Manna für die Menschen
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 50 Jahren in Rom entwickelte sich das sogenannte Neue Geistliche Lied (NGL). Bis heute wollen seine Macher den Glauben in eigenen, neuen, alltäglicheren Worten beschreiben und besingen.
Musik: Ensemble Entzücklika: "Was steht ihr da"
"Neues Geistliches Lied, das ist der berechtigte Versuch, immer und immer wieder neu die gute Botschaft Gottes für uns in unsere Sprache zu übersetzen. Sodass es für mich im 21. Jahrhundert Sinn macht."
" ''Für mich ist ein Lied dann ein Neues Geistliches Lied, wenn es tatsächlich von der Sprache, vielleicht auch von der Musiksprache, ein Heutiges ist." "
"Es geht darum, dass wir uns im Gottesdienst wiederfinden und wenn ich als Gemeindemitglied nichts mehr mit lateinischer Sprache, mit klassischer Musik zu tun hab, dann finde ich mich in einem Gottesdienst nicht mehr wieder."
"Das Leben von heute singen und sagen. Neu, es muss neu sein, weil das Leben auch jeden Tag neu ist."
Alexander Bayer, Stefanie Dormann, Gregor Linßen und Kathi Stimmer-Salzeder. Sie alle texten und komponieren und zählen zur aktuellen, kreativen NGL-Szene. Waren vor rund 50 Jahren Schlagzeug und Keyboards in der Kirche noch völlig neu, haben sich die meisten Gemeindemitglieder heute längst daran gewöhnt. In vielen deutschen Gottesdiensten wird gerappt und gerockt, um zu beten und zu feiern. "Musik für die Menschen von heute" – das war der Anspruch der neuen geistlichen Lieder früher und das gilt auch in unseren Tagen noch, sagt Peter Hahnen von der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz.
"Es geht nicht darum, eine Alternative zur Hochkultur aufzubauen oder dem Thesaurus der Musica sacra einen in den Kaffee zu tun. Aber es ist eine Ergänzung, weil die Menschen so sind. Und wenn die Menschen so sind und ich die ernst nehme, dann muss es möglich sein, sich in den Stilmitteln von heute auszudrücken."
Neue geistliche Lieder werden nicht fürs Radio oder für die Charts geschrieben, sondern für den Gottesdienst und konkrete Anlässe in einer Kirchengemeinde, wie Feiertage, Hochzeiten, Taufen, Kindergottesdienste oder Glaubensvermittlung. Werden sie aus diesem Zusammenhang gerissen, wirkten sie schnell wie Sonderlinge, sagt Komponist und Autor Gregor Linßen. Die Verwurzelung in der Gemeinde sei das Wesentliche und damit sei das Neue Geistliche Lied genauso vielfältig, wie die Gemeinden selbst.
"Es gibt Gemeinden, da wird Neues Geistliches Lied sehr volksmusikalisch gemacht. Es gibt Gemeinden, gerade evangelische Gemeinden, freikirchliche Gemeinden, da wird das sehr popmusikalisch und gospelorientiert gemacht. Wenn die Titel Neues Geistliches Lied auf den Kolosserbrief zurückgeht "singt immer wieder neu, Psalmen, Hymnen und geistliche Gesänge, wie der Geist sie euch eingibt", dann kann natürlich ein Lied, wenn es in der Gemeinde zur musikalischen Freude wird, ein Neues Geistliches Lied sein."
"Glaube muss wachsen, muss in sich wachsen und er kann nur dann Gemeinschaft werden, wenn man gemeinsam darüber spricht. Und ein Lied ist die Möglichkeit, meinen eigenen Glauben in den Raum zu stellen und daran anzufangen, über Glauben zu reden."
Das Sprechen über den eigenen Glauben ist wichtig, aber gar nicht so einfach, bestätigt die Gemeindereferentin Stefanie Dormann. Sie schreibt ihre Lieder hauptsächlich für die Katechese, also für die Vermittlung von Glaubenswissen und Erfahrungen, wie zum Beispiel den Kommunion- oder Firmunterricht. Aber auch für Erwachsene können Lieder eine Hilfe sein, sagt sie:
"Für viele Menschen ist Gott eher fremd, und auch da braucht es heute sehr niederschwellige Angänge, um von Gott sprechen zu können. Wenn ich mit den ganzen großen theologischen Vokabeln komme, dann glaube ich ist es für viele Menschen ganz schwer, an Gott überhaupt ranzukommen. Für Theologen schwingt in einer Vokabel, die Gott beschreibt oft so viel mit, dass der normale Mensch das gar nicht verstehen kann. Also müssen wir versuchen, in Alltagsbildern von Gott zu sprechen und das gleichzeitig, das ist jetzt mein persönliches Anliegen, nicht in profanen Alltagsbildern, sondern das darf durchaus ne gewisse Poesie beinhalten."
