Liebeslüge
Eine junge Berliner Jüdin, die sich in einen "Goj", also einen Nicht-Juden verliebt und damit ein verwickeltes Versteckspiel mit ihrer Familie anzettelt – das ist das Thema der Komödie "So ein Schlamassel", die am Freitag in der ARD gezeigt wird. Nicht erst seit dem Kinoerfolg von "Alles auf Zucker" scheint eine neue Leichtigkeit im Umgang mit jüdischen Stoffen im Kommen zu sein.
Ausgelassen tanzen die festlich gekleideten Gäste im Kreis, werfen die Arme in die Luft und klatschen im Takt zu den lebhaften Rhythmen der fünfköpfigen Band. Zwischen goldenen Stoffbahnen und bunten Luftballons hängt das Porträt eines kleinen Jungen, darunter ein Spruchband, das den Anlass für die Feier verrät: "Bar Mitzwa" steht da. Plötzlich endet die Musik, ein lautes "Dankeschön" ertönt – das Ambiente ist nur Kulisse, die Bar Mitzwa eine Szene für den Film "So ein Schlamassel", der in Berlin gedreht wurde.
In der Komödie geht es um Jil, eine Berliner Jüdin, die sich in den Nicht-Juden Marc verliebt. Das Problem: Jils jüdische Familie wäre alles andere als begeistert, wenn sie einen "Goj" mit nach Hause brächte. Also lügt Jil der Sippe vor, Marc sei Jude – doch der Schwindel fliegt auf. Alice Brauner produzierte den Film. Und nicht nur das: Die Geschichte basiert zum Teil auf ihrem Leben. Kein Wunder also, dass sie oft stundenlang mit Drehbuchautor Daniel Wolf telefonierte, wie sie sich erinnert:
"Wir haben wirklich an allem gefeilt, wir haben auch harte Diskussionen gehabt, weil wir teilweise eben unterschiedlicher Auffassung waren und ich aber gesagt habe 'Hör zu, es ist Teil meiner Geschichte und es muss so sein, wie ich es erlebt habe'. Was natürlich nicht stimmt, was ich nicht erlebt habe, ist, dass jemand als Jude verkauft wurde in Anführungszeichen, der keiner ist. Das haben wir um der Komödie willen so gemacht."
Alice Brauner ist die Tochter der Produzentenlegende Artur Brauner: Einen besonderen Druck verspürte sie deswegen allerdings nicht. Ganz im Gegenteil – die ehemalige Journalistin ist stolz, dass sie schon mit ihrem Erstling eine beeindruckende Besetzungsliste vorweisen kann, auf der Namen wie Natalia Avelon, Johannes Zirner, Michael Mendl, Marianne Sägebrecht und Gedeon Burkhard stehen.
"Wir haben nicht drei bekannte Namen, wir haben zwölf brillante Schauspieler, und ich bin unglaublich stolz. Die haben auch alle sofort ja gesagt, sie sind wahnsinnig unkompliziert, was man ja von dem ein oder anderen nicht gedacht hätte. Und sie finden sich wahnsinnig gut in dieses ganze Jüdische hinein. Also es gibt viele Diskussionen nach Drehschluss, dazwischen, in den Pausen, sie fragen alle sehr viel. Man hätte fast den Eindruck, dass die alle kurz vorm Übertreten sind"
"Übertreten" ist das Stichwort: Kaum einer der Darsteller der jüdischen Familie ist tatsächlich Jude, ebenso wenig Regisseur Dirk Regel. Daher hat dieser sich ganz besonders auf den Dreh vorbereitet, wie er berichtet:
"Mit offenen Augen und offenen Ohren. Ich bin glücklicherweise eingeladen worden zu einer Bar Mitzwa, wo ich in der Tat das erste Mal in meinem Leben war. Und was ich sehr schön finde, wenn man das erste Mal da ist, nimmt man, glaube ich, besonders wahr, was außergewöhnlich ist, was anders ist und was eigentlich die typischen Merkmale einer Bar Mitzwa sind. Und so habe ich viele Treffen gehabt, viele Gespräche und viele Filme gesehen, und umfangreich recherchiert. Es ist wie ein historischer Film, obwohl es heute spielt."
