Maas: In Bayern sind "neue Zeiten angebrochen"
Der saarländische SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas hat sich für ein Bündnis aus SPD, Freien Wählern, FDP und Grünen in Bayern ausgesprochen. Man müsse der CSU deutlich machen, dass neue Zeiten angebrochen seien und "dass es zumindest theoretische eine Mehrheit auch gegen die CSU gäbe", sagte Maas.
Leonie March: Das Ende der absoluten Mehrheit für die CSU, dieses Ziel hatten alle Oppositionsparteien gestern bei den Landtagswahlen in Bayern vor Augen. Und SPD-Spitzenkandidat Franz Maget war noch bei der Stimmabgabe zuversichtlich, dass seine Partei das Ergebnis von 19,6 Prozent bei der letzten Landtagswahl verbessern kann. Es wurden nur 18,6 Prozent. Maget freute sich trotzdem, weil die CSU zu drastisch verloren hat und künftig nur mit einem Koalitionspartner regieren kann, wenn nicht sogar die Opposition das Ruder übernimmt, fügte der SPD-Politiker kämpferisch hinzu. Über das Abschneiden seiner Partei spreche ich mit jetzt mit Heiko Maas, er ist Mitglied im SPD-Bundesvorstand und Vorsitzender seiner Partei im Saarland. Guten Morgen Herr Maas!
Heiko Maas: Guten Morgen!
March: Überwiegt auch bei Ihnen die Freude, dass die CSU verloren hat, oder sind Sie besorgt angesichts des schlechtesten Wahlergebnisses der SPD in Bayern?
Maas: Ich muss ehrlich zugeben, der Verlust der absoluten Mehrheit der CSU und das Abstürzen auf 43 Prozent verursacht bei mir dann doch schon Freude, die eindeutig die Überhand nimmt.
March: Nun sind die CSU-Wähler aber ja nicht zur SPD gewechselt, im Gegenteil. Ihre Partei ist sogar noch etwas schwächer als bei der letzten Bayern-Wahl. Gewinner sind Freie Wähler, FDP und Grüne. Das kann Sie doch nicht freuen?
Maas: Nein, das freut uns ganz sicher nicht. Ich hätte Franz Maget auch ein besseres Ergebnis gewünscht. Aber es ist wohl so gewesen, dass sich die Wählerverschiebungen ausschließlich innerhalb des bürgerlichen Lagers vollzogen haben. Die Freien sind da sehr stark geworden. Das ist eigentlich untypisch für die Bundesländer, auch die FDP hat profitiert. Selbst die Grünen haben davon profitiert. Das heißt, die Konkurrenz für die SPD war sehr groß und es ist nicht gelungen, die abgehenden Wähler der CSU zur SPD rüberzuziehen.
March: Warum ist das nicht gelungen?
Maas: Ich glaube, das hat mehrere Gründe. Das hat zum einen spezifisch bayerische Gründe. Die SPD ist in Bayern bedauerlicherweise in den Städten stark. Das sieht man auch in den Kommunalwahlen, aber auf dem Land dafür umso schwächer. Auch organisatorisch ist die SPD dort nicht so gut aufgestellt. Und anscheinend haben die Themen, die die Bayern-SPD gesetzt hat, insbesondere das Thema Bildung, zumindest nie so verfangen, wie man sich das anscheinend erhofft hat.
March: Tut sich Franz Maget jetzt einen Gefallen, wenn er weiter von einer Regierung von SPD, Freien Wählern, Grünen und FDP träumt, auch wenn die FDP ein Bündnis mit der CSU anstrebt?
Maas: Na ja, ich finde schon, dass man deutlich machen sollte, dass es in Bayern, denn das ist ja diese epochale Veränderung, eine Mehrheit gibt, die auch gegen die CSU gebildet werden kann. Denn die Alleinherrschaft, die ja jetzt über lange oder über viele Jahrzehnte in Bayern von der CSU ausgeübt worden ist, die ist nun einmal beendet. Und ich finde, man muss der CSU schon deutlich machen, dass dort neue Zeiten angebrochen sind und dass es eine Mehrheit, eine parlamentarische Mehrheit, zumindest eine theoretische auch gegen die CSU gäbe.