Viele Interpreten und Komponisten sind stark geprägt vom geistlichen Liedschaffen der 70er- und 80er-Jahre. In dieser Hochphase entstanden Lieder wie "Kleines Senfkorn Hoffnung", "Die Sache Jesu braucht Begeisterte", "Der Himmel geht über allen auf", um nur einige zu nennen. Die Schreiber dieser Lieder gelten als die Väter des NGL, wie zum Beispiel der Komponist Peter Janssens und der Priester Wilhelm Wilms, der Geistliche und Liedtexter Alois Albrecht und der Musikpädagoge Ludger Edelkötter. Damals hatte das NGL eine deutliche politische Dimension, erläutert der Theologe Peter Hahnen:
"In der Anfangsphase bis weit in die 70er-, 80er-Jahre hinein, war das NGL ein stückweit gesungene Befreiungstheologie. Das kam einfach daher, dass man mit diesem Aufbruch in der Kirche sich auch selber hinterfragte. Gott loben und Gott feiern und als Christ leben, nicht mit dem Rücken zur Tagesschau. Das führte einfach dazu, dass man sich in diese Gesellschaft einmischte."
Viele Protagonisten der ersten NGL-Akkorde sind bereits gestorben. Der 72-jährige Ludger Edelkötter schreibt und singt heute vor allem für und mit Kindern. "Kleines Senfkorn Hoffnung" und "Alle Knospen springen auf" sind zwei seiner bekanntesten Lieder, die auch Einzug in die Gesangbücher gehalten haben. Gerade hat er ein neues Lied komponiert, zu dem ihn die Fernsehbilder von Menschen in großer Not, in Krisen- und Katastrophensituationen bewegt haben:
"... und entstanden ist jetzt 'gerade dann bist du da'. (singt) Wenn die Welt um uns zerfällt, nichts mehr unsere Hoffnung hält, wenn das Leid uns ganz ergreift, keine Rettung um uns reift. Gerade dann bist du da, der du uns niemals vergißt, gerade dann bist du da, du bist der ich bin da."
Edelkötter will mit seinen Liedern heute genau das Gleiche erreichen, wie zu den Hoch-Zeiten in den 80-ern:
"Im Grunde: Begeistern für die Sache Jesu."
Die Nachfolger von Edelkötter und Co. bringen immer noch viele Lieder für die Liturgie aufs Papier. Etwa neue Vertonungen des Sanctus. Viel Harmonisches, Feierliches ist dabei. Dabei wäre auch Selbstkritik angebracht, sagt der Theologe, Dichter und Komponist Alexander Bayer:
"Die Gemeinden fordern das auch a bissl, es gibt ja auch ein Benutzerverhalten und man merkt ja auch, das die Lieder, die so gar nicht weh tun, eher beliebter sind."
Der katholische Priester und Liedkomponist Norbert M. Becker, ebenfalls eine der führenden Figuren in der Szene, macht ähnliche Beobachtungen in den Gemeinden, aber auch unter den Kreativen:
"Vielleicht ist es so, dass das allgemein so ein Trend ist, wo man aufpassen muss, wird unser Singen unser Beten vielleicht zu weich. Neue Geistliche Lieder standen auch gerade immer dafür, dass Glaube politisch wurde und wenn ich das ganz rausnehme, dann bewege ich mich in einer Frömmigkeit, die auch selbstgenügsam werden kann."
Eine aktuelle kirchenpolitische Herausforderung prägt die Arbeit von Alexander Bayer – der Priestermangel. Zusammen mit seinem Ensemble Entzücklika – der Name deutet die Begeisterung für das Zweite Vatikanische Konzil an – gestaltet Bayer die sogenannten Abendgesänge. Er tourt mit dem musikalisch-spirituellen Programm durch die Kirchengemeinden, vorwiegend im süddeutschen Raum.
