Ein unerträglicher Mord mit historischer Wirkung
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Der Lübcke-Prozess hat begonnen. Die Publizistin Ferda Ataman sieht in dem Mord an dem CDU-Politiker einen "Schlüsselmoment" im Umgang mit dem Rechtsextremismus. Dass der NSU-Komplex nicht ähnliche Wirkung entfaltet hat, ist für sie bitter.
Im Prozess um den Mord an Walter Lübcke haben die Verteidiger des Angeklagten Stephan E. schon kurz nach Beginn eine Aussetzung der Verhandlung gefordert. Zudem stellten sie vor dem Frankfurter Oberlandesgericht einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Der Gesundheitsschutz sei wegen der Corona-Pandemie nicht gewährleistet, der Zugang der Öffentlichkeit zum Prozess außerdem stark eingeschränkt, sagte ein Anwalt.
"Besser spät als nie"
Die Bundesanwaltschaft wirft Stephan E. Mord vor, Markus H. soll Beihilfe zum Mord geleistet haben. Der ehemalige Regierungspräsident Lübcke war vor rund einem Jahr mit einem Schuss in den Kopf auf der Terrasse seines Hauses getötet worden. Stephan E. soll zudem 2016 in Lohfelden einen Flüchtling niedergestochen haben, auch deswegen muss er sich vor Gericht verantworten.
Für die Publizistin Ferda Ataman ist der Lübcke-Mord ein "Schlüsselmoment" im Umgang mit dem Rechtsextremismus. Das sei insofern bitter, als dass der NSU-Komplex und die terroristische Mordserie an Einwanderern eine viel größere Reichweite gehabt habe und viel "krasser" gewesen sei, so Ataman. "Dass das jetzt erst passiert, wenn ein weißer, einheimischer CDU-Politiker umgebracht wird, ist ein bisschen spät. Aber natürlich, bei so etwas: Besser spät als nie."
Der Mord an Lübcke sei unerträglich gewesen, sagt Ataman. Es sei nun wichtig, dass viele Augen auf den Prozess gerichtet seien. Dieser sei historisch - Lübcke sei der erste Politiker seit den Nationalsozialisten, der mutmaßlich von Rechtsextremisten umgebracht worden sei. Dann habe es auch noch die Anschläge von Hanau und Halle gegeben: "Das hat viele wachgerüttelt." Inzwischen werde anders über Rechtsextremismus und Rassismus diskutiert, sagt die Publizistin.
Eine Frage des Fokus
Was die Politik noch auf den Weg bringen will, um die Probleme anzugehen, ist noch unklar. Seit Ende Mai gibt es den Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. Doch dieser finde ohne die Beteiligung von Menschen statt, die von Rassismus betroffen seien, kritisiert Ataman. Die Gefahr sei, dass der Fokus im Ausschuss vor allem auf dem Rechtsextremismus liege und nicht auf den alltäglichen rassistischen Einstellungen mit ihren Ausschlussmechanismen. Diese anzugehen sei in einem Einwanderungsland "wahnsinnig wichtig".
(ahe)