Machtkampf um Stoiber-Nachfolge

Von Barbara Roth · 30.09.2005
Es hätte so schön sein können. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber geht als Wahlsieger in eine schwarz-gelbe Bundesregierung, natürlich als Superminister, natürlich in ein Ministerium, das passgenau auf ihn zugeschnitten ist. Natürlich nimmt er seinen Innenminister Günter Beckstein als Garant einer handfesten Law- und Order-Politik nach Berlin mit. Noch am Wahlabend auf der Wahlparty der CSU in München ruft er als seinen Nachfolger zuhause in Bayern seinen Staatskanzleichef Erwin Huber aus. Das versammelte Parteivolk bejubelt das Dreigestirn begeistert.
Es kam bekanntlich anders. Edmund Stoiber wird – vorgesetzt die Große Koalition kommt zustande – nach Berlin wechseln – nicht weil er will, sondern weil er muss. Die CSU – bislang die drittstärkste – ist künftig die kleinste Partei im Bundestag. Der Parteivorsitzende muss an den Kabinettstisch, um die bundespolitische Bedeutungslosigkeit der CSU zu kompensieren.

Das aber ist nur ein Grund. Stoiber muss auch gehen, weil ihn die Partei über hat. Erstaunlich, aber Fakt. Dem König von Bayern geht das Fußvolk verloren. Stoiber setzte im Wahlkampf zu sehr auf ökonomische Kompetenz, und muss sich nun vorwerfen lassen, er habe sich am sozialpolitischen Profil der CSU versündigt.

Stoiber pflegt einen autoritären Führungsstil. In Bayern wird gemacht, was die Staatskanzlei und die Parteizentrale wollen. Lange inhaltliche Diskussionen an und mit der Basis sind zeitraubend und deshalb unerwünscht. Stoiber gab die Nullverschuldung als politisches Ziel aus. Er legte sich in seiner Sparwut auch mit Oberbürgermeistern und Landräten aus den eigenen Reihen an. Widerspruch oder Kritik duldete er nicht.

Das rächt sich nun – denn mit der Wahlschlappe schwindet auch Stoibers Macht. Sein Kronprinz ist Erwin Huber. Stoiber wünscht sich seinen Staatskanzleichef als Nachfolger. Doch Stoiber kann es nicht mehr wagen, Huber auszurufen. Huber ist der kleine Stoiber. Huber ist sein Stadthalter in der Staatskanzlei, Stoibers Stimme, sein Vollstrecker. Huber ist es, der all die von Stoiber verordneten Kürzungen durchpeitscht. Mit Huber bliebe alles beim Alten, im Freistaat alles wie gehabt.

Doch die Partei hat diesen Stil satt. Näher am Menschen – mit diesem Slogan wirbt die CSU. Näher am Menschen, näher an der Basis dran ist Günter Beckstein. Der Hardliner, das mag erstaunlich klingen, weiß im persönlichen Gespräch zu gewinnen. Die Fraktion schätzt ihn, die Partei liebt ihn – denn er ist zugänglich, offen, bleibt auch mal bei zwei, drei Glas Bier sitzen – allein letzteres macht ihn zum Kontrastprogramm zu Edmund Stoiber.

Die Basis wünscht Seele. Dass Beckstein Protestant und Franke ist könnten sogar die Altbayer – die stärkste Gruppe im Freistaat - verschmerzen. Huber – Niederbayer und Katholisch – wird in diesem Duell wohl den Kürzeren ziehen. Auch weil ihm unterstellt wird, doch nur der verlängerte Arm des im fernen Berlin sitzenden Parteivorsitzenden zu sein.