Mäzenat und Spezialist für Propaganda

Von Thomas Migge |
Cäsar schaffte es zum "Diktator auf Lebenszeit", sein Adoptivsohn Augustus wurde erster römischer Kaiser. Wie geschickt Augustus vorging, um seine Macht zu festigen und zu sichern, zeigt jetzt eine Ausstellung in den römischen Scuderien des Quirinal.
1937 eröffnete Benito Mussolini, Duce von Italien, feierlich eine große Ausstellung zu Kaiser Augustus. Die Schau stellte den antiken in direkten Bezug zum faschistischen Herrscher: Wie Augustus, so der Tenor der Ausstellung, habe auch Mussolini Ordnung und Wohlstand geschaffen.

Die neue große Historienschau in Rom zur Figur des 63 vor Christus geborenen und 14 nach Christus gestorbenen Großneffen und Haupterben von Gaius Iulius Caesar will keine Bezüge zur aktuellen chaotischen Situation Italiens ziehen – auch wenn nicht wenige politische Kommentatoren angesichts dieser Ausstellungseröffnung meinten, dass das wirtschaftlich, sozial und politisch schwer angeschlagene Italien wieder einen neuen Augustus nötig habe.

Nein, nein, stellt der Direktor der Kapitolinischen Museen, Claudio Parisi Presicce, einer der Kuratoren der Augustus-Schau, gleich klar: Historische Bezüge zwischen gestern und heute gibt es keine. Dafür aber, so Parisi Presicce, ein Hinterleuchten des Mythos-Augustus:

"Wir wollen versuchen, möglichst vielen Besuchern klar zu machen, dass Augustus wie nur sehr wenige antike Politiker die öffentliche Meinung zu dirigieren wusste. Er schuf sich ein Image, aber die Realität hinter diesem Image, die sah anders aus. Wir haben für diese Schau ein echtes Patrimonium an Kulturgütern zusammen gestellt."

Skulpturen, Reliefs, Büsten, Münzen, Wandmalereien aus den Residenzen des ersten römischen Kaisers, die schönsten Stücke eines 30 Kilogramm schweren Silberschatzes, der in einer der Villen des Augustus bei Neapel gefunden wurde, und sogar schmiedeeiserne Einrichtungsgegenstände.

Mit der Machtübernahme des schmächtigen und schüchternen Mannes, den fast alle seine Zeitgenossen vollkommen unterschätzt hatten, kam das römische Reich nicht nur innenpolitisch für Jahrzehnte zur Ruhe. So behandelt eine Sektion der Ausstellung zu Recht das so genannte Augusteische Zeitalter des Friedens und des Wohlstands. Andererseits war diese Epoche auch gekennzeichnet durch große künstlerische Raffinesse und die Schaffung eines Personenkults, den man in der Geschichte bis dato so noch nicht kannte.

Claudio Parisi Presicce: "Sie erfahren in der Ausstellung, wie es Augustus gelang die ikonographische Darstellung des Herrschers, seines Images und seiner Familie im ganzen Reich gleichzuschalten. Jenseits der Augusteischen Propaganda kriselte es in seinem weitläufigen julisch-claudischen Clan. Mit unserer Ausstellung wollen wir Schein und Wirklichkeit gegenüberstellen."

Zu sehen ist unter anderem auch das einzige Relief, das am Friedensaltar fehlt, den sich Kaiser Augustus in Tibernähe errichten ließ – und der in einem wegen seiner Modernität heftig umstrittenen Museum von Richard Meier ausgestellt wird. Dieses Relief wurde aus dem Louvre entliehen. Es zeigt die wichtigsten Frauen der Familie des Augustus: seine Schwester Oktavia und seine Frau Livia während einer Prozession, die den Altar einweiht.

Während diese Familienmitglieder alles andere als einträchtig, wie auf dem Relief wiedergegeben, hinter dem Kaiser standen und seinen strengen Moralvorstellungen genügten, verkündete die staatliche Propaganda qua Kunst das genaue Gegenteil. Die Ausstellung macht deutlich, dass Augustus der erste Herrscher überhaupt war, der Propaganda gezielt zur Idealisierung des Kaisers und seiner Familie einsetzte. Die Künste wurden unter ihm Mittel dieser Propaganda, die, auch das wird in dieser Historienschau deutlich, republikanische Ideale - Männlichkeit, Familie, Treue und Mut – verherrlichten. Kaiserliches Mäzenatentum unter Augustus, erklärt Kurator Claudio Parisi Presicce, diente vor allem diesen Ideale:

"Auch wenn man die einzelnen Ausstellungstücke einfach nur wegen ihrer Schönheit genießen kann, sollte man sich immer vor Augen halten, dass Augustus gerissen war: Er ließ Ideale der römischen Republik verherrlichen, um seine eigene Rolle, die des absoluten Alleinherrschers, geschickt herunterzuspielen. Kunst diente ihm somit zum Hinterslichtführen. Man bekommt hier also einen anderen Blick auf diese Geschichte."