Coup im Louvre

Museen machen es den Dieben zu leicht

Vor dem Louvre steht ein Polizist.
Der Kunstraub im Pariser Louvre wirft ein Schlaglicht auf die Sicherheit in Museen. © imago / Maxppp / Delphine Goldsztejn
Materiell und kulturell wertvolle Kunstschätze werden in Museen nur unzureichend geschützt. Das zeigt sich am Beispiel des Kunstraubs aus dem Pariser Louvre erneut. Warum Kriminelle immer öfter Kulturgüter erbeuten.
Dresden, Berlin, Drenthe, Cardiff, Manching und nun Paris: Die Liste der Orte mit spektakulären Kunstdiebstählen in den letzten Monaten und Jahren wird länger. Solche Taten laufen oft nach einem ähnlichen Muster ab, zumal Kriminelle die Museen meist sehr genau auskundschaften und Sicherheitslücken ausnutzen. Der Louvre-„Coup“ sagt einiges über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen für wertvolle Kunst aus.

Was gestohlen wurde und wie der Raub ablief

Der Raub am 19. Oktober 2025 dauerte nur wenige Minuten. Nach bisherigen Angaben soll er von vier Tätern (vermutlich allesamt Männer) ausgeführt worden sein. Zwei von ihnen hatten sich als Bauarbeiter verkleidet. Es waren Unbekannte, die sich aber offenbar sehr gut vorbereitet haben. Die Fahndung nach den flüchtigen Tätern läuft.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft parkten die Täter einen Lkw mit einer Hebebühne neben dem Museum. Während zwei von ihnen auf Motorrollern an der Straße warteten, gelangten die anderen beiden mit der Hebebühne auf einen Balkon im ersten Stock und von dort durch ein Fenster in das Museum.
Die Diebe brachen zwei Vitrinen auf, nahmen acht kostbare Schmuckstücke früherer Königinnen und Kaiserinnen an sich - darunter mit Edelsteinen übersäte Diademe, Halsketten, Ohrringe und Broschen. Anschließend entkamen sie mit ihrer Beute.
Die Täter sollen bei der Tat Handschuhe, Werkzeuge und ein Funkgerät am Tatort zurückgelassen haben. Auch eine Warnweste soll gefunden worden sein.

So wertvoll waren die gestohlenen Kunstschätze

Zu dem aus dem Louvre entwendeten Diebesgut zählen ein Diadem der Kaiserin Eugénie mit fast 2.000 Diamanten und eine Kette mit 32 Smaragden und 1.138 Diamanten, die Marie-Louise, der zweiten Ehefrau von Napoleon Bonaparte gehörte. Ursprünglich hatten die Diebe auch die Krone von Kaiserin Eugénie, der Ehefrau von Napoleon III., gestohlen. Diese verloren sie jedoch auf der Flucht.
Neben dem reinen Materialwert von Edelsteinen, Silber und Gold in Karat, Gramm oder Kilo sind die gestohlenen Gegenstände vor allem kunsthistorisch von hohem Wert. Es geht auch um den Identitätswert der Kunstwerke für die französische Nation.
„Es sind kostbarste Schmuckstücke, insbesondere der Kaiserin und Frauen aus dem Umfeld von Napoleon Bonaparte“, sagt Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes in Dresden, das 2019 selbst zum Tatort eines Einbruchs wurde.
Es handele sich um Teile des Kronschatzes und damit um Teile des Staatsschatzes in Frankreich. Die Schmuckstücke – laut Winzeler von „auserlesener Qualität“ – „repräsentieren in besonderer Weise die französische Geschichte“. Neben der historischen Bedeutung stellten sie eben auch „hochwertige Kunstwerke der Juwelierkunst des 19. Jahrhunderts dar“.

Was mit den gestohlenen Gegenständen passieren könnte

Es sind immer wieder Edelsteine und Edelmetalle, die aus Museen gestohlen werden. Goldene Kunstwerke werden meist eingeschmolzen, um die dann nicht wieder zu erkennenden Goldplättchen bei Händlern zu verkaufen – ein lukratives Geschäft angesichts hoher Goldpreise. Manchmal versuchen Kriminelle aber auch, durch das Angebot, gestohlene Kunstwerke zurückzugeben, Geld zu erpressen.
Ein Beispiel dafür, was mit gestohlener Kunst passiert, ist der Goldschatz aus dem Kelten-Römer-Museum im bayerischen Manching im Jahr 2022. Ein Teil der Beute, 70 Goldmünzen, die zu 18 Goldklumpen eingeschmolzen worden waren, konnte später sichergestellt werden. Der Verbleib des restlichen Schatzes mit über 480 Goldmünzen blieb ungeklärt. Der Wert des gestohlenen Goldes wurde auf mindestens 1,5 Millionen Euro geschätzt. Der historische Wert ist hingegen unschätzbar.

Große Sicherheitslücken in Museen

Zum Teil ist es offenbar relativ einfach, in große Museen einzusteigen . In Paris wurde zum Beispiel nach der jüngsten Tat bekannt, dass die meisten Räume im Louvre keine Überwachungskameras haben. Es gab keine Gitter vor den Fenstern – obwohl aus Studien bekannt ist, dass vergitterte Fenster eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter haben.
Es gibt auf dem Markt technische Sicherheitsanlagen wie sogenannte Infrarot-Vorhänge vor Fenstern. Das Problem: Solche Technik kann sich kaum ein Museum leisten. Es fehlt also an Geld bei wichtigen Kulturinstitutionen.

Vorwarnungen und Missstände im Louvre

In Paris hatten die Gewerkschaften vor einigen Monaten zudem mit einem Streik auf die schlechte Personallage im Louvre hingewiesen. Auch die Bezahlung des Sicherheitspersonals ist schlecht, was dazu führen kann, dass Schmiergelder für sogenannte Inside Jobs gezahlt werden. Es ist dokumentiert, dass in der Vergangenheit Menschen, die in Museen arbeiten, Tipps an Kriminelle gegeben haben.
Selbst die Präsidentin des Louvre, Laurence des Cars, hatte im vergangenen Jahr Alarm geschlagen. Sie bezeichnete den Zustand ihres Museums als desolat. Die Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet. Präsident Emmanuel Macron bewilligte dann Staatsgelder für die Sanierung – doch die haben bisher nicht angefangen.
Auch Frankreichs Rechnungshof prangerte laut Medienberichten Verzögerungen bei der Anpassung der technischen Anlagen im Louvre an die geltenden Normen an. Der Louvre beherbergt rund 35.000 Kunstwerke auf 73.000 Quadratmetern.

Was die Sicherheitsbehörden gegen Kunstdiebstähle tun

Polizei und Sicherheitsbehörden reagieren international mit vernetzten Datenbanken. Wenn heute in München, London oder Paris ein Kunstwerk gestohlen wird, dann ist das innerhalb von Minuten auf der ganzen Welt bekannt – unter anderem auch an Flughäfen.
Die kritische Frage ist eher, wie die Polizeibehörden in den einzelnen Staaten aufgestellt ist. In Deutschland gibt es zwar ein Kunstdezernat beim Bundeskriminalamt und auch in einigen Bundesländern, aber zum Beispiel im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist für Kunstraub dasselbe Dezernat zuständig, das sich sonst um geklaute Autos oder gestohlenene Einrichtungsgegenstände kümmert. Angesichts steigender Kriminalitätsraten im Bereich Kunst stellt sich die Frage, ob die Polizei da auch personell noch hinterherkommt.
Die Aufklärungsquote bei Kunstdiebstählen lag laut Bundeskriminalamt 2024 in Deutschland bei rund 33 Prozent. Das war zwar ein Anstieg gegenüber den Vorjahren, doch blieb insgesamt hinter dem Durchschnitt aller Straftaten. Hier betrug die Aufklärungsquote 58 Prozent.

tei, mit Material von AFP, dpa und KNA
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