Lithium-Krieg in Portugal

Elektroautos und die Folgen

22:06 Minuten
Ein steiniger Abhang, davor Wasserlachen auf einem breiten erdigen Weg. Im Hintergrund bewaldete Hügel.
Steinbruch statt Grünfläche: Probebohrungen für das Lithiumbergwerk im Norden Portugals haben die idyllische Landschaft bereits schwer geschädigt. © Jochen Faget
Von Jochen Faget · 27.01.2020
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Für die Batterien von Elektroautos und Smartphones braucht man Lithium. Das Leichtmetall gibt es vor allem in Südamerika, aber auch in Portugal mit den europaweit größten Vorkommen. Doch dort gibt es heftigen Widerstand gegen den Abbau.
Den Besuch hatte Portugals Energie-Staatssekretär João Galamba sich wohl anders vorgestellt. Als er vergangenen November in das Dörfchen Covas kommt, um die Regierungspläne für ein Lithiumbergwerk vorzustellen, wird er von aufgebrachten Bürgern mit Sprechchören und Transparenten empfangen. Dutzende umringen seinen schweren Dienstwagen. Sie trommeln mit den Händen auf Motorhaube und Windschutzscheibe, rufen: "Ja zum Leben, nein zum Bergwerk".

"Wir haben Angst um unsere Gesundheit"

Nervöse Polizisten räumen dem noch nervöseren Staatssekretär den Weg frei, die Situation droht, außer Kontrolle zu geraten. Der Staatssekretär fährt wieder ab. Nichts war’s mit der geplanten Rede über die Investition, die der Region doch so viel Fortschritt bringen soll, den die Menschen dort aber nicht wollen.
Eine Frau macht ihrem geballten Ärger Luft: "Wir haben Angst um unsere Gesundheit, das Wasser, die Umwelt, um unsere Heimat. Wir werden den Kampf gegen dieses Bergwerk nicht aufgeben, niemals. Selbst wenn wir sterben: Auf dieser Seite des Marão-Gebirges haben die das Sagen, die hier leben!"
Eine grüne Landschaft mit einigen Häusern und einer schmalen Straße, viele Hügel bis zum Horizont.
Postkartenlandschaft "Hinter den Bergen": Bei Covas do Barroso soll Europas größtes Lithiumbergwerk entstehen.© Jochen Faget
"Para cá do Marão mandam os que cá estão" – das alte Sprichwort aus Portugals Provinz Trás-os-Montes ist zum Kampfschrei geworden. "Hier bestimmen wir" sagen die Bewohner der Region, die auf Deutsch "Hinter den Bergen" heißt und die zu den ärmsten und unterentwickeltsten Europas gehört. Jahrhundertelang war Trás-os-Montes von den Regierenden im fernen Lissabon vergessen. Eine anständige Straße dorthin gibt es erst seit gut hundert Jahren, eine Autobahn sogar erst seit fünf.

Es geht um hunderte Arbeitsplätze

"Hinter den Bergen" lebt ein eigener Menschenschlag: dickschädelig, bodenständig, fleißig, verschlossen und doch gastfreundlich, naturverbunden. Das raue Klima mit klirrend kalten Wintern und heißen Sommern hat die Menschen hier hart gemacht. Und das ständige Gefühl, verlassen zu sein, hat sie misstrauisch gemacht, gegen alles, was von außen kommt. Vor allem aus der Hauptstadt Lissabon – selbst wenn es Versprechen von einem besseren Leben, von Arbeitsplätzen und Wohlstand durch den Lithiumabbau sind.
Versprechen wie sie der Energiestaatssekretär João Galamba verbreitet: "Es geht um rund 300 Arbeitsplätze im Bergwerk und viele im weiterverarbeitenden Bereich. Unser Lithium-Plan ist ein wichtiger Impuls für die Industrie und schafft Arbeitsplätze in infrastrukturschwachen, abgelegenen Regionen. Wenn das umweltverträglich geschieht und die Lebensqualität in den benachteiligten Regionen entscheidend verbessert, ist das ein wichtiger Beitrag zur Regionalentwicklung."
Ein junger Mann sitzt in die Kamera strahlend in seinem Büro am Schreibtisch, hinter ihm die Fahne Europas und Portugals.
Energie-Staatssekretär João Galamba will, dass Portugal beim Lithium-Abbau und der Weiterverarbeitung eine wichtige Rolle in Europa spielt.© Jochen Faget
Der Staatssekretär sitzt wieder in seinem modernen Büro in Lissabon. Er hat eine große Aufgabe: die Energiewende in Portugal, die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Hin zum Lithium, das an gleich elf Orten im industrieschwachen Portugal abgebaut werden soll. Die Lithiumreserven des Landes könnten die sechstgrößten der Welt sein, Galamba und alle in der Regierung nennen sie bereits das 'weiße Gold Portugals'. Er kennt den Wunsch der EU, Lithium in Europa abzubauen, selbst leistungsfähige Batterien herzustellen und nicht auf Asien oder Südamerika angewiesen zu sein. Galamba träumt vor allem von der Weiterverarbeitung des Rohstoffs für die Batterieproduktion, will bei der zweitgrößten Stadt Porto sogar eine Lithiumraffinerie bauen lassen:
"Das ist der einzige Grund, im 21. Jahrhundert die Umweltbelastung hinzunehmen, die Bergwerke trotz aller Kontrollen und Auflagen verursachen. Wir wollen nicht nur den Abbau, sondern auch die industrielle Wertschöpfung bei der Weiterverarbeitung des Rohstoffs."

