Macht der Lobbyisten - Ohnmacht der Politiker?
Wer hat in Deutschland das Sagen? Glaubt man einer Leser-Umfrage der Zeitschrift "Stern" vom Mai 2005, sind 76 Prozent überzeugt, dass vor allem Wirtschaftsvertreterbestimmen, was in unsrem Land passiert, erst auf Platz zwei folgen die Politiker mit 53 Prozent.
Welchen Einfluss aber hat die Wirtschaft wirklich auf unsere Politik und damit auf die Gesetze? Und wie verschaffen sich Unternehmen Mitsprache und Mitbestimmung?
Eines der Stichworte in dem Machtgefüge: Lobbyarbeit.
Der Begriff Lobby stand ursprünglich für die Wandelhalle des Parlaments, in der Interessenvertreter die Abgeordneten treffen und sie in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen. Diese Macht der eher unsichtbaren, meist im Hintergrund agierenden Gruppierungen hat sich ungemein verstärkt. Die Zahl der beim Deutschen Bundestag registrierten Verbände hat sich seit dem Regierungsumzug auf knapp 1800 vergrößert. Mit der Registrierung erhalten sie das Recht, bei offiziellen Anhörungen im Gesetzgebungsverfahren beteiligt zu werden. Statistisch kommen auf jeden Volksvertreter in Berlin fast drei Lobbyisten. In der EU-Hauptstadt Brüssel tummeln sich gar an die 15.000 Interessenvertreter. Kritiker warnen, Lobbyisten regierten regelrecht mit, wenn in Brüssel, Straßburg und Luxemburg Gesetze und Regelwerke beschlossen werden.
Zu den Kritikern des undurchsichtigen Lobbygeschäfts gehört der Journalist und Politikwissenschaftler Thomas Leif. Lobbyismus habe sich längst als "stille fünfte Gewalt" etabliert. Der Fernsehreporter kennt die vielfältigen Spielarten der Interessenvertreter, die Grauzonen zwischen Beratung und Beeinflussung: "Kaum ein Rüstungsgeschäft, das ohne lobbyistische Vermittlung abläuft. Bei jeder Entscheidung – von der Besteuerung von Dienstwagen bis zur Privatisierung von Renten – sind im Vorfeld die Betroffenen tätig", heißt es im Vorwort des Buchs "Die stille Macht – Lobbyismus in Deutschland", das er gemeinsam mit Rudolf Speth herausgegeben hat.
Politiker – so Thomas Leif – sind in diesem Gefüge durchaus auf beiden Seiten aktiv:
"Da ist mir immer wieder aufgefallen, dass die Abgeordneten nur selten ihren eigenen Job machen, sondern oftmals im Hintergrund Strippenzieher sind, Lobbyisten." Spitzenpolitiker stehen auf den Gehaltslisten global agierender Firmen. Nicht erst seit dem Fall des CDU-Politikers Hermann Josef Arentz, der 60.000 Euro im Jahr von der RWE Power AG ohne Gegenleistung kassierte, sind derartige Nebenjobs von gewählten Volksvertretern umstritten.
Kontaktnetze sind bei der Lobbyarbeit das wichtigste Kapital. Davon lebt auch der PR-Berater Moritz Hunzinger. Seine Kontaktdatei verfügt über 67.000 Adressen, die von Helmut Kohl über Bill Gates bis Muarmmar-al-Gaddafi reichen sollen. Er vermittelte Kontakte zwischen Wirtschaft und Politik, versorgte Politiker und Parteien mit Spenden. Mit umstrittenen Folgen: Zahlungen an den SPD-Politiker Rudolf Scharping trugen zu dessen Sturz im Jahr 2002 bei. Der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir stolperte über einen Privatkredit des Frankfurter PR-Beraters. "Ich sorge dafür, dass jemand auffällt, verschaffe ihm Gehör und die Möglichkeit, Anliegen oder sich selbst durchzusetzen", erklärt der auch in der eigenen Branche Umstrittene.
2004 hat er sich aus dem aktiven PR-Geschäft zurückgezogen.
Wie viel Einfluss seitens der Industrie und der Verbände darf und muss sein?
Wie viel Macht hat die Wirtschaft auf die Politik?
Läuft bei uns alles "wie geschmiert"?
