Lohme auf Rügen

Bürgermeister kämpft für ein zweites Sylt

Der Bürgermeister der Gemeinde Lohme auf Rügen, Matthias Ogilvie: Er und seine Mitstreiter wollen einen Investor im Ort ein Hotel mit "Medical Spa" bauen lassen. Außerdem Appartements, Wohnhäuser und ein Kurpark. Rund 500 neue Betten sollen entstehen.
Der Bürgermeister der Gemeinde Lohme auf Rügen, Matthias Ogilvie: Er und seine Mitstreiter wollen einen Investor im Ort ein Hotel mit "Medical Spa" bauen lassen. Außerdem Appartements, Wohnhäuser und ein Kurpark. Rund 500 neue Betten sollen entstehen. © picture alliance / dpa / Stefan Sauer
Von Michael Frantzen · 23.02.2017
Ein großartiger Blick von der Steilküste - der lässt sich doch vermarkten! In dem hoch verschuldeten Dorf Lohme auf Rügen tobt der Streit um ein neues Wellness-Zentrum, das Touristen in Massen anlocken soll. Wird sich der Bürgermeister aus dem Westen durchsetzen können?
Donnerstagabend. Der Gemeindesaal des Rügener Fischerdörfchens. Es ist voll - ziemlich voll. Bürgermeister Matthias Ogilvie scannt die Reihen. Natürlich sind seine Gegner wieder da. Der Bürgermeister würdigt sie keines Blickes. Für den Mann mit den schottischen Wurzeln steht heute einiges auf dem Spiel. Schließlich geht es bei der Gemeinderatssitzung um die Zukunft seines Ortes Lohme.
"Das ist einer der touristischen Hotspots Deutschlands, Europas und der Welt. Weltnaturerbe. Nationalpark Jasmund. Buchenwälder. Kreideküste dazu."
Ogilvie hat Großes vor mit dem "touristischen Hotspot". Oben, auf dem gut 23 Hektar großen, verlassenen Areal der Küstenfunkstelle Rügen Radio, will er möglichst bald ein Retortendorf errichten lassen.