March: Aber kann man bei 18,6 Prozent für die SPD von einem Regierungsauftrag sprechen?
Maas: Na ja, nach all dem, was man hört, scheint es ja relativ schwierig zu sein, insbesondere auch die FDP zu einem solchen Bündnis zu überreden. Dennoch glaube ich, ist das eine Option, die erhalten werden muss. Denn es kann ja niemand ausschließen, dass die Koalitionsgespräche, die die FDP oder wer auch immer mit der CSU führt, scheitern. Und da muss es auch eine parlamentarische Alternative zur CSU als Regierung geben.
March: Und das entspricht dem Wählerwillen?
Maas: Na ja, wenn die anderen nicht in der Lage wären, das in Koalitions- oder Sondierungsgesprächen zustande zu bringen, dann entspricht dem Wählerwillen, dass die Politiker und die Parteien aus dem Ergebnis, dass die Wähler zustande gebracht haben, auch eine Regierung herausbilden können. Und da zählen alle rechnerisch möglichen Optionen.
March: Im Wahlkampf haben ja auch die Auftritte des neuen bundespolitischen Führungsduos der SPD, Müntefering und Steinmeier, das Ergebnis nicht verbessert. Hat Sie das enttäuscht?
Maas: Nein, das habe ich auch nicht erwartet. Denn drei Wochen nach den personellen Veränderungen innerhalb der SPD darauf zu setzen, dass diese schon Landtagswahlergebnisse ganz wesentlich beeinflussen, das ist ganz einfach unrealistisch. Man muss mal sehen, Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier sind ja auf unseren Parteitagen überhaupt nicht noch nicht gewählt worden zu Parteivorsitzenden oder zu Kanzlerkandidaten. Das wird noch dauern. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass in der personellen Aufstellung Ruhe einkehrt in der SPD, die Selbstbeschäftigung hat schon aufgehört, und dass wir uns jetzt mit Themen und den politischen Gegnern außerhalb der SPD beschäftigen.
March: Nun wird der Wahl in Bayern ja durchaus Signalwirkung für die Bundestagswahl im kommenden Jahr zugeschrieben, auch wenn die SPD das angesichts dieses Ergebnisses bestimmt nicht gerne hört, welche Konsequenzen sollte ihre Partei aus dem Wahlergebnis ziehen?
Maas: Na ja, es gibt, glaube ich, ein paar Dinge, die man als Konsequenzen aus diesem Wahlergebnis ziehen sollte. Zum einen hat die CSU mit ihrem Kurs, der ja sehr, sehr kurvig gewesen ist, ich erwähne nur mal das Thema Rauchverbot, nicht unbedingt reüssieren können und nicht unbedingt davon auch profitieren können. Das heißt, Opportunismus und Populismus sind nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg. Und ich glaube, dass die SPD auch das in ihrer Politik weiterhin berücksichtigen muss. Und zum Zweiten, die Union wird sicherlich ein schwieriger Koalitionspartner werden in Berlin. Ich gehe auch davon aus, dass die Union ein stärker wirtschaftsliberales Profil jetzt suchen wird und das schafft auch Profilierungsmöglichkeiten für die SPD, etwa bei den Themen Mindestlöhne, Leiharbeit und vielen anderen Punkten. Deshalb glaube ich, kann die SPD aus der Entwicklung, die sich Berlin ergibt, durchaus auch profitieren.
March: Sie haben gerade gesagt, Sie rechnen damit, dass die Union jetzt ein schwieriger Partner wird. Ist denn die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition nach dieser Wahl in Gefahr?
Maas: Na ja, das muss Frau Merkel jetzt erst einmal beweisen. Sicherlich wird es schwieriger werden, denn ich kann mir vorstellen, dass aus den Bundesländern es jetzt einige geben wird, die nachdenklich geworden sind. Denn man muss ja mal sehen, wenn die CSU in Bayern derartig einstürzt, dann werden sich einige Unionspolitiker, die im nächsten Jahr Landtagswahl haben, auch so ihre Gedanken machen. Ich glaube auch, dass das nur der Auftakt war einer Serie von Wahlniederlagen, die sich im nächsten Jahr fortsetzt. Denn in vielen Bundesländern ist die CDU völlig überbewertet, ist gewählt worden während schwieriger Diskussionen in der SPD oder während der Diskussion um Hartz IV, etwa im Jahr 2004. Und die werden das nächste Jahr alle abstürzen, ähnlich wie die CSU. Das ergibt sich im Übrigen auch aus den Umfragen, die es in diesen Ländern gibt.
