Maidan-Protest

Gespannte Ruhe in Kiew

Demonstranten in Kiew
Pro-EU-Demonstranten in Kiew fordern den Rücktritt der ukrainischen Regierung. © Bild: picture alliance / dpa / Sergey Dolzhenko
Von Sabine Adler · 12.12.2013
"Nachts werden Leute gebraucht, deswegen sind wir hier", sagen weit gereiste Demonstranten auf dem Maidan-Platz in Kiew, die dem Protest neuen Zulauf geben. Gespräche mit der Regierung lehnen sie ab.
Premier wie Innenminister beteuerten gestern unisono, den Unabhängigkeitsplatz Maidan im Zentrum von Kiew nicht räumen lassen zu wollen. Allein, die Demonstranten glauben ihnen nicht.
Freiwillige hacken Eis, denn der Maidan ist spiegelglatt, andere schippen Schnee, der als Füllmasse dient für die erst ab- und dann wieder hingeräumten Barrikaden.
Nach dem gestrigen Polizei-Einsatz bekam die Protestbewegung neuen Zulauf, die Bürger halten eine Wiederholung der Razzia für keineswegs ausgeschlossen:
"Das ist möglich und deswegen sind wir 300 Kilometer hierher gefahren. Nachts werden Leute gebraucht, deswegen sind wir hier. Das ist furchtbar, aber einen anderen Weg gibt es nicht."
Das Motto der Euro-Maidan-Bewegung lautet: keine Gewalt. Umso größer die Aufregung in der Nähe eines Stromgenerators:
"Der dort hat eine Eisenstange bei sich gehabt", erklärt ein Mann vom selbstorganisierten Sicherheitsdienst. "Wahrscheinlich ein Provokateur, wir haben ihn festgesetzt, so etwas können wir hier nicht brauchen."
Ebenfalls untauglich war der Versuch des Präsidenten, nun doch noch einen Runden Tisch zu gründen. Einen Tag früher, als die drei Amtsvorgänger den Vorschlag mit ihm diskutierten, blieb er vage, in Richtung Opposition bewegte sich Viktor Janukowitsch gleich gar nicht.
Stattdessen schickte er die Einsatzkommandos. Sein Dialogangebot kommt damit nicht nur zu spät, sondern wird als nicht ernst gemeint empfunden.
Arsenji Jazeniuk erklärte, es gebe keine Gespräche, solange die Bedingungen nicht erfüllt seien: Rücktritt von Regierung und Präsident, Freilassung der politischen Gefangenen. Für Oleg Tjanibok von der Svoboda-Partei ist die Präsidenteneinladung eine Farce und Komödie. Vitali Klitschko erklärte, der Präsident habe gezeigt, was er unter Dialogbereitschaft versteht, jetzt helfe nur noch Druck.
Wie bei der Orangenen Revolution finden parallel zu den Protesten der EU-Befürworter auch Kundgebungen der Janukowitsch-Anhänger statt, die in Kiew ihrem Präsidenten den Rücken stärken und die Stabilisierung der Lage im Land fordern. Sie kommen zum Beispiel aus dem Donezker Gebiet, der Heimat des Staatschefs:
[Mann] "Ich unterstütze den Präsidenten und will nicht, dass die Ukraine gespalten wird, und ich will auch nicht, dass es überall so wird wie auf dem Maidan.“
[Frau] "Der Maidan ist nicht das ganze Volk. Wir sind eine europäische Nation und wir sind hervorragende Freunde: Russland, Weißrussland und die Ukraine."
… sagt eine Frau, die sich mit einer Plastikplane gegen den Schnee schützt.
Auf der Krim wird kolportiert, dass bei einem Sieg der Euro-Befürworter die Halbinsel ihren Autonomiestatus und die russische Sprache verlieren würde.
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