Gegenüber Regisseur Dirk Regel, der vor dem Dreh wenig über die jüdische Kultur wusste, hatte Hauptdarstellerin Natalie Avelon, die "Jil" spielt, einen Vorteil. Sie erklärt:
"Eine meiner besten Freundinnen ist Jüdin, auch Berliner Jüdin, insofern habe ich da einen super Einblick. Also ich musste mich nicht wirklich vorbereiten, was das Judentum an sich angeht, weil ich ja ständigen Kontakt damit habe."
Anders Schauspieler Michael Mendl, der in "So ein Schlamassel" Jils Vater Benno Grüngras spielt. Für Mendl ist die jüdische Kultur etwas Neues, wie er sagt. Dennoch hat sich der erfahrene Bühnendarsteller nicht speziell auf seine Rolle vorbereitet. Er meint:
"Diese Frage können wir eigentlich nie beantworten, wenn uns jemand fragt 'Wie haben sie sich vorbereitet?' Da gibt es einfach ein Handwerkszeug, da ist man Schauspieler. Und man muss sich auf so viele Dinge gar nicht vorbereiten, wie oft das Publikum glaubt, dass man es täte. Ich stelle einen Menschen dar, und ob der Jude ist oder Christ, das ist mir wurscht."
Es scheint, als nehme eine neue Leichtigkeit Platz im Umgang mit jüdischen Themen – zumindest im Film. Man denke etwa an die Erfolgskomödie "Alles auf Zucker". Gibt es vielleicht sogar einen Trend zur jüdischen Komödie in Deutschland? Darauf antwortet Drehbuchautor Daniel Wolf:
"Die Frage ist sehr gerechtfertigt, denn es gibt ja diese jewish comedy, so wie sie in Amerika ja seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, die jetzt langsam auch in Deutschland Fuß fasst. Es gibt ja diesen Oliver Pollack, der ein Buch geschrieben hat "Ich darf das, ich bin Jude", auch eine Lena Gorelik, eine russische Autorin, die sehr, sehr locker-leicht über diese jüdischen Dinge schreibt. Und ja, das ist sicherlich ein Trend. Da ist definitiv etwas im Entstehen."
Eine gewisse Leichtigkeit ist jedenfalls auch am Set zu bemerken: Bei allem Zeitdruck wird viel gelacht und gescherzt – und großzügig darüber hinweg gesehen, dass der Drehtag ein Samstag ist und damit eigentlich ja an Schabbat gearbeitet wird. Dass das nicht so ganz zu einer Geschichte passt, die eine traditionelle jüdische Familie zum Thema hat, weiß auch Autor Wolf. Er gibt mit einem Augenzwinkern zu:
"Die Sachzwänge einer Filmdisposition richten sich anscheinend nicht immer nach der jüdischen Religion."
Die Komödie "So ein Schlamassel" wird am Freitag, 29. Januar, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt
In der Komödie geht es um Jil, eine Berliner Jüdin, die sich in den Nicht-Juden Marc verliebt. Das Problem: Jils jüdische Familie wäre alles andere als begeistert, wenn sie einen "Goj" mit nach Hause brächte. Also lügt Jil der Sippe vor, Marc sei Jude – doch der Schwindel fliegt auf. Alice Brauner produzierte den Film. Und nicht nur das: Die Geschichte basiert zum Teil auf ihrem Leben. Kein Wunder also, dass sie oft stundenlang mit Drehbuchautor Daniel Wolf telefonierte, wie sie sich erinnert:
"Wir haben wirklich an allem gefeilt, wir haben auch harte Diskussionen gehabt, weil wir teilweise eben unterschiedlicher Auffassung waren und ich aber gesagt habe 'Hör zu, es ist Teil meiner Geschichte und es muss so sein, wie ich es erlebt habe'. Was natürlich nicht stimmt, was ich nicht erlebt habe, ist, dass jemand als Jude verkauft wurde in Anführungszeichen, der keiner ist. Das haben wir um der Komödie willen so gemacht."
Alice Brauner ist die Tochter der Produzentenlegende Artur Brauner: Einen besonderen Druck verspürte sie deswegen allerdings nicht. Ganz im Gegenteil – die ehemalige Journalistin ist stolz, dass sie schon mit ihrem Erstling eine beeindruckende Besetzungsliste vorweisen kann, auf der Namen wie Natalia Avelon, Johannes Zirner, Michael Mendl, Marianne Sägebrecht und Gedeon Burkhard stehen.
