„Man sollte nichts unversucht lassen“
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wirbt um Zustimmung für den von FDP und Linkspartei inizierten offenen Gruppenantrag, der auch ohne geschlossenes Votum der Grünen den Untersuchungsausschuss zur BND-Affäre ermöglich soll. Den Grünen warf sie „parteitaktische Überlegungen“ vor, ihre Haltung sei nicht nachzuvollziehen.
Jörg Degenhardt: Ganz schön verwirrend das Ganze. Vielleicht tragen ja die nächsten Minuten zur Aufklärung bei. Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist am Telefon. Einen guten Morgen wünsche ich!
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Guten Morgen!
Degenhardt: Setzen Sie sich denn auch noch mal mit den Grünen an einen Tisch, um über einen Untersuchungsausschuss nachzudenken? Oder ist dieses Thema für sie erledigt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Thema Untersuchungsausschuss ist für uns als FDP nicht erledigt. Aber die Grünen haben ja die Gespräche auch gestern Abend abgesagt, wo es darum ging, gemeinsam über einen Untersuchungsauftrag sich zu besprechen, über den ja Linke und FDP derzeit Einvernehmen erzielt haben. Und was jetzt noch ein Strategiegespräch soll, ohne Untersuchungsausschuss, das allerdings kann ich mir nicht erklären. Da sehe ich keinen großen Sinn drin.
Degenhardt: Heute wollen sie einen Gruppenantrag stellen, gemeinsam mit der Linkspartei, auch ein ungewöhnliches Bündnis. Ist das nicht nur reine Symbolik?
Leutheusser-Schnarrenberger: Nein, das ist doch noch einmal deutlich zu machen, angesichts der Verwirrung durch das für mich nicht verständliche Verhalten der Grünen, dass es hier wirklich den Willen von Abgeordneten der Opposition gibt, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, der wirklich für Aufklärung sorgt. Denn die Bundesregierung hatte sechs, sieben Wochen Zeit, sie hat uns überhaupt nicht aufgeklärt. Von daher glauben wir auch nicht, dass sie uns jetzt in den nächsten Wochen die Aufklärung bringt, die sie bisher verweigert hat. Und deshalb die Aufforderung, diesen Gruppenantrag zu unterschreiben. Denn wenn es 25 Prozent aller Abgeordneten auf dem Antrag gäbe, müsste ja das Parlament den Ausschuss einrichten. Gibt es die nicht, dann kann der Antrag mit Mehrheit abgelehnt werden.
Degenhardt: Das heißt, Sie rechnen mit Abtrünnigen aus anderen Fraktionen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Man sollte nichts unversucht lassen, doch noch an die wirklich zu appellieren, die auch bisher immer gesagt haben, die Verschleppung deutscher Staatsangehöriger, illegale CIA-Flüge, Geheimgefängnisse der CIA, das alles ist so obskur und so im Nebel, das muss aufgeklärt werden. Und vielleicht können sich ja doch unabhängige Abgeordnete dazu durchringen.
Degenhardt: Aber noch mal die Nachfrage, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, macht denn ein solcher Untersuchungsausschuss wirklich noch Sinn? Oder geht es hier nur um eine politische Instrumentalisierung eines Themas? Denn die Bundesregierung, das sagen ja auch die Grünen, hat doch gestern zugesichert, dass sie einen öffentlich zugänglichen Bericht über die Aktivitäten der Geheimdienste erstellen will.
Leutheusser-Schnarrenberger: Also die Bundesregierung hat bisher auf Anfragen der Abgeordneten, und die FDP und auch andere Fraktionen haben diese gestellt, kaum Antworten gegeben. Das ist alles bisher abgelehnt worden, pauschal mit der Begründung, das sei alles geheim, man könne nichts sagen. In den Bundestagsausschüssen sind uns auch unter Geheimhaltung keine Informationen gegeben worden, die Dunkel (sic!) wirklich in diese wichtigen Vorgänge gebracht hätten, die sich ja gerade nicht nur beziehen auf den BND im Irak und in Bagdad. Und warum soll ich jetzt daran glauben, dass die Bundesregierung, die mit aller Macht den Ausschuss verhindern will, weil es natürlich darum geht, Transparenz zu schaffen, warum soll sie denn jetzt mit einmal vom Aufklärungswillen beseelt sein? Die Grünen wollen den Ausschuss nicht. Das ist der eigentliche Punkt, und den kann ich nicht nachvollziehen.