Lithiumabbau im umweltschädlichen Tagebau

Große Pläne, die nicht alle gut finden: Denn der Lithiumabbau soll im besonders umweltschädlichen Tagebau stattfinden. Pedro Santos von der Umweltschutzorganisation Quercus mahnt zur Besonnenheit:
"Auch wenn Lithium zur Speicherung erneuerbarer Energie verwendet werden kann, darf man es nicht überall sorglos abbauen. Es muss Regeln geben, vor allem wenn die geplanten Bergwerke in Biotopen liegen, die wegen ihrer Besonderheit erhalten werden müssen".
Gerade in Trás-os-Montes sei das der Fall: In dem vorwiegend ländlichen Raum würden immer mehr zertifizierte Naturprodukte hergestellt – vom Honig über Schweineschinken bis hin zu Rindfleisch. Darum sei der Ort ja zum Welt-Landwirtschaftserbe erklärt worden.
"Diese Landwirtschaft dort ist einzigartig und nachhaltig, hat keinerlei umweltschädigende Auswirkungen", sagt Pedro Santos. "Im Gegenteil, sie sorgt sogar dafür, dass einheimische Tierrassen überleben können."
Ein Mann mit angegrautem Haar und dunkler Brille steht samt Rucksack im Eingangsbereich eines Lokals.
Pedro Santos von der Umweltschutzorganisation Quercus meint, das Bergwerk würde mehr Schaden als Nutzen anrichten. © Jochen Faget
Die geplante Lithiumraffinerie, so der Umweltschützer Santos, könne auch gebaut werden, wenn dort kein Lithium gefördert werde, schließlich gebe es in Portugal auch Benzinraffinerien, obwohl im Land kein Erdöl abgebaut werde.
Das Projekt sei überdimensioniert, die ganze Region würde massiv verändert: "Allein schon der Tagebau bringt große Probleme mit sich. Ein riesiger Krater würde entstehen, in dem ganze Gebirgsketten verschwinden würden. Das hätte katastrophale Folgen für die Landschaft und die Natur."

Leben in einer benachteiligten Region

Darüber macht auch Nelson Gomes sich Sorgen. Wie jeden Morgen versorgt er seine Rinder im Stall. 23 Kühe und 14 Kälber – füttern, Stall putzen, dann raus auf die grüne Weide. Nelson ist Landwirt, so wie fast alle im Dorf Covas. Nicht so sehr wegen des Geldes, sondern weil es ihm Spaß macht.
"Nur vom Verkauf der Kälber könnte ich nicht leben, das gibt der Fleischpreis nicht her", sagt er. "Aber wir bekommen Zuschüsse. Als Ausgleich dafür, dass wir in einer benachteiligten Region produzieren und weil wir mit unserer Arbeit die Wiesen und die schöne Landschaft erhalten."
Eine alte Steinbrücke führt über einen Fluß in einer idyllischen Parklandschaft.
Die Region Barroso gehört zum Welt-Landwirtschaftserbe der Vereinten Nationen.© Jochen Faget
Und was für eine Landschaft: Dichte Mischwälder bedecken die sanften Mittelgebirgshügel um Covas, unten im Tal saftige Wiesen, begrenzt durch vor Jahrhunderten mühsam aufgerichteten Steinmauern. Birken und Eichen am Wegrand, mächtige Granitblöcke. Im Norden, hin zur spanischen Grenze, ragen die Bergspitzen des Gerês-Gebirges fast 2000 Meter in den tiefblauen Himmel, im Süden bilden die Felszacken des Marão-Gebirges die Grenze zum "modernen" Portugal, zur Handelsstadt Porto. Rinder weiden, eine Ziegenherde zieht vorbei.

