Lyriksommer - Dichter empfehlen Gedichte (19)

    Monika Rinck: Der Schlichter ist krank

    Eine Statue der Justitia
    Oh weh, der Schlichter ist heut krank. © dpa / picture alliance / David Ebener
    19.08.2016
    Ulf Stolterfoht empfiehlt Monika Rinck, weil es mit dieser Dichterin wieder das politische Gedicht gibt.
    Hört ihr das, so höhnen Honigprotokolle. Ich schlafe noch,
    sie kämpfen schon. Meine Assistenten prügeln aufeinander ein
    mit Bügeln und mit Bürsten. Oh weh, der Schlichter ist heut krank.
    Ich sehe, wie sie ihre Glieder, deren Arbeitskraft ja mir gehört,
    schamarieren, um sich so vergeudet endlich selber zu besitzen.
    Denken sie, die Assistenten. Was für ein Irrtum! Zackbumm,
    das Sprunggelenk, das Nasenbein. Büschel, Schopf und Quaste.
    Oh mein Gott. Wer näht mir das? Wer macht das zu? Wer holt
    und bringt zurück, wer unterstützt, wer transkribiert? Was haben
    Schopf und Erschöpfung miteinander zu tun? Schlagt mir das nach!
    Schluss mit Schlägerei! Wann gehen wir in Druck? Assistenten,
    an die Arbeit! Das Thema ist: "Der Schlichter ist heut krank". Los!
    Gemischte Daktylen, hüpfende Rhythmen, Weltinnenall des Binnenreims.
    Nehmt mich fort und schreibt das auf. Verwirklicht mich an Stellen,
    die ich nicht betreten kann. Und während bald Versöhnung herrscht,
    liegt er noch immer da, der Schlafhund meines tätowierten Assistenten,
    der mir stets der liebste war. Ach. Ich werde keinen je entlassen.
    (Verlag Kookbooks 2012)