Degenhardt: Haben Sie nicht doch eine Erklärung dafür? Denn schließlich würde dann ja auch über die Rolle zum Beispiel des Grünen-Außenministers möglicherweise diskutiert werden müssen. Insofern ist doch die Haltung der Grünen zwar nicht verständlich aber zumindest nachzuvollziehen.
Leutheusser-Schnarrenberger: Auch das ist für mich nicht nachzuvollziehen, denn die Grünen haben für sich den Anspruch immer erhoben, Bürgerrechtspartei zu sein, die Partei zu sein, die sich eben gerade auch sich dem Parlamentarismus und der Aufklärung verpflichtet fühlt. Und dass man jetzt sich ausschließlich parteitaktischen Überlegungen beugt, das kann ich für die Grünen in der Opposition und nicht in Regierungsverantwortung nicht nachvollziehen.
Degenhardt: War das gestern möglicherweise auch ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus, für den Bundestag, also auch ein Indiz dafür, dass sich auch in der Opposition die Parteien selbst die nächsten sind, und dass man von einer Zusammenarbeit, um die große Koalition zu attackieren, doch nur in Ausnahmefällen sprechen kann?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, das war kein guter Tag für den Parlamentarismus. Denn die Opposition ist anscheinend noch nicht mal so weit, jedenfalls gerade die Grünen nicht, dass man die Instrumente wählt, die eben nun als wenige der Opposition zur Verfügung stehen. Und das ist zum Beispiel eben das Instrument eines Untersuchungsausschusses. Das war wirklich ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus. Und deshalb ist das Verhalten der Grünen für mich nicht nachvollziehbar.
Degenhardt: Und welche Lehren würde die FDP-Fraktion im Bundestag aus diesem schwarzen Tag ziehen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, wir können nur versuchen, wirklich durch öffentliche Debatten, durch klare Fragestellungen alles zu tun, damit die Öffentlichkeit und zwar die breite Öffentlichkeit merkt, was sich da jetzt abspielt und deutlich zu machen, dass hier die Opposition nicht eine Regierung ärgert, weil sie sie ärgern will, sondern dass eine Opposition eine Aufgabe hat, eine Regierung zu kontrollieren, auch wenn das mit Minderheiten ganz schwierig ist. Und daran müssen wir arbeiten.
Degenhardt: Die FDP und die Linkspartei wollen weiterhin einen BND-Untersuchungsausschuss. Am Telefon von Deutschlandradio Kultur war die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Vielen Dank für das Gespräch.
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, bitte schön.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Guten Morgen!
Degenhardt: Setzen Sie sich denn auch noch mal mit den Grünen an einen Tisch, um über einen Untersuchungsausschuss nachzudenken? Oder ist dieses Thema für sie erledigt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Thema Untersuchungsausschuss ist für uns als FDP nicht erledigt. Aber die Grünen haben ja die Gespräche auch gestern Abend abgesagt, wo es darum ging, gemeinsam über einen Untersuchungsauftrag sich zu besprechen, über den ja Linke und FDP derzeit Einvernehmen erzielt haben. Und was jetzt noch ein Strategiegespräch soll, ohne Untersuchungsausschuss, das allerdings kann ich mir nicht erklären. Da sehe ich keinen großen Sinn drin.
Degenhardt: Heute wollen sie einen Gruppenantrag stellen, gemeinsam mit der Linkspartei, auch ein ungewöhnliches Bündnis. Ist das nicht nur reine Symbolik?
Leutheusser-Schnarrenberger: Nein, das ist doch noch einmal deutlich zu machen, angesichts der Verwirrung durch das für mich nicht verständliche Verhalten der Grünen, dass es hier wirklich den Willen von Abgeordneten der Opposition gibt, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, der wirklich für Aufklärung sorgt. Denn die Bundesregierung hatte sechs, sieben Wochen Zeit, sie hat uns überhaupt nicht aufgeklärt. Von daher glauben wir auch nicht, dass sie uns jetzt in den nächsten Wochen die Aufklärung bringt, die sie bisher verweigert hat. Und deshalb die Aufforderung, diesen Gruppenantrag zu unterschreiben. Denn wenn es 25 Prozent aller Abgeordneten auf dem Antrag gäbe, müsste ja das Parlament den Ausschuss einrichten. Gibt es die nicht, dann kann der Antrag mit Mehrheit abgelehnt werden.
