Lobbyarbeit in Coronazeiten

Welche Interessen dienen dem Allgemeinwohl?

08:50 Minuten
Aktivisten der Fridays for Future-Bewegung stehen mit einem Transparent mit der Aufschrift "#Abfckprämie" vor dem Kanzleramt.
Aktivisten der Fridays for Future-Bewegung protestieren vor dem Kanzleramt gegen den Autogipfel. © picture alliance/dpa/Michael Kappeler
Florian Eckert im Gespräch mit Axel Rahmlow · 05.05.2020
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Die Autoindustrie fordert Kaufprämien, die Luftfahrt Milliardenhilfen, die Kultur will überleben, die Gastronomie ebenfalls: Worauf kommt es an, wenn alle gleichzeitig Ansprüche formulieren? Der Lobbyist Florian Eckert über die Währung der Krise.
Die deutsche Autoindustrie fürchtet um ihre Zukunft in der Coronakrise und fordert bei einem Autogipfel im Kanzleramt Kaufprämien auch für Verbrennungsmotoren – was nicht nur aus klimapolitischen Gründen hochumstritten ist. Denn die Automobilindustrie ist nicht die einzige Branche, die Unterstützung fordert: die Kultur, die Gastronomie, die Luftfahrt, die Startup-Szene – sie alle melden jetzt Ansprüche an.
Und dennoch war der Vorstoß der Autolobby ein "Erfolg" – das sagt Florian Eckert, er ist selbst Lobbyist und leitet den Bereich "Politische Kommunikation" der Agenturgruppe Fischer Appelt in Berlin. Der Autogipfel habe die Aufmerksamkeit des Kanzleramts und einiger Ministerpräsidenten garantiert, sagt Eckert: "Man sieht daran, dass die klassischen Interessen – und auch die Allianzen – auch in Zeiten von Corona nicht geschwächt sind."
Die aktuelle Situation sei besonders, weil die üblichen Partikularinteressen im Moment einer allgemeinen Betroffenheit nicht gut ankämen: "Lobbying muss Einzelinteressen auch mit dem Allgemeinwohl verbinden".

Wer Kontakte zur Exekutive hat, gewinnt

Es herrsche deswegen im Politbetrieb gerade eine "Hochzeit der Argumente". Die Regierung sei noch in eine stärkere Abhängigkeit von Experten geraten – auf der einen Seite seien das die Wissenschaftler, "aber natürlich kann man hier auch Lobbyisten nennen".
Die zentralen Währungen der Lobbyarbeit würden jedoch auch jetzt gelten, sagt Eckert: "Das ist die Überparteilichkeit, Seriosität, Verlässlichkeit – und eben auch das Argument. Und nach der Krise wird sicherlich bewertet, wie Einzelne hier in dem Prozess vorgegangen sind."
Es komme für Lobbyisten bei den aktuellen Eilverfahren vor allem auf "unmittelbare Kontakte zur Exekutive" an. Bereits bestehende Kontakte und Netzwerke könnten auch digital gepflegt werden, es sei jedoch schwierig, neue Kontakte aufzubauen und Menschen kennenzulernen.
(sed)
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