Lithiumabbau im Welt-Landwirtschaftserbe der UNO?

Der Barroso, so heißt diese Region der Provinz Trás-os-Montes, gehört zum Welt-Landwirtschaftserbe der UNO. Wegen der Eigenheit der Landschaft und der Einzigartigkeit seiner traditionellen Landwirtschaft.
Nelson Gomes, der drahtige Landwirt Mitte 40, ist stocksauer, dass ausgerechnet hier Lithium abgebaut werden soll: "Die wollen hier Löcher graben, 150 Meter tief und 600 Meter breit. Die werden danach nicht einmal aufgefüllt, die Landschaft bleibt für immer zerstört. Obendrein haben wir hier das beste und reinste Wasser Portugals. Das würde hoffnungslos verunreinigt."
Ein Mann mit Käppi, Arbeitsanzug und Gummistiefeln füttert seine drei Kühe auf dem Hof mit Heu, die Futtergabel in der Hand.
Nelson Gomes ist der Vorsitzende der Bürgerinitiative, die gegen das Lithiumbergwerk im Barroso kämpft. © Jochen Faget
Gomes hat eine Bürgerinitiative gegen das Bergwerk gegründet, ist ihr Vorsitzender. Und deren Kampf hat sich inzwischen die ganze Region angeschlossen, auch der zuständige Landrat Fernando Queiroga aus der Kreisstadt Boticas.
"Alle Gutachten unseres Landratsamtes sprechen sich gegen das Bergwerk aus", sagt er. "Wir sind absolut dagegen, wegen der zu erwartenden schweren Umweltschäden."

"Den Löwenanteil holt sich immer Lissabon"

Umweltschäden hätten schon Granit- und inzwischen stillgelegte Wolframbergwerke genug verursacht. An vielen Orten haben die Steinbrüche klaffende Wunden in der Landschaft hinterlassen. Der Granit wird heute nach Deutschland exportiert, genau wie früher das Wolfram, das während des Zweiten Weltkriegs der Munitionsherstellung diente.
Die Firmen jedoch, die damit gutes Geld verdienten und verdienen, sitzen – so Fernando - nicht in den betroffenen Gemeinden, sondern im fernen Lissabon. Trás-os-Montes und die Region Barroso seien immer nur ausgebeutet worden und so werde es auch mit dem geplanten Lithiumbergwerk sein.
"Man kann uns nicht nur immer das wenige Gute, das wir haben abnehmen und uns die Reste hinterlassen", sagt Fernando Queiroga. "Das macht uns böse, denn nie wollte jemand etwas von uns wissen. Und wenn wir dann etwas Wertvolles haben, holen sie sich das rücksichtslos. Für uns bleibt so gut wie nichts, aber wir sind eben Wenige, haben keinen Einfluss. Den Löwenanteil holt sich immer Lissabon, die große Hauptstadt des Imperiums."
Ein  kleiner Platz, der eingerahmt wird von drei alten quadratischen Steinhäusern. An einem der Häuser hängt direkt unter dem Dach ein weißes rechteckiges Plakat.
Ein Transparent auf dem Dorfplatz von Covas verkündet: "Nein zum Bergwerk, ja zum Leben". © Jochen Faget
Die Fronten sind klar im portugiesischen Lithium-Krieg: Auf der einen Seite die arme Region Trás-os-Montes mit gerade einmal 117.000 Einwohnern, die obendrein unter galoppierender Landflucht leidet. Auf der anderen die Regierung mit ihrem ehrgeizigen Plan, zum "Big Player" in Sachen Lithium in Europa zu werden.
Für Staatssekretär João Galamba gibt es keinen Zweifel: "Portugal hat eine lange Bergbautradition. Der Lithiumabbau ist jetzt unsere Chance, am europäischen Green Deal mitzuarbeiten und gleichzeitig unsere Industrie auszubauen."