"Macht der Lobbyisten - Ohnmacht der Politiker?" – darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr gemeinsam mit dem Journalisten Thomas Leif und dem PR-Berater Moritz Hunzinger in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch" bei Deutschlandradio Kultur. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 - 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis: "Die stille Macht – Lobbyismus in Deutschland", Leif, Thomas und Speth, Rudolf. Westdeutscher Verlag 2003.
Eines der Stichworte in dem Machtgefüge: Lobbyarbeit.
Der Begriff Lobby stand ursprünglich für die Wandelhalle des Parlaments, in der Interessenvertreter die Abgeordneten treffen und sie in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen. Diese Macht der eher unsichtbaren, meist im Hintergrund agierenden Gruppierungen hat sich ungemein verstärkt. Die Zahl der beim Deutschen Bundestag registrierten Verbände hat sich seit dem Regierungsumzug auf knapp 1800 vergrößert. Mit der Registrierung erhalten sie das Recht, bei offiziellen Anhörungen im Gesetzgebungsverfahren beteiligt zu werden. Statistisch kommen auf jeden Volksvertreter in Berlin fast drei Lobbyisten. In der EU-Hauptstadt Brüssel tummeln sich gar an die 15.000 Interessenvertreter. Kritiker warnen, Lobbyisten regierten regelrecht mit, wenn in Brüssel, Straßburg und Luxemburg Gesetze und Regelwerke beschlossen werden.
Zu den Kritikern des undurchsichtigen Lobbygeschäfts gehört der Journalist und Politikwissenschaftler Thomas Leif. Lobbyismus habe sich längst als "stille fünfte Gewalt" etabliert. Der Fernsehreporter kennt die vielfältigen Spielarten der Interessenvertreter, die Grauzonen zwischen Beratung und Beeinflussung: "Kaum ein Rüstungsgeschäft, das ohne lobbyistische Vermittlung abläuft. Bei jeder Entscheidung – von der Besteuerung von Dienstwagen bis zur Privatisierung von Renten – sind im Vorfeld die Betroffenen tätig", heißt es im Vorwort des Buchs "Die stille Macht – Lobbyismus in Deutschland", das er gemeinsam mit Rudolf Speth herausgegeben hat.
Politiker – so Thomas Leif – sind in diesem Gefüge durchaus auf beiden Seiten aktiv:
"Da ist mir immer wieder aufgefallen, dass die Abgeordneten nur selten ihren eigenen Job machen, sondern oftmals im Hintergrund Strippenzieher sind, Lobbyisten." Spitzenpolitiker stehen auf den Gehaltslisten global agierender Firmen. Nicht erst seit dem Fall des CDU-Politikers Hermann Josef Arentz, der 60.000 Euro im Jahr von der RWE Power AG ohne Gegenleistung kassierte, sind derartige Nebenjobs von gewählten Volksvertretern umstritten.
Kontaktnetze sind bei der Lobbyarbeit das wichtigste Kapital. Davon lebt auch der PR-Berater Moritz Hunzinger. Seine Kontaktdatei verfügt über 67.000 Adressen, die von Helmut Kohl über Bill Gates bis Muarmmar-al-Gaddafi reichen sollen. Er vermittelte Kontakte zwischen Wirtschaft und Politik, versorgte Politiker und Parteien mit Spenden. Mit umstrittenen Folgen: Zahlungen an den SPD-Politiker Rudolf Scharping trugen zu dessen Sturz im Jahr 2002 bei. Der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir stolperte über einen Privatkredit des Frankfurter PR-Beraters. "Ich sorge dafür, dass jemand auffällt, verschaffe ihm Gehör und die Möglichkeit, Anliegen oder sich selbst durchzusetzen", erklärt der auch in der eigenen Branche Umstrittene.
2004 hat er sich aus dem aktiven PR-Geschäft zurückgezogen.
Wie viel Einfluss seitens der Industrie und der Verbände darf und muss sein?
Wie viel Macht hat die Wirtschaft auf die Politik?
Läuft bei uns alles "wie geschmiert"?
"Macht der Lobbyisten - Ohnmacht der Politiker?" – darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr gemeinsam mit dem Journalisten Thomas Leif und dem PR-Berater Moritz Hunzinger in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch" bei Deutschlandradio Kultur. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 - 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis: "Die stille Macht – Lobbyismus in Deutschland", Leif, Thomas und Speth, Rudolf. Westdeutscher Verlag 2003.