Mann ist durch
Simon Borowiaks Roman ist eines der durchgeknalltesten Bücher dieses Jahres. Es ist respektlos, schamlos und voller bösem Witz. Es ist nur manchmal etwas eitel und neigt zum literarischen Leerlauf, aber eben nur manchmal. Die meiste Zeit hat man als Leser viel zu lachen und oft genug fragt man sich: wie kommt er nur auf diese sehr passende Pointe?
Doch der Reihe nach. Simon Borowiak ist vor einer Buchmarkt-Ewigkeit bekannt geworden mit der Satire "Frau Rettich, die Czerni und ich", das war 1992, kurze Zeit später verfilmt mit Iris Berben in der Hauptrolle. In dem Buch wird die Geschichte dreier Frauen erzählt, die nach Spanien fahren, um dort die Liebe zu finden, aber enttäuscht wieder ins langweilige Deutschland zurückkommen. Als Simon Borowiak diesen Roman schrieb, hieß er noch Simone Borowiak, war bei der "Titanic" und eine Frau.
Nach dem ersten großen Erfolg erschienen noch zwei weitestgehend unbeachtete Romane, ein Theaterstück und vereinzelte Texte. Dann erschien lange nichts. Simon Borowiak tauchte ab, trank sich in die Abhängigkeit, landete in der Psychiatrie, war am Rande des Lebens. Dann befreite er sich, machte die ersehnte Geschlechtsumwandlung und heißt seit einigen Jahren Simon, ein Mann.
Er schrieb ein weiteres Buch über Alkoholabhängigkeit und nun ist er wieder mit einem Roman in der Öffentlichkeit, der an den Erfolg von "Czerni" anknüpfen soll. So ganz gelingt es ihm nicht, die Leichtigkeit von damals wiederherzustellen, aber es ist zwischendurch ja auch einiges passiert.
Borowiak erzählt in "Schade um den schönen Sex" die Geschichte zweier Hamburger Männer um die 40, die die Weihnachtsfeiertage in einem ligurischen Badeort verbringen, dabei eine minderjährige Deutsche kennen lernen, mit der einer der beiden etwas anfängt, wenn auch nichts strafrechtlich Relevantes, und der andere sich sehr darüber aufregt.
Beide Männer sind eigentlich mit der Liebe durch. Der eine glaubt wenigstens noch an den Sex, wenn auch nur mit Volljährigen. Der andere, der Ich-Erzähler, nicht einmal mehr daran. Kurz vor Silvester reisen sie wieder zurück nach Deutschland, denn die junge Frau hat zuviel durcheinander gebracht.
So weit zur Geschichte, sie ist nur Schablone. Damit sind wir wieder bei der eigentlichen Stärke dieses Buches. Dem bösen Witz und den treffenden Pointen. Der Ich-Erzähler hat zum Beispiel nichts gegen die "unbenommen schöne Sitte des Orgasmus", aber wenn er es genauer betrachtet, wird auch der sexuelle Genuss auf die hinteren Plätze verwiesen: "Viel schöner ist es, die Bibel ins Hessische zu übersetzen".
Echte Gefühle sind für Männer in der Mitte des Lebens einfach Luxus – das könnte das Motto des Erzählers sein, und damit lässt sich ohne Mühe ein amüsanter Roman stricken. In seinen besten Momenten liest sich Borowiaks Buch wie ein klassischer absurder Roman, der die beschriebene Realität so weit überdreht, dass sie abenteuerlich wird. Ein wunderbar neurotisches Buch, das nicht nur eine Parodie auf Männer in der Midlife-Crisis ist, sondern auch von einer manchmal fröstelnden Abgeklärtheit durchzogen ist, oder wie würde es der Ich-Erzähler sagen: "Meine Laune war an diesem Morgen so indifferent, dass ich vorsichtshalber wieder einschlief".
Besprochen von Vladimir Balzer
Simon Borowiak: Schade um den schönen Sex
Roman
Eichborn 2009
224 Seiten, 16,95 Euro
Nach dem ersten großen Erfolg erschienen noch zwei weitestgehend unbeachtete Romane, ein Theaterstück und vereinzelte Texte. Dann erschien lange nichts. Simon Borowiak tauchte ab, trank sich in die Abhängigkeit, landete in der Psychiatrie, war am Rande des Lebens. Dann befreite er sich, machte die ersehnte Geschlechtsumwandlung und heißt seit einigen Jahren Simon, ein Mann.
Er schrieb ein weiteres Buch über Alkoholabhängigkeit und nun ist er wieder mit einem Roman in der Öffentlichkeit, der an den Erfolg von "Czerni" anknüpfen soll. So ganz gelingt es ihm nicht, die Leichtigkeit von damals wiederherzustellen, aber es ist zwischendurch ja auch einiges passiert.
Borowiak erzählt in "Schade um den schönen Sex" die Geschichte zweier Hamburger Männer um die 40, die die Weihnachtsfeiertage in einem ligurischen Badeort verbringen, dabei eine minderjährige Deutsche kennen lernen, mit der einer der beiden etwas anfängt, wenn auch nichts strafrechtlich Relevantes, und der andere sich sehr darüber aufregt.
Beide Männer sind eigentlich mit der Liebe durch. Der eine glaubt wenigstens noch an den Sex, wenn auch nur mit Volljährigen. Der andere, der Ich-Erzähler, nicht einmal mehr daran. Kurz vor Silvester reisen sie wieder zurück nach Deutschland, denn die junge Frau hat zuviel durcheinander gebracht.
So weit zur Geschichte, sie ist nur Schablone. Damit sind wir wieder bei der eigentlichen Stärke dieses Buches. Dem bösen Witz und den treffenden Pointen. Der Ich-Erzähler hat zum Beispiel nichts gegen die "unbenommen schöne Sitte des Orgasmus", aber wenn er es genauer betrachtet, wird auch der sexuelle Genuss auf die hinteren Plätze verwiesen: "Viel schöner ist es, die Bibel ins Hessische zu übersetzen".
Echte Gefühle sind für Männer in der Mitte des Lebens einfach Luxus – das könnte das Motto des Erzählers sein, und damit lässt sich ohne Mühe ein amüsanter Roman stricken. In seinen besten Momenten liest sich Borowiaks Buch wie ein klassischer absurder Roman, der die beschriebene Realität so weit überdreht, dass sie abenteuerlich wird. Ein wunderbar neurotisches Buch, das nicht nur eine Parodie auf Männer in der Midlife-Crisis ist, sondern auch von einer manchmal fröstelnden Abgeklärtheit durchzogen ist, oder wie würde es der Ich-Erzähler sagen: "Meine Laune war an diesem Morgen so indifferent, dass ich vorsichtshalber wieder einschlief".
Besprochen von Vladimir Balzer
Simon Borowiak: Schade um den schönen Sex
Roman
Eichborn 2009
224 Seiten, 16,95 Euro