Degenhardt: Das heißt, Sie rechnen mit Abtrünnigen aus anderen Fraktionen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Man sollte nichts unversucht lassen, doch noch an die wirklich zu appellieren, die auch bisher immer gesagt haben, die Verschleppung deutscher Staatsangehöriger, illegale CIA-Flüge, Geheimgefängnisse der CIA, das alles ist so obskur und so im Nebel, das muss aufgeklärt werden. Und vielleicht können sich ja doch unabhängige Abgeordnete dazu durchringen.
Degenhardt: Aber noch mal die Nachfrage, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, macht denn ein solcher Untersuchungsausschuss wirklich noch Sinn? Oder geht es hier nur um eine politische Instrumentalisierung eines Themas? Denn die Bundesregierung, das sagen ja auch die Grünen, hat doch gestern zugesichert, dass sie einen öffentlich zugänglichen Bericht über die Aktivitäten der Geheimdienste erstellen will.
Leutheusser-Schnarrenberger: Also die Bundesregierung hat bisher auf Anfragen der Abgeordneten, und die FDP und auch andere Fraktionen haben diese gestellt, kaum Antworten gegeben. Das ist alles bisher abgelehnt worden, pauschal mit der Begründung, das sei alles geheim, man könne nichts sagen. In den Bundestagsausschüssen sind uns auch unter Geheimhaltung keine Informationen gegeben worden, die Dunkel (sic!) wirklich in diese wichtigen Vorgänge gebracht hätten, die sich ja gerade nicht nur beziehen auf den BND im Irak und in Bagdad. Und warum soll ich jetzt daran glauben, dass die Bundesregierung, die mit aller Macht den Ausschuss verhindern will, weil es natürlich darum geht, Transparenz zu schaffen, warum soll sie denn jetzt mit einmal vom Aufklärungswillen beseelt sein? Die Grünen wollen den Ausschuss nicht. Das ist der eigentliche Punkt, und den kann ich nicht nachvollziehen.
Degenhardt: Haben Sie nicht doch eine Erklärung dafür? Denn schließlich würde dann ja auch über die Rolle zum Beispiel des Grünen-Außenministers möglicherweise diskutiert werden müssen. Insofern ist doch die Haltung der Grünen zwar nicht verständlich aber zumindest nachzuvollziehen.
Leutheusser-Schnarrenberger: Auch das ist für mich nicht nachzuvollziehen, denn die Grünen haben für sich den Anspruch immer erhoben, Bürgerrechtspartei zu sein, die Partei zu sein, die sich eben gerade auch sich dem Parlamentarismus und der Aufklärung verpflichtet fühlt. Und dass man jetzt sich ausschließlich parteitaktischen Überlegungen beugt, das kann ich für die Grünen in der Opposition und nicht in Regierungsverantwortung nicht nachvollziehen.
Degenhardt: War das gestern möglicherweise auch ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus, für den Bundestag, also auch ein Indiz dafür, dass sich auch in der Opposition die Parteien selbst die nächsten sind, und dass man von einer Zusammenarbeit, um die große Koalition zu attackieren, doch nur in Ausnahmefällen sprechen kann?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, das war kein guter Tag für den Parlamentarismus. Denn die Opposition ist anscheinend noch nicht mal so weit, jedenfalls gerade die Grünen nicht, dass man die Instrumente wählt, die eben nun als wenige der Opposition zur Verfügung stehen. Und das ist zum Beispiel eben das Instrument eines Untersuchungsausschusses. Das war wirklich ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus. Und deshalb ist das Verhalten der Grünen für mich nicht nachvollziehbar.
Degenhardt: Und welche Lehren würde die FDP-Fraktion im Bundestag aus diesem schwarzen Tag ziehen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, wir können nur versuchen, wirklich durch öffentliche Debatten, durch klare Fragestellungen alles zu tun, damit die Öffentlichkeit und zwar die breite Öffentlichkeit merkt, was sich da jetzt abspielt und deutlich zu machen, dass hier die Opposition nicht eine Regierung ärgert, weil sie sie ärgern will, sondern dass eine Opposition eine Aufgabe hat, eine Regierung zu kontrollieren, auch wenn das mit Minderheiten ganz schwierig ist. Und daran müssen wir arbeiten.
Degenhardt: Die FDP und die Linkspartei wollen weiterhin einen BND-Untersuchungsausschuss. Am Telefon von Deutschlandradio Kultur war die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Vielen Dank für das Gespräch.
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, bitte schön.