"Mir war`s wichtig, eine Veranstaltungsform zu finden, die zwischen Gottesdienst und Konzert changiert, und damit Gemeinden Mut machen, priesterlose Gottesdienste selbst auf die Beine zu stellen. Also nicht so jammern 'oh wir haben keine Priester mehr', sondern Chor oder die musikalischen Kräfte einer Gemeinde können sich zusammenstellen, um eine moderne Vesper oder eine moderne Komplet zu machen mit ihrem Repertoire, mit ihren Ressourcen und mit ihren Begabungen, und das wollte ich motivieren und provozieren."
Das Neue Geistliche Lied reicht heute von politisch, munter, kabarettistisch bis hin zu ruhig, fromm, still, verhalten. Es ist eben genauso vielfältig, wie es die Dichter und Komponisten, die Gläubigen und Kirchengemeinden sind. Und – es ist auch nach 50 Jahren immer noch neu und geistlich, denn es entsteht immer wieder neu, sagen seine zeitgenössischen Schöpfer wie Alexander Bayer, Norbert M. Becker und Stefanie Dormann.
"Die Zeit für das NGL, das wir heute machen, wird irgendwann vorbei sein, und auch meine Lieder werden wieder ihr Verfallsdatum überschreiten. Aber ich finds nicht schlimm, ich kann damit gut leben, die nächste Generation braucht neue Texte, braucht neue Formen, sich auch entwickeln und erfahren zu dürfen."
"Schön ist es, wenn es im besten Sinne so ein Volkslied wäre, wenn man einfach merkt, ja da können Leute einstimmen, sie können schnell mitsingen, es ist nicht banal und es transportiert ein Geheimnis, eine Glaubenswirklichkeit, es hat eine dienende Funktion und es bringt einfach weiter."
"Ich glaube, dass allen Unkenrufen zum Trotz, die ständig irgendwie behaupten wollen, das NGL wäre tot oder läge im Sterben, dass das in der Praxis tatsächlich nicht so ist. Es gibt ne ganze Menge wirklich sehr junger Komponisten, die jungen Leute, die sind in den Chören nach wie vor alle da und wie es richtig ist, machen die ihre eigene Musik."
"Das ist wie Manna. Wilhelm Wilms hat gesagt Neues Geistliches Lied ist wie Manna: es fällt vom Himmel, das verzehren wir jetzt, das packen wir nicht in Kühlschränke, das brauchen wir heute."
"Neues Geistliches Lied, das ist der berechtigte Versuch, immer und immer wieder neu die gute Botschaft Gottes für uns in unsere Sprache zu übersetzen. Sodass es für mich im 21. Jahrhundert Sinn macht."
" ''Für mich ist ein Lied dann ein Neues Geistliches Lied, wenn es tatsächlich von der Sprache, vielleicht auch von der Musiksprache, ein Heutiges ist." "
"Es geht darum, dass wir uns im Gottesdienst wiederfinden und wenn ich als Gemeindemitglied nichts mehr mit lateinischer Sprache, mit klassischer Musik zu tun hab, dann finde ich mich in einem Gottesdienst nicht mehr wieder."
"Das Leben von heute singen und sagen. Neu, es muss neu sein, weil das Leben auch jeden Tag neu ist."
Alexander Bayer, Stefanie Dormann, Gregor Linßen und Kathi Stimmer-Salzeder. Sie alle texten und komponieren und zählen zur aktuellen, kreativen NGL-Szene. Waren vor rund 50 Jahren Schlagzeug und Keyboards in der Kirche noch völlig neu, haben sich die meisten Gemeindemitglieder heute längst daran gewöhnt. In vielen deutschen Gottesdiensten wird gerappt und gerockt, um zu beten und zu feiern. "Musik für die Menschen von heute" – das war der Anspruch der neuen geistlichen Lieder früher und das gilt auch in unseren Tagen noch, sagt Peter Hahnen von der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz.
"Es geht nicht darum, eine Alternative zur Hochkultur aufzubauen oder dem Thesaurus der Musica sacra einen in den Kaffee zu tun. Aber es ist eine Ergänzung, weil die Menschen so sind. Und wenn die Menschen so sind und ich die ernst nehme, dann muss es möglich sein, sich in den Stilmitteln von heute auszudrücken."
