbild im Matrosenlook folgt.
Wenn ein norwegischer Troll ein böhmische Nixe trifft, könnte das ganz romantisch werden - so ganz im Einklang mit Rusalkas wunderbar lyrischem Mondlied. Doch davon ist dramaturgisch Abschied zunehmen, wenn Stefan Herheim inszeniert: Er machte ja schon mit der Neudeutung des Parsifal in Bayreuth Furore und bekennt sich weiterhin zu einem im Kern gesellschaftskritischen Regietheater - also weg von aller Wohligkeit eines "schönen Abends in der Oper".
Herheims Sicht von Rusalka ist ganz diesseitig: Da will ein Mädchen aus seiner bisherigen Welt und Kultur in eine ganz andere. Es scheitert dort - und wird zurückkehrend aber auch von seiner Ursprungswelt nicht mehr angenommen. Das ist sehr heutig und brandaktuell.
So hat Heike Schelle eine miese Brüsseler Straßenkreuzung gebaut und durch raffinierten Spiegeleinsatz enorm vergrößert. Eine heutige Nixe und Sirene ist eine Plakatschönheit: ein giftblondes Girl in silbernem Kurzröckchen und beinhohen Silberstiefeln am Laternenpfahl neben der Lunatic-Bar. Wenn sie den Mond und seinen Zauber ansingt, dann sind das vom Straßenlicht erleuchtete Parabolantennen, die die heutigen Zaubermärchen ausstrahlen. Um zu leben, lockt diese Sirene Männer an und zieht sie in den von den "guten Bürgern" sogenannten Abgrund.
Sie aber hat existenzielle Sehnsucht nach dem "anderen Leben": nach Liebe, Wärme und Geborgenheit. Die findet sie jedoch auch bei einem schwärmerischen Mannsbild im Matrosenlook nicht: Sie wirkt nach kurzem Rausch kalt, sie spricht auch nicht die gleiche Sprache - und gilt deshalb als stumm. So hofiert das Mannsbild sehr schnell eine ostentativ leidenschaftliche Andere - und lässt sich auf einem Straßenkarneval mit ihr sogar als Prinzen-Paar feiern: erst auf einem Hausbalkon, dann sogar in der Königsloge des Theaters.
Mit fulminantem Theaterzauber gelingt Herheim all dies sehr überzeugend, zunächst in den lyrischen Momenten, überraschend und fesselnd in alptraumhaften Sequenzen - kontrastreich theatralisch dann im Faschingsfest, das er mit Lametta, Lichtfeuerwerk und Chorauftritten im Publikum zum "Totaltheater" weitet. Doch der schwierige dritte Akt mit Rusalkas Rückkehr ins Wasserreich der Nixen, mit dem Entschluss des Prinzen, ihr in den Tod zu folgen - diese Übersetzung in seine dramaturgische Ebene gelingt Herheim nicht.
Zusätzlich problematisch wirkt seine Ausweitung der Rolle des Wassermannes, die in einem zusätzlichen Mord endet. Da gibt es zwar sehr gelungene Projektionen der Wasserwelt auf einem Zwischenvorhang. Aber der abschließende Tatort-Realismus mit Polizei, Spurensicherung und Leichenbergung wirkt dann nur aufgesetzt.
Keinerlei Schuld daran trifft ein glänzendes, enorm spielfreudiges Ensemble um die bildschöne und auch bildschön singende Olga Guryakova in der Titelrolle. Beeindruckend auch die packende Tragödienmusik, die Adam Fischer mit dem Symphonieorchester des Brüsseler Theaters La Monnaie hören lässt. Einhelliger Beifall für einen dramaturgisch nur zwei Akte lang überzeugenden Musiktheaterabend.
Herheims Sicht von Rusalka ist ganz diesseitig: Da will ein Mädchen aus seiner bisherigen Welt und Kultur in eine ganz andere. Es scheitert dort - und wird zurückkehrend aber auch von seiner Ursprungswelt nicht mehr angenommen. Das ist sehr heutig und brandaktuell.
So hat Heike Schelle eine miese Brüsseler Straßenkreuzung gebaut und durch raffinierten Spiegeleinsatz enorm vergrößert. Eine heutige Nixe und Sirene ist eine Plakatschönheit: ein giftblondes Girl in silbernem Kurzröckchen und beinhohen Silberstiefeln am Laternenpfahl neben der Lunatic-Bar. Wenn sie den Mond und seinen Zauber ansingt, dann sind das vom Straßenlicht erleuchtete Parabolantennen, die die heutigen Zaubermärchen ausstrahlen. Um zu leben, lockt diese Sirene Männer an und zieht sie in den von den "guten Bürgern" sogenannten Abgrund.
Sie aber hat existenzielle Sehnsucht nach dem "anderen Leben": nach Liebe, Wärme und Geborgenheit. Die findet sie jedoch auch bei einem schwärmerischen Mannsbild im Matrosenlook nicht: Sie wirkt nach kurzem Rausch kalt, sie spricht auch nicht die gleiche Sprache - und gilt deshalb als stumm. So hofiert das Mannsbild sehr schnell eine ostentativ leidenschaftliche Andere - und lässt sich auf einem Straßenkarneval mit ihr sogar als Prinzen-Paar feiern: erst auf einem Hausbalkon, dann sogar in der Königsloge des Theaters.
Mit fulminantem Theaterzauber gelingt Herheim all dies sehr überzeugend, zunächst in den lyrischen Momenten, überraschend und fesselnd in alptraumhaften Sequenzen - kontrastreich theatralisch dann im Faschingsfest, das er mit Lametta, Lichtfeuerwerk und Chorauftritten im Publikum zum "Totaltheater" weitet. Doch der schwierige dritte Akt mit Rusalkas Rückkehr ins Wasserreich der Nixen, mit dem Entschluss des Prinzen, ihr in den Tod zu folgen - diese Übersetzung in seine dramaturgische Ebene gelingt Herheim nicht.
Zusätzlich problematisch wirkt seine Ausweitung der Rolle des Wassermannes, die in einem zusätzlichen Mord endet. Da gibt es zwar sehr gelungene Projektionen der Wasserwelt auf einem Zwischenvorhang. Aber der abschließende Tatort-Realismus mit Polizei, Spurensicherung und Leichenbergung wirkt dann nur aufgesetzt.
Keinerlei Schuld daran trifft ein glänzendes, enorm spielfreudiges Ensemble um die bildschöne und auch bildschön singende Olga Guryakova in der Titelrolle. Beeindruckend auch die packende Tragödienmusik, die Adam Fischer mit dem Symphonieorchester des Brüsseler Theaters La Monnaie hören lässt. Einhelliger Beifall für einen dramaturgisch nur zwei Akte lang überzeugenden Musiktheaterabend.