March: Und Sie hoffen dann natürlich, dass die SPD davon profitiert, nicht so wie in Bayern?
Maas: Aber selbstverständlich.
March: Heiko Maas, SPD-Vorsitzender im Saarland und Mitglied im SPD-Bundesvorstand. Herzlichen Dank!
Maas: Danke auch.
Das Gespräch mit Heike Maas können Sie bis zum 29. Februar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
Heiko Maas: Guten Morgen!
March: Überwiegt auch bei Ihnen die Freude, dass die CSU verloren hat, oder sind Sie besorgt angesichts des schlechtesten Wahlergebnisses der SPD in Bayern?
Maas: Ich muss ehrlich zugeben, der Verlust der absoluten Mehrheit der CSU und das Abstürzen auf 43 Prozent verursacht bei mir dann doch schon Freude, die eindeutig die Überhand nimmt.
March: Nun sind die CSU-Wähler aber ja nicht zur SPD gewechselt, im Gegenteil. Ihre Partei ist sogar noch etwas schwächer als bei der letzten Bayern-Wahl. Gewinner sind Freie Wähler, FDP und Grüne. Das kann Sie doch nicht freuen?
Maas: Nein, das freut uns ganz sicher nicht. Ich hätte Franz Maget auch ein besseres Ergebnis gewünscht. Aber es ist wohl so gewesen, dass sich die Wählerverschiebungen ausschließlich innerhalb des bürgerlichen Lagers vollzogen haben. Die Freien sind da sehr stark geworden. Das ist eigentlich untypisch für die Bundesländer, auch die FDP hat profitiert. Selbst die Grünen haben davon profitiert. Das heißt, die Konkurrenz für die SPD war sehr groß und es ist nicht gelungen, die abgehenden Wähler der CSU zur SPD rüberzuziehen.
March: Warum ist das nicht gelungen?
Maas: Ich glaube, das hat mehrere Gründe. Das hat zum einen spezifisch bayerische Gründe. Die SPD ist in Bayern bedauerlicherweise in den Städten stark. Das sieht man auch in den Kommunalwahlen, aber auf dem Land dafür umso schwächer. Auch organisatorisch ist die SPD dort nicht so gut aufgestellt. Und anscheinend haben die Themen, die die Bayern-SPD gesetzt hat, insbesondere das Thema Bildung, zumindest nie so verfangen, wie man sich das anscheinend erhofft hat.
March: Tut sich Franz Maget jetzt einen Gefallen, wenn er weiter von einer Regierung von SPD, Freien Wählern, Grünen und FDP träumt, auch wenn die FDP ein Bündnis mit der CSU anstrebt?
Maas: Na ja, ich finde schon, dass man deutlich machen sollte, dass es in Bayern, denn das ist ja diese epochale Veränderung, eine Mehrheit gibt, die auch gegen die CSU gebildet werden kann. Denn die Alleinherrschaft, die ja jetzt über lange oder über viele Jahrzehnte in Bayern von der CSU ausgeübt worden ist, die ist nun einmal beendet. Und ich finde, man muss der CSU schon deutlich machen, dass dort neue Zeiten angebrochen sind und dass es eine Mehrheit, eine parlamentarische Mehrheit, zumindest eine theoretische auch gegen die CSU gäbe.
March: Aber kann man bei 18,6 Prozent für die SPD von einem Regierungsauftrag sprechen?
Maas: Na ja, nach all dem, was man hört, scheint es ja relativ schwierig zu sein, insbesondere auch die FDP zu einem solchen Bündnis zu überreden. Dennoch glaube ich, ist das eine Option, die erhalten werden muss. Denn es kann ja niemand ausschließen, dass die Koalitionsgespräche, die die FDP oder wer auch immer mit der CSU führt, scheitern. Und da muss es auch eine parlamentarische Alternative zur CSU als Regierung geben.
March: Und das entspricht dem Wählerwillen?
