Managerin für Mozarts Ruhm

13.09.2013
Mozarts Gattin Constanze überlebte ihren Mann um 50 Jahre. Wie sehr die oft verunglimpfte Komponistenwitwe dafür kämpfte, dass Wolfgang Amadeus posthum noch berühmter wurde, als er bereits zu Lebzeiten war, beschreibt nun erstmals Gesa Finke in ihrer Biografie.
Natürlich ist es eine Frau, die das Buch über Constanze Mozart geschrieben hat. Gesa Finke. Sie bricht eine Lanze für ihre Protagonistin. Musste sie das? Gewiss. Denn Constanze geistert immer noch als triebhafte, betrügerische, eigensüchtige Figur durch die Mozart-Literatur, auch die belletristische.

Mozarts Werke, vor allem die Autographe und Briefe seien für sie lediglich Gegenstand des Gelderwerbs gewesen, sie hätte Dokumente gefälscht und vernichtet, gewisse Problempunkte in der ehelichen Beziehung getilgt und so fort. Dem entgegnet die Autorin gründlich. - Quintessenz der Arbeit: Constanze – sie überlebte Mozart um 50 Jahre – hätte in vielerlei Initiativen und teils zähen Verhandlungen mit dafür gesorgt, dass ihr toter Gatte noch berühmter wurde, als er es zu Lebezeiten schon war.

Biografisches tippt sie nur an. In wenigen Strichen zeichnet sie Leben und Persönlichkeit der Frau. Eines spart sie aus: die schwierigen Fragen um den Tod und das Begräbnis Mozarts. An beiden hatte Constanze, schwanger im vierten Monat, nicht teilgenommen. Allenthalben von dort nährte die Mozartbiografik ihre Angriffe auf die Frau. Viel wichtiger indes, Gesa Finke fragt nach der musikkulturellen Erinnerung um 1800 im Zeichen der bürgerlichen Emanzipation und mit ihr der veränderten musikalischen Verhältnisse in Wien. Darin waren die Aktivitäten der Constanze um die Verbreitung des Mozartschen Erbes eingebettet.

Wie viel die gescheite, als Witwe entscheidungsmächtige Frau, zugleich gut ausgebildete Sängerin, unter bisweilen schwierigen Bedingungen angestoßen hat, darüber kann der Leser nur staunen. Zunächst musste sie, um aus den Schulden ihres Mannes herauszukommen, Handschriften verkaufen. Hierfür fand sie Abnehmer in höchsten Kreisen. Revue passieren in dem Buch diverse von Constanze veranstaltete Wohltätigkeitskonzerte für Witwen und Waisen – immer unter dem Label, es seien Gedenkveranstaltungen für ihren verstorbenen Mann.

Dann führt der Bogen in die Mitte der 1790er-Jahre, als die Komponistenwitwe mit ihren gleichfalls sängerisch ausgebildeten Schwestern eine ausgedehnte Konzertreise unternahm und mit bekannten Musikern in Hamburg, Leipzig, Berlin und Dresden Mozartsche Werke aufführte. Die Autorin weist nach, dass es Reisen sind auf den Spuren ihres Mannes, dessen Kontakte Constanze wiederbelebt und deshalb nach Musikern nicht lange suchen muss.

Größere Kapitel widmet die Autorin den 1798 anhebenden Verlagsverhandlungen mit Breitkopf und Härtel mit dem Ziel einer Mozart-Gesamtausgabe und der ersten großen Mozartbiografie ihres späteren Mannes Georg Nikolaus Nissen. Constanze habe in allem, wonach sie kulturell trachtete, ihre Verbündeten gehabt. Freilich auch Gegner. Dass sie noch im hohen Alter sich in die Debatten um das Mozartdenkmal in Salzburg eingemischt hat, lässt darauf schließen, dass sie in Mozart-Sachen nichts ausließ und vor nichts zurückschreckte. Sie hätte ihre Ziele erreicht, sagt die Autorin. Mit ihrer Hilfe sei ihr Ehemann zu einem in "ganz Europa unvergesslichen Mozart" geworden.

Besprochen von Stefan Amzoll

Gesa Finke: Die Komponistenwitwe Constanze Mozart – Musik bewahren und Erinnerung gestalten
Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2013
354 Seiten, 39,90 Euro