Neue geistliche Lieder werden nicht fürs Radio oder für die Charts geschrieben, sondern für den Gottesdienst und konkrete Anlässe in einer Kirchengemeinde, wie Feiertage, Hochzeiten, Taufen, Kindergottesdienste oder Glaubensvermittlung. Werden sie aus diesem Zusammenhang gerissen, wirkten sie schnell wie Sonderlinge, sagt Komponist und Autor Gregor Linßen. Die Verwurzelung in der Gemeinde sei das Wesentliche und damit sei das Neue Geistliche Lied genauso vielfältig, wie die Gemeinden selbst.
"Es gibt Gemeinden, da wird Neues Geistliches Lied sehr volksmusikalisch gemacht. Es gibt Gemeinden, gerade evangelische Gemeinden, freikirchliche Gemeinden, da wird das sehr popmusikalisch und gospelorientiert gemacht. Wenn die Titel Neues Geistliches Lied auf den Kolosserbrief zurückgeht "singt immer wieder neu, Psalmen, Hymnen und geistliche Gesänge, wie der Geist sie euch eingibt", dann kann natürlich ein Lied, wenn es in der Gemeinde zur musikalischen Freude wird, ein Neues Geistliches Lied sein."
"Glaube muss wachsen, muss in sich wachsen und er kann nur dann Gemeinschaft werden, wenn man gemeinsam darüber spricht. Und ein Lied ist die Möglichkeit, meinen eigenen Glauben in den Raum zu stellen und daran anzufangen, über Glauben zu reden."
Das Sprechen über den eigenen Glauben ist wichtig, aber gar nicht so einfach, bestätigt die Gemeindereferentin Stefanie Dormann. Sie schreibt ihre Lieder hauptsächlich für die Katechese, also für die Vermittlung von Glaubenswissen und Erfahrungen, wie zum Beispiel den Kommunion- oder Firmunterricht. Aber auch für Erwachsene können Lieder eine Hilfe sein, sagt sie:
"Für viele Menschen ist Gott eher fremd, und auch da braucht es heute sehr niederschwellige Angänge, um von Gott sprechen zu können. Wenn ich mit den ganzen großen theologischen Vokabeln komme, dann glaube ich ist es für viele Menschen ganz schwer, an Gott überhaupt ranzukommen. Für Theologen schwingt in einer Vokabel, die Gott beschreibt oft so viel mit, dass der normale Mensch das gar nicht verstehen kann. Also müssen wir versuchen, in Alltagsbildern von Gott zu sprechen und das gleichzeitig, das ist jetzt mein persönliches Anliegen, nicht in profanen Alltagsbildern, sondern das darf durchaus ne gewisse Poesie beinhalten."
Viele Interpreten und Komponisten sind stark geprägt vom geistlichen Liedschaffen der 70er- und 80er-Jahre. In dieser Hochphase entstanden Lieder wie "Kleines Senfkorn Hoffnung", "Die Sache Jesu braucht Begeisterte", "Der Himmel geht über allen auf", um nur einige zu nennen. Die Schreiber dieser Lieder gelten als die Väter des NGL, wie zum Beispiel der Komponist Peter Janssens und der Priester Wilhelm Wilms, der Geistliche und Liedtexter Alois Albrecht und der Musikpädagoge Ludger Edelkötter. Damals hatte das NGL eine deutliche politische Dimension, erläutert der Theologe Peter Hahnen:
"In der Anfangsphase bis weit in die 70er-, 80er-Jahre hinein, war das NGL ein stückweit gesungene Befreiungstheologie. Das kam einfach daher, dass man mit diesem Aufbruch in der Kirche sich auch selber hinterfragte. Gott loben und Gott feiern und als Christ leben, nicht mit dem Rücken zur Tagesschau. Das führte einfach dazu, dass man sich in diese Gesellschaft einmischte."
Viele Protagonisten der ersten NGL-Akkorde sind bereits gestorben. Der 72-jährige Ludger Edelkötter schreibt und singt heute vor allem für und mit Kindern. "Kleines Senfkorn Hoffnung" und "Alle Knospen springen auf" sind zwei seiner bekanntesten Lieder, die auch Einzug in die Gesangbücher gehalten haben. Gerade hat er ein neues Lied komponiert, zu dem ihn die Fernsehbilder von Menschen in großer Not, in Krisen- und Katastrophensituationen bewegt haben:
"... und entstanden ist jetzt 'gerade dann bist du da'. (singt) Wenn die Welt um uns zerfällt, nichts mehr unsere Hoffnung hält, wenn das Leid uns ganz ergreift, keine Rettung um uns reift. Gerade dann bist du da, der du uns niemals vergißt, gerade dann bist du da, du bist der ich bin da."
Edelkötter will mit seinen Liedern heute genau das Gleiche erreichen, wie zu den Hoch-Zeiten in den 80-ern:
"Im Grunde: Begeistern für die Sache Jesu."
Die Nachfolger von Edelkötter und Co. bringen immer noch viele Lieder für die Liturgie aufs Papier. Etwa neue Vertonungen des Sanctus. Viel Harmonisches, Feierliches ist dabei. Dabei wäre auch Selbstkritik angebracht, sagt der Theologe, Dichter und Komponist Alexander Bayer:
"Die Gemeinden fordern das auch a bissl, es gibt ja auch ein Benutzerverhalten und man merkt ja auch, das die Lieder, die so gar nicht weh tun, eher beliebter sind."
Der katholische Priester und Liedkomponist Norbert M. Becker, ebenfalls eine der führenden Figuren in der Szene, macht ähnliche Beobachtungen in den Gemeinden, aber auch unter den Kreativen:
"Vielleicht ist es so, dass das allgemein so ein Trend ist, wo man aufpassen muss, wird unser Singen unser Beten vielleicht zu weich. Neue Geistliche Lieder standen auch gerade immer dafür, dass Glaube politisch wurde und wenn ich das ganz rausnehme, dann bewege ich mich in einer Frömmigkeit, die auch selbstgenügsam werden kann."
Eine aktuelle kirchenpolitische Herausforderung prägt die Arbeit von Alexander Bayer – der Priestermangel. Zusammen mit seinem Ensemble Entzücklika – der Name deutet die Begeisterung für das Zweite Vatikanische Konzil an – gestaltet Bayer die sogenannten Abendgesänge. Er tourt mit dem musikalisch-spirituellen Programm durch die Kirchengemeinden, vorwiegend im süddeutschen Raum.
"Mir war`s wichtig, eine Veranstaltungsform zu finden, die zwischen Gottesdienst und Konzert changiert, und damit Gemeinden Mut machen, priesterlose Gottesdienste selbst auf die Beine zu stellen. Also nicht so jammern 'oh wir haben keine Priester mehr', sondern Chor oder die musikalischen Kräfte einer Gemeinde können sich zusammenstellen, um eine moderne Vesper oder eine moderne Komplet zu machen mit ihrem Repertoire, mit ihren Ressourcen und mit ihren Begabungen, und das wollte ich motivieren und provozieren."
Das Neue Geistliche Lied reicht heute von politisch, munter, kabarettistisch bis hin zu ruhig, fromm, still, verhalten. Es ist eben genauso vielfältig, wie es die Dichter und Komponisten, die Gläubigen und Kirchengemeinden sind. Und – es ist auch nach 50 Jahren immer noch neu und geistlich, denn es entsteht immer wieder neu, sagen seine zeitgenössischen Schöpfer wie Alexander Bayer, Norbert M. Becker und Stefanie Dormann.
"Die Zeit für das NGL, das wir heute machen, wird irgendwann vorbei sein, und auch meine Lieder werden wieder ihr Verfallsdatum überschreiten. Aber ich finds nicht schlimm, ich kann damit gut leben, die nächste Generation braucht neue Texte, braucht neue Formen, sich auch entwickeln und erfahren zu dürfen."
"Schön ist es, wenn es im besten Sinne so ein Volkslied wäre, wenn man einfach merkt, ja da können Leute einstimmen, sie können schnell mitsingen, es ist nicht banal und es transportiert ein Geheimnis, eine Glaubenswirklichkeit, es hat eine dienende Funktion und es bringt einfach weiter."
"Ich glaube, dass allen Unkenrufen zum Trotz, die ständig irgendwie behaupten wollen, das NGL wäre tot oder läge im Sterben, dass das in der Praxis tatsächlich nicht so ist. Es gibt ne ganze Menge wirklich sehr junger Komponisten, die jungen Leute, die sind in den Chören nach wie vor alle da und wie es richtig ist, machen die ihre eigene Musik."
"Das ist wie Manna. Wilhelm Wilms hat gesagt Neues Geistliches Lied ist wie Manna: es fällt vom Himmel, das verzehren wir jetzt, das packen wir nicht in Kühlschränke, das brauchen wir heute."