Ein Investor will 20 Millionen euro in die Hand nehmen

Der Investor steht schon in den Startlöchern. Zwanzig Millionen Euro will der Unternehmer aus Bayern investieren: In Golfvillen, Ferienhäusern und – als I-Tüpfelchen – in ein sogenanntes 'Medical-Wellness-Hotel' mit 500 Betten.
"Wir kämpfen natürlich mit Sylt. Und auch mit Mallorca und Sardinien und anderen Stellen auf der Welt um die Klientel, die sich das leisten kann. Das sind nicht so viele. Wir können zum Beispiel vom Jugendherbergs-Tourismus nicht leben."
"Wir finden das einfach nur noch irre", kontert Guido Hoenig, der Sprecher der Bürgerinitiative Bewahrt Lohme.
Er ist früh gekommen zur Gemeinderatssitzung, um einen guten Platz im Zuschauerbereich zu ergattern. Möglichst weit vorne. Möglichst nah bei Ogilvie, seinem Intimfeind. Wenn es nach dem gelernten Juristen Hoenig geht, dann sollen der Bürgermeister und die sechs anderen Gemeindevertreter heute grünes Licht für einen Bürgerentscheid über das Neubau-Projekt geben.
Unmerklich zieht Hoenig die Augenbraue hoch. Ihm schwant nichts Gutes. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Ogilvie ihn auflaufen ließe.
Hoenig: "Man muss dazu sagen: Die Gemeinde Lohme ist eine der am höchsten verschuldeten Gemeinden Mecklenburg-Vorpommerns. Sie taucht jedes Jahr im Bericht des Rechnungshofes auf."
Hoenig hat es nicht weit gehabt bis zum "Haus Linde", wo der Gemeinderat tagt. Sein etwas in die Jahre gekommenes "Hotel Ostseegarten" liegt keine fünfhundert Meter entfernt, nur einmal den Hang runter, an der Steilküste.
Eine Mitstreiterin von Guido Hoenig ist Susanne Monz: "Bei mir hören Sie Österreich. Ich bin 'ne Wienerin."
Vor zehn Jahren hat die Frau, der man ihre Anfang 60 nicht ansieht, zusammen mit ihrem Mann in Lohme ein Haus gekauft. Oben, am Teufelsberg. Keine fünfzig Meter entfernt liegt das Telekom-Grundstück, auf dem Ogilvie seinen Wellness-Palast errichten will. Noch herrscht hier Idylle. Monz schließt für ein paar Sekunden die Augen. Sie kann gar nicht genug bekommen von der Ruhe, dem leisen Rauschen der Ostseewellen – davon, dass die Rehe in ihrem Garten äsen.
Monz hat sich an diesem sternenklaren Abend in den Wintergarten von Hoenigs Hotel gesetzt. Im Sommer genießen die Gäste beim Frühstück den herrlichen Ausblick, jetzt aber - in der Nebensaison - tut sich hier nichts. Die gebürtige Wienerin verdreht die Augen, ehe sie anfängt zu lachen. Stimmt nämlich nicht ganz. Schließlich ist der Wintergarten so etwas wie die Kommandozentrale der Bürgerinitiative.
Die Mitglieder der Bürgerinitiative "Lohme bewahren", Susanne Monz und Jörg Burwitz, zeigen vor den Antennenträger der einstigen Sendestelle der Küstenfunkstelle "Rügen Radio" in Lohme den Bebauungsplan für die Immobilie.
Die Mitglieder der Bürgerinitiative "Lohme bewahren", Susanne Monz und Jörg Burwitz, zeigen vor den Antennenträger der einstigen Sendestelle der Küstenfunkstelle "Rügen Radio" in Lohme den Bebauungsplan für die Immobilie. © picture alliance / dpa / Stefan Sauer

"Hier wird durch ein Reißbrett-Projekt der Ort auf einen Schlag verdoppelt"

Sie springt auf. Da drüben – auf dem Tisch an der Wand – das ganze Infomaterial: Die Postkarten, Broschüren und Fachbücher: Es ist einiges zusammen gekommen, seit sich die Initiative vor mehr als einem Jahr gegründet hat. Sie blättert in einem Buch über modernen Städtebau. Stadtplanung: Das ist IHR Thema. Bevor sie vor drei Jahren in Rente ging, arbeitete sie in Wien als Stadtplanerin.
"Bei einem gewachsenen Ortsteil wächst es nach außen hin. Langsam auf den Freiflächen. Aber hier wird wirklich durch ein Reißbrett-Projekt der Ort auf einen Schlag verdoppelt. Und was das mit dem Zentrum von Lohme macht, kann meiner Meinung nach niemand vorhersehen."
Gedankenversunken schaut Monz aus dem Fenster. Es ist Vollmond. Wie durch einen Schleier zeichnen sich die Wellen ab. So wie es ist, soll es bleiben. Finden auch mehr als 8300 Leute, die im Internet die Unterschriftenliste der Bürgerinitiative unterschrieben haben. Die Wahl-Lohmerin reißt die Augen auf: 8300 – aus der ganzen Republik - das ist doch eine Zahl. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass unter den Unterzeichnern auch 270 Bewohner Lohmes sind, zwei Drittel aller Stimmberechtigten.
"Man verkauft es uns als Medical Wellness. Es ist ein simples Wellness-Hotel. Wovon wir reichlich haben. Im Vier-Sterne-Bereich - reichlich. Wir haben ganz in der Nähe Neddesitz. Wo wir dieselbe Infrastruktur vorfinden: Saunen und ein Riesen-Schwimmbad. Das kämpft immer wieder ums Überleben. Wechsel von Besitzern, die es wieder probieren."
Neulich ist Frau Monz dem Bürgermeister Ogilvie über den Weg gelaufen. In einem winzigen Flecken wie Lohme lässt sich das kaum vermeiden. Sie lächelt: War eigentlich ganz okay.
"Ich muss sagen: Ich schätze ihn sehr. Weil: Er ist ein Fan der Romantiker. Ich auch. Wir sind verwandte Seelen in dem Bereich."
Ogilvie: "Die Romantiker waren alle hier. Im 19. Jahrhundert. Die Dichter, Denker, Schreiber. Schleiermacher. Tieck. (…) Ich hab die Aufklärer gelesen. Und Voltaire sagte: 'Und sei gewarnt: Selbst auf dem Sterbebett darfst du den Degen nicht aus der Hand legen.' Das is auch Poesie. Die Poesie soll lebenstüchtig machen. Deshalb Goethe: Hammer oder Amboss sein."
Für Ogilvie war früh klar, dass er niemals Amboss sein würde, sondern immer Hammer. So hält er es heute noch. Unter allen Umständen.
Von nichts kommt nichts: Von zwölf bis halb drei dreht Ogilvie auf dem Parkplatz des Königsstuhls, des berühmtesten Felsens auf Rügen, seine Runden. Bei Wind und Wetter. Um potenzielle Kunden in sein nahe gelegenes Hotel-Restaurant zu locken.
Ogilvie: "Das geht nur durch Nahkampf-Marketing."
Restaurant "Daheim in Lohme" mit Protestplakat der Bürgerinitiative "Bewahrt Lohme"
Restaurant "Daheim in Lohme" mit Protestplakat der Bürgerinitiative "Bewahrt Lohme"© Deutschlandradio / M. Frantzen

"Wenn wir nichts tun, werden wir schlichtweg aussterben"

Däumchen drehen, hoffen, dass alles schon gut wird: Für jemanden wie Ogilvie ist das keine Option. Allein schon aus demografischen Gründen.
"Wir haben von 1989 bis heute schon mehr als ein Drittel der Einwohner verloren. Von 721 auf 450. Und davon 150 älter als 60. Die meisten schon älter als 75. Wenn wir nichts tun, werden wir schlichtweg aussterben. Wir werden bald kein Geld mehr haben, denn wenn keine Einwohner da sind, kriegen Sie keine Schlüsselzuweisungen. Sie haben aber trotzdem Ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Das heißt, es gibt einfach ganz massive Bedürfnisse. Und dann müssen wir vor allem Einwohner kriegen. Dafür brauchen wir Arbeitsplätze. Und zwar auskömmlich bezahlte, ganzjährige Arbeitsplätze. Und die findet man im Tourismus nur im Gesundheitstourismus."
Ogilvie stöhnt leise. Als er im Juli 1991 die Schlüssel für seine Herberge bekam, hatte das Traditionshotel, - von dem Theodor Fontane schwärmte, der Blick, den man von hier habe, erinnere ihn an die Amalfi-Küste Italiens -, seine beste Zeit schon hinter sich. Nach dem Zweiten Weltkrieg betrieb die sowjetische Armee hier kurzzeitig ein Bordell, der DDR-Gewerkschaftsbund danach lange ein Ferienheim. Dann kam die Wende und damit das Aus und irgendwann Ogilvie, der Bundi. Bundi steht für: Bundesdeutscher. So nannten die Einheimischen Wessis, die in den neuen Bundesländern ihr Glück suchten.
"Ich selbst bin in die Gemeinde reingekommen und hatte immer den Eindruck, dass ich störe. Weil ich plötzlich hier die wichtigste Person wurde. Vom Hotel, vom Arbeitgeber her. Und dann auch noch in der Gemeinde. In der öffentlichen Wahrnehmung. Und es gefällt nicht allen."
Ein bisschen mehr Dank hätte sich Ogilvie schon erwartet. Die Sache mit dem Hangrutsch etwa vor neun Jahren: Der halbe Ort sollte geräumt werden. Wer aber sorgte dafür, dass der Hang mit Geld aus Schwerin, der Hauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, stabilisiert wurde? Na, wer wohl? Doch nicht etwa Burwitz, sein Vorgänger! Sondern er natürlich. Und jetzt das.
"Wenn meine Gäste, die das Restaurant der Familie Burwitz reich gemacht haben, wenn die dann in dem Restaurant genötigt werden, Unterschriften gegen mich zu leisten und dann zu mir kommen und mich in Gespräche verwickeln. Ja, dann ist das schon hässlich."
Es sind hektische Tage für Jörg Burwitz. Ständig ist etwas: Klingelt das Telefon in seiner Gaststätte "Daheim in Lohme". Ständig will irgendein Mitstreiter vom Gründer der Bürgerinitiative wissen, was für neue Aktionen anstehen. Oder ob noch Protest-Plakate da sind, die vorm "Massentourismus" warnen.
Ogilvie ruft nie an. Er und Ogilvie sprechen schon seit längerem nicht mehr miteinander, sondern nur noch übereinander.
Burwitz: "Das schmerzt schon. Zumal jetzt bildlich gesprochen doch 'nen Riss durch die Kommune geht. Dieser Riss ist eigentlich entstanden, weil man ganz einfach 'ne sachliche Auseinandersetzung gar nicht zulässt. Wir haben so viele Kompromisse angeboten, so viel Gesprächsbereitschaft angeboten, haben den Gemeinderat eingeladen und wollten unsere Position darlegen und sagen: Komm, lass uns gemeinsam hier 'ne Lösung finden. Das wird überhaupt nicht akzeptiert."

Die Hipness, die Schönen und die Reichen

So ganz kann es der stille Insulaner immer noch nicht fassen. Dass Ogilvie und seine Leute im Gemeinderat das Ding mit dem Medical-Wellness-Hotel einfach auf Biegen und Brechen durchsetzen – und aus seinem Heimatdorf ein zweites Sylt machen wollen. Ausgerechnet sein verschlafenes Lohme.
"Is doch 'nen bisschen abseits vom ganz großen Trubel der Ostseebäder: Binz, Sellin, Baabe. Das haben wir die letzten anderthalb Jahre auch ganz viel gehört: Dass die Gäste das eben auch am Ort lieben. Dass sie ihre Ruhe haben. Dass es nicht so überlaufen ist. Und dass diese sogenannte Hipness und die Schönen und die Reichen hier dann doch nicht so in Massen vorhanden sind."
Seit mehr als 25 Jahren betreibt Burwitz zusammen mit seiner Frau das Restaurant. Auf den Teller kommt Hausmannskost – zu zivilen Preisen. Kurz nach der Wende machten sie sich selbstständig. Für den gelernten Schiffsingenieur wurde ein Traum wahr: Schon seine Großeltern und Urgroßeltern hatten neben dem Fischfang eine Gastwirtschaft. Tradition – das ist ihm wichtig. Ob jemand einheimisch ist, das auch.
"Das spielt schon 'ne Rolle. Das heißt nicht, dass wir 'ne Skepsis gegenüber den Zugezogenen haben. Aber: Wenn der jetzt aktuelle Bürgermeister sich hinstellt und sagt 'Die haben jetzt alle keine Ahnung! Und ich hole mir lieber Informationen aus den alten Bundesländern, dann weiß ich, dass das in Ordnung ist' - dann baut sich doch da ein gewisses Misstrauen auf. Das war auch nicht ein Mal, das war mehrfach."
Piontkowski: "Sicherlich: Der Charakter eines Herrn Ogilvie und der Charakter eines Herrn Burwitz - da liegen Welten dazwischen."
Das konstatiert Uwe Piontkowski, seines Zeichens Bildhauer und einer der wenigen in Lohme, der keinem der zwei Lager zugerechnet werden kann.
"Zwei Seelen in meiner Brust. Ich bin mit der ganzen Geschichte noch nicht im Reinen."
Und er fährt fort: "Die Plakat-Geschichte?! Wie soll ich das deuten? 'Massen-Tourismus, nein danke.' Heißt das: Ich bin hier nicht willkommen? Der Fremde weiß nicht und sagt: Was ist hier los?"
Hoenig, Burwitz und die anderen von der Bürgerinitiative - Piontkowski mag zwar ihr Anliegen verstehen, doch wie sie vorgehen, das ist ihm zu radikal. Auch zu selbstgefällig. Nicht, dass Lohmes Ruf noch darunter leidet! Der Anfang Sechzigjährige springt auf. Die negative Publicity könnte auch auf ihn abfärben. Sein zweites Standbein: Das sind die Ferienappartements.
Keine zwanzig Meter entfernt - auf der anderen Straßenseite - könnte einmal die Zufahrt zum geplanten Medical-Wellness-Hotel liegen. Richtig wohl ist Piontkowski bei dem Gedanken nicht. Gesichtslose Bettenburgen gibt es auf Rügen schon genug.
6000 Quadratmeter groß ist Piontkowskis Garten mit den Holzskulpturen. Die meisten sind jetzt eingelagert, wegen des Wetters. Der letzte Wintersturm liegt erst ein paar Wochen zurück. Schlecht für die Jahrhunderte alten Buchenwälder rings um Lohme. Gut für den Bildhauer, der aus Holz kleine Kunstwerke macht.
Der Hafen in Lohme auf Rügen
Der Hafen in Lohme auf Rügen© Deutschlandradio / M. Frantzen

Am Hafen will er eine "Kunstmeile" errichten

Demnächst will Piontkowski zusammen mit zwei befreundeten Bildhauern für die Gemeinde am Hafen eine "Kunstmeile" errichten – mit Skulpturen. Der Gemeinderat hat schon sein Okay gegeben.
Er hier war auch dafür: Burkhard Rahn kennt in Lohme jedes Kind. Seit 1994 sitzt der Fliesenleger im Gemeinderat. Lange Zeit für die CDU. Bis Ogilvie auf die Idee mit dem Medical Spa kam.
Je mehr Rahn über das geplante Projekt erfuhr, desto größer wurden seine Zweifel. Warum muss das Hotel so groß werden?! Mit so vielen Betten?! Keine zweihundert Meter von der Uferkante entfernt, die schon einmal abgerutscht ist?!
Ogilvie wischte seine Einwände beiseite. Das hätte er besser nicht tun sollen.
Rahn: "Ich war CDU. Ich war in der Fraktion vom Bürgermeister. Das hat mit großer Politik nichts, aber auch diesmal gar nichts zu tun. Was hat der Bürgermeister mal gesagt?! Das ist eine Glaubensfrage hier, nee?! Wie wir uns den Ort vorstellen. Und wie die anderen sich den Ort vorstellen."
Mit Ogilvie spricht Rahn nur noch das Nötigste. Bei den Gemeinderatsitzungen ist er jetzt allein auf weiter Flur. Die alten CDU-Kollegen, selbst die Linke: Alle sind sie für das Mega-Projekt. Medical-Wellness: Das ist es. Rahn tippt sich an die Stirn. Für ihn hat die Sache einen entscheidenden Haken: Wo Medical-Wellness drauf steht, ist im Zweifelsfall keine Medizin drin.
Rahn: "Ohne Arzt. Die höchste medizinische Qualifikation soll ein Heilpraktiker sein. Medizinische Wellness wird ja zu vielem gesagt."
Schon seit längerem mischt Rahn in der Bürgerinitiative mit, brütet er mit Burwitz und den anderen über Alternativen, Lohme zu bewahren.
Rahn: "Die Alternative ist: Erstmal mehr auf Wandertourismus setzen. Da haben wir viel zu wenig gemacht. Da haben wir's schleifen lassen. Wir haben uns nicht allzu sehr um Radwege gekümmert. Die die Urlauber sehr nachfragen. Diesen naturnahen Tourismus, der auch zu unserem Standort passt: Wir sind am Nationalpark. Da müssen wir was machen. Wir müssen in Wander-Guides rein. Wir müssen uns mehr vermarkten. Wir müssen mehr Zusammenarbeit pflegen mit dem Nationalpark."
"Ich denke, der Knackpunkt ist nicht das Medical-Wellness-Hotel."
Hält Klaus Peper dagegen, der stellvertretende Bürgermeister Lohmes.
"Der Knackpunkt sind die Ferienwohnungen. Die dann noch mit dran gebaut werden sollen, weil die Telekom ja über ein Grundstück verfügt von rund, ich glaube, 260.000 Quadratmetern. Und da sollen dann noch Ferienwohnungen gebaut werden."

Die Einheimischen und die von außerhalb

Das aber wollen Burwitz und Co. nicht – wegen der Konkurrenz. So sieht das Peper. Der Rentner macht einen geschafften Eindruck. Kein Wunder.
"Eigentlich bin ich krank. Schnupfen. Husten. Heiserkeit."
Reden tut Peper trotzdem. Der Sache wegen. Dass er einmal mit Ogilvie an einem Strang ziehen würde: Vorherzusehen war das nicht. Bei der letzten Bürgermeisterwahl vor drei Jahren traten die beiden Alphamänner noch gegeneinander an. Doch das ist Schnee von gestern. Jetzt geht es ums große Ganze. Ähnlich wie sein alter Widersacher stammt der ehemalige Direktor von Rügen Fisch nicht aus Lohme, sondern von außerhalb: Aus Rostock, der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns.
Peper wohnt direkt am Telekom-Gelände. Die von der Bürgerinitiative haben schon durchblicken lassen, er unterstütze die Neubaupläne ja nur, weil dann der Wert seines Grundstückes steige. Ein Interessenkonflikt?! Was bitte schön? Peper reißt die Augen auf. Er kann es gar nicht fassen. Er habe seine Schäflein längst im Trockenen, meint er. Mehr Geld brauche er nun wirklich nicht. Lohme dagegen schon. Zwanzig Millionen Euro will der potentielle Investor investieren.
"Wenn wir ihn dann vergrault haben: Was dann? Ja, dann haben die mit ihren zum Teil - in Anführungszeichen - netten Zimmern vielleicht für die nächsten ein, zwei Jahre ausgesorgt. Das ist doch kurzsichtig. Weil: Woanders wird doch auch gebaut."
Ogilvie: "Wenn man eine Sache zu lange verzögert, dann bringt man sie um."
Gibt Lohmes Bürgermeister seinem Stellvertreter Recht.
Es ist spät geworden, die Gemeinderatssitzung zu Ende. Ogilvie strahlt: Punktsieg auf ganzer Linie. Mit sechs zu eins Stimmen haben er und die anderen Volksvertreter den Antrag der Initiative auf einen Bürgerbegehren abgeschmettert.
Hoenig: "Der Bürgermeister hat vorsichtig ausgedrückt alternative Fakten vorgetragen."
Der Sprecher der Bürgerinitiative will nicht locker lassen. So lange, bis Ogilvie klein beigibt und doch noch ein Bürgerbegehren stattfindet. Seine Chancen stehen nicht schlecht.
Hoenig: "Wir rechnen jetzt damit, dass die Rechtsaufsichtsbehörden eine Anordnung gegen die Gemeinde treffen, dass ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss – gegen den Willen der Gemeindevertretung."
Lohmes Nahkämpfer par excellence ficht das nicht an. Ogilvie reckt das Kinn. Er ist und bleibt, was er schon immer war: Guter Hoffnung.
Ogilvie: "Ich hoffe: Dieses Jahr Baubeginn. Und hoffe nächstes Jahr Eröffnung. Es steht alles bereit. Es steht alles bereit."
(huc)
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