Live Dlf-Kultur-Spontankonzert mit Violinsonaten

Zwischen Wärme und Bedrängung

Eine Frau mit festlichem Kleid und Geige und offenen, schulterlangen Locken steht neben einem Mann in dunkler Abendkleidung, während beide lächeln.
Das Duo lebt mal in Amerika, mal in Europa, unterrichtet auf beiden Kontinenten und organisiert Festivals. © Duo Ingolfsson-Stoupel / Marke Priske
Moderation: Stefan Lang · 04.02.2021
Drei Violinsonaten zeigen drei ganz verschiedene Kammermusikwelten: Eine leidenschaftlich-drängende der Schwedin Amanda Maier, eine ausschweifende von Schumann und die voller existenzieller Zeichnungen von Schostakowitsch mit Weltklasse-Duo Ingolfsson-Stoupel.
Drei Sonaten in einem Programm in Duobesetzung – das klingt nach Kammermusikbesetzung nach Corona- Vorschrift. Das ist es nicht. Es ist das Treffen auf verschiedene Handschriften, gar verschiedene Welten, die das Duo Stoupel-Ingolfsson da aufeinanderprallen lässt. Das ist vor allen Dingen ein kompaktes Programm von imposanter Länge.

Drei Welten - drei Biographien

Wir beginnen mit schwedischer Romantik: mit Carolina Amanda Erika Röntgen-Maier aus Landskrona – einer schwedische Komponistin, wenn überhaupt bekannt als Amanda Maier. Ihr Vater war Musiker und Musikorganisatorr der sein frühreifes Kind mit 14 Jahren auf das Stockhomer Konservatorium gab, wo sie 1872 als erste Frau den Diplomtitel "musikdirektör" erhielt.

Mit der Geige auf Europareise

Danach reiste sie nach Leipzig, wo sie eine besondere Bindung an ihren Violinlehrer anknüpfte - sein Sohn sollte ihr späterer Ehemann werden. Ihre zahlreichen Konzertreisen, bei denen sie auch eigene Werke präsentierte sowohl auf der Geige als auch auf der Orgel, beendete sie nach der Heirat, um sich in Amsterdam nieder zu lassen. Ihr Freundeskreis war groß: Edvard Grieg gehörte dazu, Johannes Brahms - mit Clara Schumann spielte sie regelmäßig.
Ihre Violinsonate entstand 1787 - ein Jahr, in dem sie durhc ganz Europa tourte. Wann immer sie einen Zwischenstopp einlegen konnte, besuchte sie ihren späteren Mann. Mann kann die Sonate als jugendliches Werk bezeichnen, das mal freundlich zurückhaltend träumt, mal mit Sehnsucht gespikt ist.

Dem wichtigsten Geiger Leipzigs gewidmet

Robert Schumanns zweite Violinsonate entstand für den Konzertmeister des Gewandhauses, für den Mendelssohn auch sein Violinkonzert komponierte. Geige- und Klavierpart scheinen mit Ausrufezeichen in die Sonate einzusteigen. Darin versteckt sich der Namenszug des Widmunsträgers D, A, F und D für David Ferdinand.
Der dritte von insgesamt vier Sätzen besticht mit seinem leisen Beginn, den die Geige zupft - also im Pizzicato zu spielen hat. 1851 kam das Werk zur Uraufführung, das Schumann stets als "große Sonate" bezeichnete - sinfonisch, fantasieverloren, ausgreifend.

Geschenk ohne Schleifen

Zum Schluss die Violinsonate von Dmitrij Schostakowitsch, der damit dem Stargeiger seiner Zeit David Oistrach zum 60. Geburtstag gratulierte. Eigentlich widmete er ihm sein Violinkonzert - doch dann bemerkte er, dass erst der 59. GEburtstag des Geigers heran gerückt war - und so erhielt Oistrach ein Jahr später die Violinsonate. Ein Werk, bei dem das Musizieren zum existentiellen Ereignis wird.
Zwei Männer in Mänteln stehen vor einem Haus und schauen in die Kamera
Dmitrij Schostakowitsch und David Oistrach wurden von Staats wegen auf Reisen geschickt, hier 1947 nach Prag.© IMAGO / CTK Photo
Die Violinsonate spieglt die bitteren Erfahrungen des Komponisten in den Machtjahren Stalins wider, ein Drahtseilakt zwischen großer Fördererakzeptanz und Angst vor dem sofortigen, unangekündigten Fall. Daher wird die Sonate oft als widerspenstiges Werk bezeichnet, ein Werk ohne schöne Schleifen - Oistrach war begeistert.

Partner in der Musik und im Leben

Das Duo Ingolfsson-Stoupel spielt das heutige Mammutprogramm live. Gerade steckte es für Wochen in seinem zweiten Zuhause in Amerika fest. Doch nun ist die Brücke zu Berlin wieder geschlagen. Beide Musiker sind hervorragende Solisten, aber eben auch das Duo Ingolfsson-Stoupel.
Dass sie Teamplayer sind, zeigen sie auch, indem sie etliche Festivals organisieren. So sind sie unter anderem künstlerische Leiter des Festivals Aigues-Vives en Musiques in Südfrankreich und des Festivals The Last Rose of Summer in Berlin.
Live aus der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem
Amanda Maier
Sonate für Violine und Klavier h-Moll
Robert Schumann
Sonate für Violine und Klavier d-Moll, op. 121
Dmitrij Schostakowitsch
Sonate für Violine und Klavier op. 134
Mehr zum Thema