Die Bevölkerung hat kein Vetorecht

Europäische Fördergelder würden fließen, fossile Brennstoffe verringert, Arbeitsplätze geschaffen, obendrein durch nachhaltige Zukunftstechnologie. Da müsse das kleine Paradies Barroso eben gewisse Opfer bringen, hätten die Bewohner des Dörfchens Covas eben Pech gehabt.
"Ganz prinzipiell: Keine Dorfbevölkerung kann bei solchen Projekten ein Vetorecht haben", sagt João Galamba. "Es handelt sich um nationale Rohstoffe. Die Regierung will die Lokalbevölkerung zwar aufklären und über das Projekt informieren. Natürlich müssen Umweltschäden vermieden oder so gering wie möglich gehalten werden. Und die Betroffenen sollen auch gute Gegenleistungen bekommen."
Nur ist das mit den Gegenleistungen "hinter den Bergen" eine ganz eigene Sache: Sie kommen meist nicht. Noch heute ärgern sich die Menschen in Trás-os-Montes über ein anderes Regierungsgroßprojekt, das Fortschritt bringen sollte.
Keine 30 Kilometer vom Dörfchen Covas entfernt wurden in den 1950er-Jahren riesige Stauseen angelegt, berichtet der Lokalhistoriker José Dias Batista: "Die Salazar-Diktatur hat hier fünf Stauseen gebaut. Für die Grundstücke hat sie so gut wie nichts bezahlt. Wir haben dabei viele hundert Hektar verloren, praktisch ohne Entschädigung."

Kampf der Landbevölkerung hat Tradition

Die Stauwerke dienen noch heute zur Stromversorgung der an der Küste liegenden Ballungszentren, die Bewohner der Region aber haben nicht viel davon, so Batista. Dem Diktator Salazar ging es damals um mehr: Er wollte auch den Widerstand der Menschen in Trás-os-Montes brechen. Darum ließ er vor allem Grundstücke verstaatlichen, die in Gemeinschaftsbesitz waren. Auf diese "baldios", die traditionell jeder nutzen durfte, aber waren die Menschen in Trás-os-Montes besonders stolz. Sie wurden von den Dorfältesten verwaltet in einer Art von Basisdemokratie, die dem Diktator ein Dorn im Auge war.
"Damals wurden die besten Grundstücke enteignet", sagt José Dias Batista. "Die Bevölkerung war aufgebracht. Hunderte Familien mussten wegziehen, weil sie keine Lebensgrundlage mehr hatten."
Immerhin: Nach der Nelkenrevolution 1974 wurden die "baldios" wieder der Bevölkerung übergeben. Die historischen Gemeinschaftsgrundstücke, die möglicherweise bis auf die Anwesenheit der Germanen während der Völkerwanderung zurückgehen, werden seitdem wieder von der Bevölkerung verwaltet.
"Die 'baldios' machen heute noch mehr als drei Viertel unseres Landes aus", erklärt José Dias Batista. "Sie gehören allen, nicht nur einem. Alle können sie nutzen. Die Armen, die kein Land haben, holen dort ihr Brennholz, weiden ihre Tiere."

"Es ist eine echte Sauerei"

Auch das Barroso-Bergwerk soll zum Großteil auf Gemeinschaftsland entstehen. Doch die Bewohner von Covas wollen notfalls um ihre "baldios" kämpfen, versichert der Honigbauer Carlos Gonçalves. Er steht bei seinen bunten Bienenstöcken, zwischen Heidekraut und Ginster. Ein Hirte treibt gemütlich seine Kühe vorbei.
Der Imker dagegen schäumt vor Wut: "Die von der Lithium-Firma sind gekommen und haben gesagt, sie wollten nur ein paar Probebohrungen durchführen. Doch ehe wir uns versahen, hatten sie den Berg dort praktisch zerstört. Sie haben überall Bohrplattformen angelegt, es ist eine echte Sauerei. Und obwohl wir ihnen sagten, auf unseren 'baldios' dürften sie das nicht machen, wollten sie nicht aufhören!"
Eine hügelige grüne Landschaft wird von braunen Wegen in mehreren Stufen brutal zerschnitten.
Für die Probebohrungen wurden brutal Wege in der Landschaft angelegt. © Jochen Faget
Fernando Queiroga, der Landrat, bestätigt den Schaden, den die als "kleine Probebohrungen" angekündigten Arbeiten angerichtet haben.
"Die haben 105 Betonplattformen gebaut, jede gut hundert Quadratmeter groß", erzählt er. "Sie haben alles abgeholzt, ein brutales Umweltverbrechen. Sie haben neue Wege für die schweren Maschinen angelegt, dabei alte Wege der Anwohner zerstört. Und vor allem haben sie der Bevölkerung nichts gesagt."
"Sie", das sind die Vertreter der Savannah Resources, eines mächtigen Bergwerk-Multis mit Sitz in London. Der Konzern hat die Abbaurechte 2017 von einem anderen Unternehmen erworben, das dort Feldspat abbauen wollte. In einer – so wird in der Region gemunkelt - recht undurchschaubaren Transaktion. Ein Video im Internet bewirbt das geplante Bergwerk als Europas größtes Lithium-Projekt mit enormem Wachstumspotential. Der Abbau sei auf mehr als zehn Kilometern möglich.
Das sind Dimensionen, die sich den Lithiumbergwerken in Südamerika annähern, die ebenfalls wegen der verursachten Landschaftszerstörung umstritten sind. David Archer, der Savannah-Vorstandsvorsitzende dagegen nennt es im Werbevideo "das aufregendste Lithium-Projekt in Westeuropa heute".
Ein Schild rechts am Eingang zu einer Waldlanschaft, die von einem breiten lehmigen Weg durchschnitten wird.
Der britische Bergwerk-Multi "Savannah Resources" schafft in Nordportugal vollendete Tatsachen, obwohl noch gar nicht feststeht, dass er hier Lithium abbauen darf.© Jochen Faget
Der Bienenzüchter Gonçalves, die Bürgerinitiative aus Covas und die meisten Bewohner der Region Barroso wollen sich damit jedoch nicht abfinden. Carlos Gonçalves spricht von Heimatverbundenheit und Liebe zum Land, während er durch die Landschaft streift, wo das Bergwerk gebaut werden soll. Erklärt, wie hart die Menschen hier gearbeitet hätten, um zumindest bescheidenen Wohlstand zu schaffen. In seinem Fall seit 17 Jahren mit herkunftszertifiziertem Bienenhonig.
"Ich bin nicht reich", sagt er, "aber es geht mir auch nicht schlecht. Und ich lebe viel lieber hier als in einer Stadt. Wir haben etwas aufgebaut, das gefällt mir."

