Lortzings "Wildschütz" in Kassel

Wilderer wildern wollüstig

Ein aus Schatten dargestellter Wald wird von etlichen Jägerschatten mit gezückten Waffen durchschritten.
Jägerschar im Wald in der Premier von Lortzings "Der Wildschütz" am Staatstheater Kassel © Staatstheater Kassel / N. Klinger
Moderation: Stefan Lang · 25.05.2019
Lortzings Musik steckt mit seiner Leichtigkeit an. Am Ende der Ouvertüre ertönt ein Schuss: der Start für einen Verwechslungs- und Verkleidungsreigen, der kaum turbulenter sein könnte. Biedermann und Adelsklasse werden tüchtig aufs Korn genommen.
Die einen lieben den frischen, herrlich gesanglichen Lortzing-Ton, andere sehen ihn als den Tonsetzer im Ohrensessel, als Spitzweg des Notenblatts. Ein Bild, das dem Komponisten überhaupt nicht gerecht wird. Denn er war in vielen seiner Stücke alles andere als nett, und schon gar nicht zur Obrigkeit. Seine satirischen Stücke wurden von der Zensur streng beäugt, schnell vom Spielplan gestoßen und daher auch zu einem Teil vergessen.

Bühnenmensch Lortzing

Lortzing war auch nicht nur Komponist. Er war selbst Schauspieler und Sänger, Theaterdirektor mit großem Organisations-Talent. Wenn er Bühnenwerke schrieb, dann hatte er immer ein Ensemble vor Augen, das Lust am Spiel und am Gesang zu gleichen Teilen in sich trug.
Das Ensemble des Staatstheaters Kassel steht in ländlicher Kleidung auf der Bühne.
Am Ende findet das Happy End für alle statt.© Staatstheater Kassel / N. Klinger
Und er schrieb die Texte selbst. Auch das war keine Selbstverständlichkeit in der deutschen Musiktheaterlandschaft seiner Zeit.

Siegeszug der Singspieloper

Überhaupt dominierte damals eher das italienische oder französische Genre auf den Bühnen. Und so wurde Lortzing auch dafür gefeiert, dass er deutsche Texte auf der großen Bühne etablierte. Das galt dem Publikum wie ein Befreiungsschlag, das sich vielerorts den höfisch protegierten Aufführungen in anderen Sprachen zu beugen hatte. Die Spieloper erlebte mit Lortzing einen Siegeszug.

Das doppelte Gretchen

Aktion auf der Bühne wird auch im "Wildschütz" geboten. Es geht um die Liebe, die Verkleidung - gekungelt wird, solange die Masken halten.
Der Dorfschullehrer Baculus feiert seine Verlobung mit dem blutjungen Gretchen. Zur Feier hat er geladen und dafür wohl gewildert, was die Jäger des Grafen auf den Plan rufen. Sie beschuldigen den jungen Mann. So verliert er seine Stellung und damit auch die Möglichkeit, recht bald zu heiraten - so will es der Graf Eberbach, der sogleich begehrliche Blicke auf Gretchen wirft.
Der Schulmeister hält einen Brief mit zerbrochenem Sigel in der Hand: sein Entlassungsschreiben.
Der Schulmeister Baculus (Yorck Felix Speer) wird vom Dienst suspendiert (umringt von Mitgliedern des Opernchores)© Staatstheater Kassel / N. Klinger
Doch mit der Jägerschar kommt auch Rettung, denn in den Reihen gibt es eine als Student getarnte Baronin, die helfen kann - auch mit ihrer Gabe, sich geschickt zu verkleiden. Aus ihr wird Gretchen Nr. 2, das die Werbungen des Grafen und anderer Herren verwirrend lanciert.
Eine ländlich gekleidete junge Frau wird von zwei Herren im Hintergrund hofiert.
Gretchen zwei, eigentlich die Baronin Freimann (Jaclyn Bermude) mit zwei Verehrern, links der Baron Kronthal (Daniel Jenz) und rechts der Graf von Eberbach (Daniel Holhauser).© Staatstheater Kassel / N. Klinger
Schließlich wird ihre Brautschaft für 5000 Taler verkauft, und sie landet glücklich in anderen Adelsarmen - Gretchen Nr. 1 bleibt zum Glück unbehelligt. Und der Vorwurf des Wilderns wird schließlich fallen gelassen: Der erlegte Bock ist nur ein Esel aus dem Dorf.
(cdr)
Übertragung der Premiere live aus dem Staatstheater Kassel
Albert Lortzing
"Der Wildschütz", Komische Oper in drei Aufzügen
Libretto: Albert Lortzing

Graf von Eberbach - Daniel Holzhauser, Bariton
Die Gräfin, seine Gemahlin - Inna Kalinina, Alt
Baron Kronthal - Daniel Jenz, Tenor
Baronin Freimann - Jaclyn Bermudez, Sopran
Baculus, Schulmeister - Yorck Felix Speer, Bass
Gretchen, seine Braut - Karola Sophia Schmidt, Sopran
Pancratius, Haushofmeister - Bernhard Modes, Bariton
Nanette, Kammermädchen - Marta Herman, Mezzosopran

Cantamus
Chor und Orchester des Staatstheaters Kassel
Leitung: Alexander Hannemann

Die Gespräche in der Pause mit Sängerinnen und Sängern und anderen
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