"Wir haben nicht drei bekannte Namen, wir haben zwölf brillante Schauspieler, und ich bin unglaublich stolz. Die haben auch alle sofort ja gesagt, sie sind wahnsinnig unkompliziert, was man ja von dem ein oder anderen nicht gedacht hätte. Und sie finden sich wahnsinnig gut in dieses ganze Jüdische hinein. Also es gibt viele Diskussionen nach Drehschluss, dazwischen, in den Pausen, sie fragen alle sehr viel. Man hätte fast den Eindruck, dass die alle kurz vorm Übertreten sind"
"Übertreten" ist das Stichwort: Kaum einer der Darsteller der jüdischen Familie ist tatsächlich Jude, ebenso wenig Regisseur Dirk Regel. Daher hat dieser sich ganz besonders auf den Dreh vorbereitet, wie er berichtet:
"Mit offenen Augen und offenen Ohren. Ich bin glücklicherweise eingeladen worden zu einer Bar Mitzwa, wo ich in der Tat das erste Mal in meinem Leben war. Und was ich sehr schön finde, wenn man das erste Mal da ist, nimmt man, glaube ich, besonders wahr, was außergewöhnlich ist, was anders ist und was eigentlich die typischen Merkmale einer Bar Mitzwa sind. Und so habe ich viele Treffen gehabt, viele Gespräche und viele Filme gesehen, und umfangreich recherchiert. Es ist wie ein historischer Film, obwohl es heute spielt."
Gegenüber Regisseur Dirk Regel, der vor dem Dreh wenig über die jüdische Kultur wusste, hatte Hauptdarstellerin Natalie Avelon, die "Jil" spielt, einen Vorteil. Sie erklärt:
"Eine meiner besten Freundinnen ist Jüdin, auch Berliner Jüdin, insofern habe ich da einen super Einblick. Also ich musste mich nicht wirklich vorbereiten, was das Judentum an sich angeht, weil ich ja ständigen Kontakt damit habe."
Anders Schauspieler Michael Mendl, der in "So ein Schlamassel" Jils Vater Benno Grüngras spielt. Für Mendl ist die jüdische Kultur etwas Neues, wie er sagt. Dennoch hat sich der erfahrene Bühnendarsteller nicht speziell auf seine Rolle vorbereitet. Er meint:
"Diese Frage können wir eigentlich nie beantworten, wenn uns jemand fragt 'Wie haben sie sich vorbereitet?' Da gibt es einfach ein Handwerkszeug, da ist man Schauspieler. Und man muss sich auf so viele Dinge gar nicht vorbereiten, wie oft das Publikum glaubt, dass man es täte. Ich stelle einen Menschen dar, und ob der Jude ist oder Christ, das ist mir wurscht."
Es scheint, als nehme eine neue Leichtigkeit Platz im Umgang mit jüdischen Themen – zumindest im Film. Man denke etwa an die Erfolgskomödie "Alles auf Zucker". Gibt es vielleicht sogar einen Trend zur jüdischen Komödie in Deutschland? Darauf antwortet Drehbuchautor Daniel Wolf:
"Die Frage ist sehr gerechtfertigt, denn es gibt ja diese jewish comedy, so wie sie in Amerika ja seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, die jetzt langsam auch in Deutschland Fuß fasst. Es gibt ja diesen Oliver Pollack, der ein Buch geschrieben hat "Ich darf das, ich bin Jude", auch eine Lena Gorelik, eine russische Autorin, die sehr, sehr locker-leicht über diese jüdischen Dinge schreibt. Und ja, das ist sicherlich ein Trend. Da ist definitiv etwas im Entstehen."
Eine gewisse Leichtigkeit ist jedenfalls auch am Set zu bemerken: Bei allem Zeitdruck wird viel gelacht und gescherzt – und großzügig darüber hinweg gesehen, dass der Drehtag ein Samstag ist und damit eigentlich ja an Schabbat gearbeitet wird. Dass das nicht so ganz zu einer Geschichte passt, die eine traditionelle jüdische Familie zum Thema hat, weiß auch Autor Wolf. Er gibt mit einem Augenzwinkern zu:
"Die Sachzwänge einer Filmdisposition richten sich anscheinend nicht immer nach der jüdischen Religion."
Die Komödie "So ein Schlamassel" wird am Freitag, 29. Januar, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt