Magnet in Wolfsburg
Ein neuer Publikumsmagnet soll sie werden: "Phaeno - Die Experimentierlandschaft". Auf 9000 Quadratmetern wird hier großen und kleinen Besuchern auf spielerische Weise technisches Wissen vermittelt. Der avantgardistische Bau stammt von Zaha Hadid. Ob er als Magnet die Massen anzieht oder abstößt, muss sich noch zeigen.
Wo direkt neben dem Wolfsburger Bahnhof früher mal ein grüner Hügel ländliche Idylle verhieß, lauert neuerdings ein Ungetüm aus grauem Beton. Phaeno, die naturwissenschaftliche Experimentierlandschaft, ruht auf fünf Säulen, deren ungelenke Form auf den ersten Blick nicht so recht passen will zu dem schnittigen Keil im Obergeschoss. Aber derart verwirrende Dissonanzen gehören für die Architektin Zaha Hadid zum international erfolgreichen Geschäft.
Außerdem muss sich ihr ebenso geducktes wie hoch aufragendes Gebäude in Wolfsburg ganz besonders behaupten: Gegen die durch einen hässlichen Zaun abgetrennten Gleisanlagen, die triste Böschung des Mittellandkanals und am Ende einer Fußgängerzone. Deren Tristesse wird gleich hinter dem Phaeno-Neubau konterkariert von der "Autostadt", der gläsernen Erlebniswelt von VW mit täglich tausenden von Besuchern.
Und um dieses Publikum geht es. Damit auch die Kommune und nicht nur VW von den Besucherströmen profitiert, hat die Stadt fast 80 Millionen in den Auftritt der so genannten Stararchitektin investiert. Dafür lieferte die studierte Mathematikerin, was gemeinhin "Publikumsmagnet" heißt, vom Wolfsburger Oberbürgermeister aber vorsichtshalber als "crowd-puller" bejubelt wird. Denn ein Magnet, das lernt ja jedes Kind im Phaeno, kann auch abstoßen – je nach Polung.
Ob Phaeno die Massen künftig schluckt oder schreckt, muss sich noch erweisen. Denn ein gläserner Gang, durch den jeder Besucher sozusagen automatisch ins Kraftfeld der Experimentierlandschaft geführt worden wäre, wurde aus Kostengründen gestrichen. Stattdessen müssen Passanten nun vorlieb nehmen mit einem blau markierten Weg zwischen den "cones". So heißen konische Säulen, die den Hadid-Bau abstützen – und nach dem Willen der Architektin unter ihrer bedrohlich lastenden Betonplatte Platz schaffen sollen für einen städtischen Raum, für ein Forum des urbanen Dialogs.
Angesichts ihrer weiten Räume mit Tälern und Hügeln, Kratern und Emporen spricht Hadid gar von einer "De-Hierarchisierung". Tatsächlich aber gibt es weiterhin ein Oben und ein Unten, tatsächlich ist die Fallhöhe gewaltig – im Gegensatz zu den manchmal allzu verspielt ausgefallenen oder auch nur dekorativen Wissenschaftsexperimenten: Und damit ist nicht allein eine finanzielle Kalkulation gemeint, die einige hunderttausend Besucher im Jahr zur Voraussetzung hat.
Jene unsichtbaren urbanen Gravitationsfelder und Bewegungsströme, die Hadids Gebäude nicht nur verkörpern, sondern sogar fokussieren soll, separieren eine Ober- von der Unterstadt: Was die Besucherbilanz angeht, rangiert ein architektonisches und kulturelles Highlight wie das bestens bestückte Kunstmuseum unter den Schmuddelkindern.
Da mag die Phaeno-Werbung noch so marktschreierisch posaunen "Ich entdecke!" – die neuen und überraschenden Wege drehen sich im Kreis der synthetischen Erlebniswelt, führen aber nicht ans andere Ende von Wolfsburg. Etwa dorthin, wo auf der grünen Wiese oder in dörflichen Siedlungen die Zahl der Baumärkte und der in Eigenarbeit hochgezogenen Einfamilienhäuser parallel zur Beschäftigungskurve bei VW ansteigt oder abnimmt.
Aber da wirken halt ganz "uncoole" ökonomische Gesetze und demographische Kräfte, die einen wahren Phaenotiker nun wirklich nicht abhalten sollen von seiner Welterkundung für elf Euro – ermäßigt und "mit entsprechendem Ausweis" nur 8,50 Euro, Tiefgarage kostet extra.
Das Gespräch zum Thema mit Wolfgang Guthardt, Direktor des Phaeno, finden Sie in der rechten Spalte als Audio.
Service:
"Phæno - Die Experimentierlandschaft" öffnet am 25. November 2005 für das Publikum.
Außerdem muss sich ihr ebenso geducktes wie hoch aufragendes Gebäude in Wolfsburg ganz besonders behaupten: Gegen die durch einen hässlichen Zaun abgetrennten Gleisanlagen, die triste Böschung des Mittellandkanals und am Ende einer Fußgängerzone. Deren Tristesse wird gleich hinter dem Phaeno-Neubau konterkariert von der "Autostadt", der gläsernen Erlebniswelt von VW mit täglich tausenden von Besuchern.
Und um dieses Publikum geht es. Damit auch die Kommune und nicht nur VW von den Besucherströmen profitiert, hat die Stadt fast 80 Millionen in den Auftritt der so genannten Stararchitektin investiert. Dafür lieferte die studierte Mathematikerin, was gemeinhin "Publikumsmagnet" heißt, vom Wolfsburger Oberbürgermeister aber vorsichtshalber als "crowd-puller" bejubelt wird. Denn ein Magnet, das lernt ja jedes Kind im Phaeno, kann auch abstoßen – je nach Polung.
Ob Phaeno die Massen künftig schluckt oder schreckt, muss sich noch erweisen. Denn ein gläserner Gang, durch den jeder Besucher sozusagen automatisch ins Kraftfeld der Experimentierlandschaft geführt worden wäre, wurde aus Kostengründen gestrichen. Stattdessen müssen Passanten nun vorlieb nehmen mit einem blau markierten Weg zwischen den "cones". So heißen konische Säulen, die den Hadid-Bau abstützen – und nach dem Willen der Architektin unter ihrer bedrohlich lastenden Betonplatte Platz schaffen sollen für einen städtischen Raum, für ein Forum des urbanen Dialogs.
Angesichts ihrer weiten Räume mit Tälern und Hügeln, Kratern und Emporen spricht Hadid gar von einer "De-Hierarchisierung". Tatsächlich aber gibt es weiterhin ein Oben und ein Unten, tatsächlich ist die Fallhöhe gewaltig – im Gegensatz zu den manchmal allzu verspielt ausgefallenen oder auch nur dekorativen Wissenschaftsexperimenten: Und damit ist nicht allein eine finanzielle Kalkulation gemeint, die einige hunderttausend Besucher im Jahr zur Voraussetzung hat.
Jene unsichtbaren urbanen Gravitationsfelder und Bewegungsströme, die Hadids Gebäude nicht nur verkörpern, sondern sogar fokussieren soll, separieren eine Ober- von der Unterstadt: Was die Besucherbilanz angeht, rangiert ein architektonisches und kulturelles Highlight wie das bestens bestückte Kunstmuseum unter den Schmuddelkindern.
Da mag die Phaeno-Werbung noch so marktschreierisch posaunen "Ich entdecke!" – die neuen und überraschenden Wege drehen sich im Kreis der synthetischen Erlebniswelt, führen aber nicht ans andere Ende von Wolfsburg. Etwa dorthin, wo auf der grünen Wiese oder in dörflichen Siedlungen die Zahl der Baumärkte und der in Eigenarbeit hochgezogenen Einfamilienhäuser parallel zur Beschäftigungskurve bei VW ansteigt oder abnimmt.
Aber da wirken halt ganz "uncoole" ökonomische Gesetze und demographische Kräfte, die einen wahren Phaenotiker nun wirklich nicht abhalten sollen von seiner Welterkundung für elf Euro – ermäßigt und "mit entsprechendem Ausweis" nur 8,50 Euro, Tiefgarage kostet extra.
Das Gespräch zum Thema mit Wolfgang Guthardt, Direktor des Phaeno, finden Sie in der rechten Spalte als Audio.
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"Phæno - Die Experimentierlandschaft" öffnet am 25. November 2005 für das Publikum.