Lobbyarbeit in den USA

Ukrainer fordern tödliche Waffen

Die Schatten von drei Soldaten im Krieg, die Waffen in den Händen halten.
Ukrainische Soldaten im Krieg © AFP / Anatoliy Boyko
Von Eleni Klotsikas · 18.05.2015
Seit den Verhandlungen von Minsk 2 sollen die Waffen in der Ukraine ruhen - das politische Lobbying in den USA für Waffenlieferungen an die Ukraine läuft weiter. Eleni Klotsikas hat in Washington und New York ukrainische Lobbyisten bei ihrer Mission begleitet.
Rund 200 Demonstranten haben sich vor dem Zaun des Weißen Haus versammelt. Sie stimmen die ukrainische Nationalhymne an und schwenken gelb-blaue Fahnen. Einige halten Plakate hoch: "Präsident Obama bewaffnen Sie die Ukraine" und "Amerika halte Dein Versprechen" steht darauf geschrieben. Andrij Dobriansky schnappt sich das Megafon: Er ruft: "Lang lebe die Ukraine."
Andrij Dobriansky:"Svoboda Ukraini".
Der Amerikaner mit ukrainischen Wurzeln hat die Demonstration in Washington organisiert. Es ist die fünfte seit Ausbruch des Krieges. Vier Doppeldeckerbusse mit ukrainischen Immigranten aus New York hat er auch diesmal dafür zusammengetrommelt. Andrii lebt selbst auch in New York, seine Eltern stammen aus der Ukraine. Der 38-Jährige trägt immer einen Anzug und akkuraten Scheitel. Er arbeitet für die ukrainische Lobbyorganisation "Ukrainian Congress Committee". Ihr Ziel: Druck auf die amerikanische Regierung ausüben, damit sie Waffen und Militärausrüstung an die Ukraine liefert.
"Wir haben bereits einen Sieg errungen. Die Kongress-Abgeordneten haben den 'Ukrainian Support Act' einstimmig verabschiedet. Nun muss das Gesetz auch umgesetzt werden. Ich denke, dass darüber inzwischen fast Einigkeit herrscht. Verantwortliche aus dem State Department und dem Verteidigungsministerium berichten uns, dass sie glauben, es sei richtig, der Ukraine endlich zu helfen. Wir müssen nur noch eine Person umstimmen, den Präsidenten!"
Senden ein Zeichen der Schwäche
Im Dezember vergangenen Jahres hat der Kongress ein Gesetz verabschiedet, das den Präsidenten dazu ermächtigt, der Ukraine auch sogenannte "tödliche Waffen" zu liefern, Panzerabwehrraketen und Schusswaffen. Obama selbst hat das Gesetz unterschrieben, viel mehr ist seitdem nicht passiert. Nun wächst der innenpolitische Druck auf den Präsidenten.
"Wir haben für unser Anliegen soviel Unterstützung. Irgendwann wird der Präsident seine Meinung ändern müssen."
Darin bestätigt fühlen sich Andrij und seine Mitstreiter als sie am nächsten Tag an einer öffentlichen Anhörung im Amerikanischen Kongress teilnehmen. "Die Ukraine unter Besatzung" steht auf dem Programm. Die Abgeordneten wollen von Victoria Nuland, der Europa-Beauftragten der US-Regierung, wissen, warum der Präsident immer noch zögert. Es hagelt Kritik:
Ed Royce: "Die Obama Administration und unsere europäischen Verbündeten glauben immer noch an eine Waffenruhe - doch sie hält nicht!"
Elliott Engel: "Wir hoffen und warten zu lange, damit senden wir Putin ein Zeichen von Schwäche!"
Ileana Ros-Lehtinen: "Wir werden weiter auf den Präsidenten einhämmern, damit er der Ukraine endlich die tödlichen Waffen liefert, die das Land so dringend benötigt."
Frieden nur bei Waffengleichheit
Andrij kennt die meisten Abgeordneten persönlich. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat er sie mehrmals aufgesucht. Weil er gut in der ukrainischen Community vernetzt ist, kann er den Abgeordneten Stimmen besorgen. Für die Congressional Meetings hat er oft Ivan Rodischenko aus der Ukraine einfliegen lassen, einen Kämpfer des Freiwilligenbataillions "Kiwiska Rus". Auch dieses Mal ist er in Washington mit dabei. Rodischenko sieht gar nicht aus wie in ein Krieger. Bei Schlachten gegen die Separatisten hat er Freunde sterben sehen:
Ivan Rodischenko: "Mein Freund Oleg hat den Rückzug der Nationalgarde aus Debalzewe gedeckt. Er stand neben seinem Bruder Dima und dem Zugführer. Plötzlich ist eine Granate über ihnen zerplatzt. Dima wurde zurückgeworfen. Oleg starb. Keiner ist weggelaufen. Wir fühlten uns einander verpflichtet, wie in einer Familie. Wir werden nicht aufgeben."
Ivan sucht in den USA Unterstützung für sein Bataillion. Und Andrij hat deshalb nach der Anhörung im Kongress ein Treffen mit der Abgeordneten Carolyn Meloney organisiert. Andrij und Carolyn Meloney kennen sich gut. Ihr Wahlkreis liegt im Ostteil Manhattans, in dem auch "Little Ukraine" liegt.
Ivan übergibt ihr eine Liste mit Sachen, die er für sein Bataillion benötigt. Sie verspricht Unterstützung. Will in ihrem Wahlkreis einen Spendenaufruf starten. Und ein Cargo-Flugzeug des US-Militärs organisieren, um Ausrüstung in die Ukraine zu fliegen. Darunter ganz praktische Gegenstände: Socken, Schuhe, Schlafsäcke. Ivan und Adrij sind begeistert.
Ivan und Andrij sind überzeugt: Frieden wird erst dann in sein Land einkehren, wenn Waffengleichheit herrscht.
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