Liedermacher Hubert von Goisern

"Ich übersetze Musik in Worte"

34:49 Minuten
Hubert von Goisern mit seiner Ziehharmonika
Hubert von Goisern schreibt auch Filmmusiken, zum Beispiel für den Film "Schlafes Bruder". © dpa / picture alliance / bild pressehaus
Moderation: Katrin Heise · 01.09.2020
Audio herunterladen
Mit seiner Musik hat Hubert von Goisern fast die ganze Welt bereist. So kamen zur Mundart und dem Jodeltalent des Liedermachers immer mehr nicht-alpine Klänge dazu. Bis heute ist sein Künstlername Ausdruck von Heimatliebe und Protest zugleich.
Wortkarg und mit Holzbein, so erinnert sich Hubert von Goisern an den älteren Mann, von dem er sein erstes Instrument bekam. Der zwölfjährige Hubert hatte ein Ziel, in der Blaskapelle die Trompete spielen. "Ich wollte so ein strahlendes Instrument lernen, das laut ist und glitzert. Da haben sie mir gesagt, ‚du gehst zum Sepp'. Ich kannte den nicht, der war sicher schon 70. Ich habe mich so vor dem Mann gefürchtet." Was Hubert von Goisern von ihm bekam war keine Trompete, sondern ein Flügelhorn.

Künstlername als "Racheakt"

Wenig später erhielt er sie doch, musste aber feststellen, dass eine Blaskapelle nicht der richtige Platz für ihn ist. "Da habe ich nicht wirklich reingepasst. Aber ich habe da schon viel gelernt. Ich hatte meinen Trompetenlehrer an meiner Seite, der ein ganz weichherziger Mensch war. Der hat nie mit mir geschimpft, wenn ich nicht geübt habe. Und ich habe nie geübt, ich bin kein Über."
Es war wohl kein ganz einfaches Aufwachsen für Hubert von Goisern in seinem Geburtsort Bad Goisern. Seinen Künstlernamen wählte der als Hubert Achleitner geborene Österreicher auch um seinen Protest auszudrücken.
"Ich hatte nicht so das Gefühl vermittelt bekommen, als ich dort aufgewachsen bin und zur Schule ging, dass ich so richtig dazugehöre. Meine Eltern sind zugewandert, meine Großeltern waren Flüchtlinge aus dem Sudetenland. Ich war schon integriert, aber man wusste, wer zu den alten Geschlechtern gehört und wer nicht. Und ich hatte auch meine Probleme, als ich meine Musik umzusetzen begann, andere Ansätze gezeigt habe. Heute würde man sagen, ich wurde gedisst. So war es dann schon ein kleiner Racheakt den Leuten zu zeigen, das ist auch etwas, was aus diesem Ort kommt."

Vom Chemielaboranten zum Musiker

Musiker wollte Hubert von Goisern schon immer werden. Doch die "unmusikalische" Familie wäre dagegen gewesen. "Das hätte ich nicht durchziehen können, ohne mit den Leuten zu brechen. Das wollte ich nicht." Also arbeitete er ein paar Jahre als Chemielaborant. Erst mit Ende 20 konzentrierte sich Hubert von Goisern voll auf die Musik. "Als ich 30 war, habe ich gesagt, jetzt bin ich Musiker."
Bevor Hubert von Goisern seine erfolgreiche Band "Alpinkatzen" gründete, zog er als Musiker durch die Welt, engagierte sich in Südafrika gegen die Apartheid, lernte ausgerechnet in Kanada Flamencogitarre zu spielen, lebte für längere Zeit auf den Philippinen. "Ich war einfach neugierig. Mich hat es interessiert, wie es dort riecht, wie die Leute dort drauf sind. Ich bin ein Slowtraveller."
Mit den "Alpinkatzen" tourte Hubert von Goisern mehr als zehn Jahre, bis Mitte der 1990er-Jahre, durch den deutschsprachigen Raum. Die Band zählte in dieser Zeit zu den "erfolgreichsten des Alpenrocks". Hubert von Goisern schrieb in dieser Phase auch Filmmusiken, zum Beispiel für den Film "Schlafes Bruder".

Unterwegs mit gefälschten Papieren

Ende der 1990er-Jahre ging Hubert von Goisern wieder auf Reisen. Mit einem gefälschten Visum schaffte er es nach Tibet. Er wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen.
"Es war viel, viel fürchterlicher als alle Schilderungen, die ich gehört habe. Also ich bin fassungslos über diesen Umgang, den China mit diesem Volk und mit diesem Land hat. Und das die ganze Welt eigentlich ‚Ja und Amen‘ dazu sagt."
Nach der Rückkehr verarbeitete Hubert von Goisern seine Eindrücke zusammen mit Exiltibetern in einem Musikprojekt. Die tibetische Musik sollte "ins Hier und Jetzt transportiert werden".

Wenn Worte nicht mehr reichen

Zwei Jahre hat die ganze Sache gedauert. Aber wie kommt er überhaupt zu seinen Liedern, die Einflüsse aus Rockmusik, Alpiner Volksmusik oder aber auch aus dem Reggae oder Punkrock vereinen? "Ich habe ein Thema, das kommt als Sound, als Musik, als Harmonie, als Rhythmus heraus. Und es ist manchmal gar nicht so klar, was das Thema ist. Es ist manchmal so ein Lebensgefühl. Und dann erzählt mir eigentlich die Musik die Geschichte, die da drinsteckt. Ich übersetze sie dann in Worte." Und wenn "Worte nicht mehr reichen", dann kommt auch sein berühmtes Jodeln hinzu.
(ful)
Mehr zum Thema