"Der Lärm der Maschinen wird Stress verursachen"

Der Bienenzüchter will - wie fast alle anderen - gegen das Bergwerk kämpfen: "Nein, nein. Ich war von Anfang an gegen den Lithiumabbau. Der wird uns keine Vorteile bringen, nur Nachteile. Mein Honig wird schlechter werden! Da können die noch so oft das Gegenteil behaupten. Es wird furchtbar stauben und der Lärm der Maschinen wird viel Stress verursachen."
Ein älterer schmaler  Mann mit Käppi und Anorak steht vor einer Landschaft mit Tannen, großen flachen Steinen und Hügeln im Hintergrund und schaut entschlossen in die Kamera.
Carlos Gonçalves, einer der "Dickschädel hinter den Bergen", will bis zum Ende gegen das Bergwerk kämpfen. © Jochen Faget
Wie groß die Umweltschäden durch das Lithiumbergwerk im Barroso sein werden, weiß allerdings niemand genau.
Das muss eine noch ausstehende Umweltstudie klären, stellt Energiestaatssekretär Galamba fest: "Der Betreiber muss eine Umweltstudie vorlegen, das steht im Vertrag und in den Gesetzen. Sollte die positiv sein, darf er mit den Arbeiten beginnen. Die Abbaugenehmigung wird aber nur erteilt, wenn die staatliche Umweltagentur die Studie gutheißt."
Daran, dass das geschieht, hat kaum jemand Zweifel. Die Umweltagentur hat bis jetzt fast alle ihr vorgelegten Projekte genehmigt und sich bereits einige zweifelhafte Entscheidungen geleistet. Zuletzt für Lissabons neuen Flughafen am Rande eines Naturschutzgebietes, der obendrein überschwemmungsgefährdet sein wird. Die Tatsache, dass sie zum gleichen Ministerium gehört wie das Energiestaatssekretariat, macht sie für die Menschen im Barroso nicht vertrauenswürdiger.
Bienenzüchter Carlos Gonçalves spricht aus, was alle denken: "Wer von denen kennt schon unsere Region, wie können die sich anmaßen, so etwas zu entscheiden. Die wissen doch nicht einmal, dass wir zum Welt-Landwirtschaftserbe gehören. Und solche Leute regieren unser Land!"

Alle warten gespannt auf die Umweltstudie

Trotzdem wartet auch er gespannt auf die Umweltstudie. Doch sollte die staatliche Umweltagentur danach den Bergwerksbau genehmigen, wird der Streit um das Lithium im Barroso weitergehen. Die "Dickschädel" hinter den Bergen wollen den Abbau unter allen Umständen verhindern.
Nelson Gomes, der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen das Bergwerk, versichert: "Wir sind bereit, für unsere Heimat zu kämpfen. Sollten die Maschinen kommen um das Bergwerk zu bauen, werden wir das verhindern. Denn das wäre die Zerstörung der Region. Und wer verteidigt uns schon, wenn wir es selbst nicht tun."
Die ferne Hauptstadt Lissabon hat es in den vergangenen Jahrhunderten nicht getan, warum sollte das jetzt anders sein? Und schließlich gilt hinter den Bergen das Sprichwort: Auf dieser Seite des Marão-Gebirges bestimmen die, die hier leben.
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