Maas: Na ja, wenn die anderen nicht in der Lage wären, das in Koalitions- oder Sondierungsgesprächen zustande zu bringen, dann entspricht dem Wählerwillen, dass die Politiker und die Parteien aus dem Ergebnis, dass die Wähler zustande gebracht haben, auch eine Regierung herausbilden können. Und da zählen alle rechnerisch möglichen Optionen.
March: Im Wahlkampf haben ja auch die Auftritte des neuen bundespolitischen Führungsduos der SPD, Müntefering und Steinmeier, das Ergebnis nicht verbessert. Hat Sie das enttäuscht?
Maas: Nein, das habe ich auch nicht erwartet. Denn drei Wochen nach den personellen Veränderungen innerhalb der SPD darauf zu setzen, dass diese schon Landtagswahlergebnisse ganz wesentlich beeinflussen, das ist ganz einfach unrealistisch. Man muss mal sehen, Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier sind ja auf unseren Parteitagen überhaupt nicht noch nicht gewählt worden zu Parteivorsitzenden oder zu Kanzlerkandidaten. Das wird noch dauern. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass in der personellen Aufstellung Ruhe einkehrt in der SPD, die Selbstbeschäftigung hat schon aufgehört, und dass wir uns jetzt mit Themen und den politischen Gegnern außerhalb der SPD beschäftigen.
March: Nun wird der Wahl in Bayern ja durchaus Signalwirkung für die Bundestagswahl im kommenden Jahr zugeschrieben, auch wenn die SPD das angesichts dieses Ergebnisses bestimmt nicht gerne hört, welche Konsequenzen sollte ihre Partei aus dem Wahlergebnis ziehen?
Maas: Na ja, es gibt, glaube ich, ein paar Dinge, die man als Konsequenzen aus diesem Wahlergebnis ziehen sollte. Zum einen hat die CSU mit ihrem Kurs, der ja sehr, sehr kurvig gewesen ist, ich erwähne nur mal das Thema Rauchverbot, nicht unbedingt reüssieren können und nicht unbedingt davon auch profitieren können. Das heißt, Opportunismus und Populismus sind nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg. Und ich glaube, dass die SPD auch das in ihrer Politik weiterhin berücksichtigen muss. Und zum Zweiten, die Union wird sicherlich ein schwieriger Koalitionspartner werden in Berlin. Ich gehe auch davon aus, dass die Union ein stärker wirtschaftsliberales Profil jetzt suchen wird und das schafft auch Profilierungsmöglichkeiten für die SPD, etwa bei den Themen Mindestlöhne, Leiharbeit und vielen anderen Punkten. Deshalb glaube ich, kann die SPD aus der Entwicklung, die sich Berlin ergibt, durchaus auch profitieren.
March: Sie haben gerade gesagt, Sie rechnen damit, dass die Union jetzt ein schwieriger Partner wird. Ist denn die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition nach dieser Wahl in Gefahr?
Maas: Na ja, das muss Frau Merkel jetzt erst einmal beweisen. Sicherlich wird es schwieriger werden, denn ich kann mir vorstellen, dass aus den Bundesländern es jetzt einige geben wird, die nachdenklich geworden sind. Denn man muss ja mal sehen, wenn die CSU in Bayern derartig einstürzt, dann werden sich einige Unionspolitiker, die im nächsten Jahr Landtagswahl haben, auch so ihre Gedanken machen. Ich glaube auch, dass das nur der Auftakt war einer Serie von Wahlniederlagen, die sich im nächsten Jahr fortsetzt. Denn in vielen Bundesländern ist die CDU völlig überbewertet, ist gewählt worden während schwieriger Diskussionen in der SPD oder während der Diskussion um Hartz IV, etwa im Jahr 2004. Und die werden das nächste Jahr alle abstürzen, ähnlich wie die CSU. Das ergibt sich im Übrigen auch aus den Umfragen, die es in diesen Ländern gibt.
March: Und Sie hoffen dann natürlich, dass die SPD davon profitiert, nicht so wie in Bayern?
Maas: Aber selbstverständlich.
March: Heiko Maas, SPD-Vorsitzender im Saarland und Mitglied im SPD-Bundesvorstand. Herzlichen Dank!
Maas: Danke auch.
Das Gespräch mit Heike Maas können Sie bis zum 29. Februar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio