Live von den Donaueschinger Musiktagen

Bassetthorn und Synthesizer zum Auftakt

elektronische Geräte und eine Tastatur sind übereinander aufgebaut
Wieder ein Treffpunkt für die Szene der Neuen Musik: Donaueschinger Musiktage © SWR / Donaueschinger Musiktage 2018
19.10.2018
Medienarchäologie ist ein Themenfeld der Donaueschinger Musiktage 2018: Historische Synthesizer werden zum Einsatz kommen und alte Instrumente. Zur Eröffnung wird das Bassetthorn aus der Mozartzeit neu belebt - das der Klarinette ähnelt.
Wer Neue Musik liebt, wird in diesen Tagen erneut auf Donaueschingen schauen, oder sich gar auf den Weg dorthin begeben, um die unzähligen Uraufführungen der Musiktage mitzuerleben. Deutschlandfunk Kultur ist mit dabei und überträgt live das erste Konzert in großer Besetzung aus dem Mozartsaal in Donaueschingen. Gleich zu Beginn wird das alte Instrument, das Bassetthorn, neu entdeckt und elektronisch verstärkt, die Hauptrolle übernehmen.

Altes Instrument in neue Klänge verwickelt

Ivan Fedele schreibt zu seinem neuen Werk "Air on Air": "Der Titel gibt uns einen Hinweis auf die ästhetische Idee der Komposition, die in verschiedene Sätze unterteilt ist, die ununterbrochen ineinander übergehen. 'Air on Air' beschwört ein Bild von Leichtigkeit und Flüchtigkeit, das auf die Luft als Element zielt, durch das die Klänge sich fliegend bewegen, sowohl in Form von 'Atem' als auch von 'Wind', der die Musik durch die Stimulation des Resonanzrohres erzeugt." Der Luftstrom des Bassetthornes wird in dieser Uraufführung elektronisch verstärkt und damit neu erfahrbar.

Politik als Muse

Für Malin Bång war das Schreiben dieses Stückes stark von politischen Ereignissen beeinflusst. Sie beobachtet gerade eine neue Kraft, die Einfluss auf politische Entwicklungen entfaltet. Die Macht der Botschaften von "normalen" Menschen auf diversen Plattformen, die aber nachhaltige Wirkung auf den politischen Diskurs ausüben. Dieses Geschehen hat sie in ihrem neuen Werk "splinters of ebullient rebellion" für ein großes Orchester umgesetzt. "Für mich ist das Orchester eine dynamische Plattform, um die Beziehung zwischen dem Individuum und dem Kollektiv zu erkunden, und um die fragile Kommunikation innerhalb einer Institution und unter deren Mitgliedern zu betrachten. Die orchestrale Struktur besteht aus zwei harschen, mechanischen und gegensätzlichen Blöcken, welche allmählich von verschiedenen Elementen beeinflusst und verwandelt werden. Diese Elemente lösen eine Interaktion und Verflechtung der Blöcke aus."

Neue Nachbarschaften

Isabel Mundry wohnt in München gegenüber einem Wohnhaus, in dem Flüchtlinge leben. Diese schauen in ihre Fenster und umgedreht: "Als im Sommer 2015 viele von ihnen an den Bahnhöfen ankamen, standen zunächst zwei anonyme Gruppen einander gegenüber, Hilfesuchende und Helfende.
Porträt Isabel Mundry
Isabel Mundry in Donaueschingen auf der Podiumsdiskussion vom 18.10.2018© SWR / Donaueschinger Musiktage 2018
Unsere neu zusammengesetzte Nachbarschaft ließ mich innehalten und darüber nachdenken, was es heißt, als Komponistin zeitgenössischer, mitteleuropäischer Musik Teil von ihr zu sein. Welche Ausdrucksformen lassen sich finden, in unserem sich neu gestaltenden Geflecht von Soziologien und Kulturen? Wie lässt sich die eigene Prägung dabei ins Spiel bringen?" Isabel Mundry wählte für die künstlerische Umsetzung ihrer Idee in "Mouhanad" ausschließlich Gesangsstimmen.

Play: Welches Spielen ist gemeint?

Das neue Werk von Marco Stroppa "Come Play With Me" ist - wie so oft, durch ein Gedicht von William Butler Yeats inspiriert worden. In dem schlichten und berührenden Text drückt der Dichter seine Überraschung über die Reaktion des Eichhörnchens aus, dem er sich freundlich nähern will. Stroppa sagt: "Da man in einigen Sprachen das Wort "play" auch im Zusammenhang mit Musik verwendet, mag diese erste Zeile auch als Aufforderung zum gemeinsamen Musizieren verstanden werden.
Das Plakat der diesjährigen Ausgabe der Donaueschinger Musiktage
Das Plakat der diesjährigen Ausgabe der Donaueschinger Musiktage© SWR / Donaueschinger Musiktage 2018
Anders aber als in meinen sonstigen Konzerten ist der Solist hier kein Musiker, sondern die Elektronik selber. Als ich an diesem Projekt zu arbeiten anfing, wollte ich herausfinden, ob elektronische Klänge die Rolle eines unsichtbaren Solisten übernehmen könnten, in Beziehung zu einem Orchester steht und der das Publikum auffordert: 'Come play with them!'"
Live aus dem Mozart-Saal der Donauhallen
Ivan Fedele
"Air on air" für verstärktes Bassetthorn und Orchester (Uraufführung)
Malin Bång
"splinters of ebullient rebellion" für Orchester (Uraufführung)
--Pause--
Isabel Mundry
"Mouhanad" für Chor a cappella (Uraufführung)
Marco Stroppa
"Come Play With Me" für Solo-Elektronik und Orchester (Uraufführung)

Michele Marelli, Bassetthorn

IRCAM
Carlo Laurenzi, Computermusikdesign
Luca Bagnoli, Toningenieur

SWR Vokalensemble
Leitung: Florian Helgath

SWR Symphonieorchester
Leitung: Pascal Rophé

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