Loriot

Eine hingebungsvolle Huldigung

Von Edelgard Abenstein |
Er arbeitete seit den 70er Jahren mit Loriot zusammen und erzählt mit großer Liebe zum Detail von einem großen Deutschen: Stefan Lukschy hat weit mehr als eine Loriot-Biografie vorgelegt.
"Früher war mehr Lametta", "Die Nudel", "Das Bild hängt schief" - Loriots Sketche gehören seit langem zum Kulturgut der Deutschen. Vermutlich ist Vicco von Bülow alias Loriot, der im November 90 Jahre alt geworden wäre, der populärste deutsche Humorist aller Zeiten. Keiner hatte einen so traumsicheren Blick für Alltagskomik, kein anderer verstand Tragik und Witz so gekonnt ineinander zu verstricken wie er. Und niemandem sonst gelang es, seinen Namen selbst zum Genre zu machen, wenn es bis heute in absurden, bizarren Alltagssituationen heißt: "Wie bei Loriot".
Der Drehbuchautor und Regisseur Stefan Lukschy war von 1975 an – damals noch Student an der Filmhochschule in Berlin – Regieassistent bei Loriot und hat dessen Arbeiten fürs Fernsehen dauerhaft begleitet. Daraus entwickelte sich eine langjährige Freundschaft, getragen auch von der gemeinsamen Leidenschaft für die Musik, für Wagner und für Möpse. Er erzählt von der langjährigen Zusammenarbeit im Studio, von unerbittlichen Regieanweisungen eines "äußerst leisen Diktators" und dass die scheinbare Leichtigkeit seiner Possen auf einem Höchstmaß an Vorbereitung, an geradezu an pedantischer Präzision beruhten. Unmittelbar nachvollziehbar wird so Loriots Credo, dass Komik nur dann entsteht, wenn der Zufall ausgeschaltet ist.
Mit diebischer Freude Scherze eingebaut
Ausführlich wird beschrieben, wie komisch Loriot auch im privaten Gespräch war und wie der brillante Analytiker der Fehlkommunikation bewusst Dialoge kompliziert gestaltete, um sich anzuregen. Auch das heillose Lampenfieber des großen Meisters der Hochkomik wird enthüllt – und dass der große Musikkenner, der keine Noten lesen konnte, mit diebischer Freude kritikerverstörende Scherze etwa in seine Opernproduktion der "Martha" einbaute.
Der Autor schildert Reisen nach Ostberlin, nach Italien und nach Bayreuth, berichtet von lustigen Arbeitsaufenthalten am Starnbergersee und von Loriots Spaß am Einsatz von Youtube und einer App, die seine Sketche Smartphone-tauglich machte. Man begegnet aber auch einem Vicco von Bülow, der sich an seine Kindheit in Brandenburg erinnert, an die Stechschrittparaden Unter den Linden, an seine Flucht vor den Russen bei Kriegsende.
Private Vertrautheit, ohne jegliche Indeskretionen
Lukschy erzählt mit großer Liebe zum Detail, zur griffigen Anekdote, zum pointierten Witz. Ab und zu befragt er sein Tagebuch – und glühende Loriot-Verehrer wie Max Raabe, Peter Raue, Otto Sander, Patrick Süskind oder Helmut Schmidt. Mehr als ein braver Eckermann streicht er gelegentlich seine Rolle als rechte Hand, als technisch versierter Sparring-Partner bei den Dreharbeiten heraus. Und immer wieder kommt seine Rolle als "Feuerwehrmann", als Freund der gesamten Bülowschen Familie ins Spiel. Man merkt die private Vertrautheit des Autors, ohne dass er je in Indiskretionen verfiele.
Dieses Buch über Loriot ist keine Biographie im streng-distanzierten Sinne. Es ist eine hingebungsvolle Huldigung an das unnachahmliche Talent eines Mannes, der sehr genau wusste, was er wollte, als er den angeblich humorlosen Deutschen beibrachte, über sich selbst zu lachen. Eine Fähigkeit, die uns "Der Glückliche, der keine Hunde schlägt" süffig und damit umso nachhaltiger in Erinnerung ruft.

Stefan Lukschy: Der Glückliche schlägt keine Hunde. Ein Loriot-Porträt
Aufbau-Verlag, Berlin 2013
345 Seiten, 19,99 EUR