„Liebe sei Tat“
Am Stuttgarter Marienhospital arbeiten rund 60 Vinzentinerinnen. Viele Jahre haben die Ordensschwestern das Krankenhaus alleine organisiert. Seit der Gründung des Krankenhauses im Jahr 1890 hat sich die Pflege von Kranken grundlegend verändert. Aber noch immer steht die Arbeit der Schwestern unter dem Motto: „Liebe sei Tat“.
Und trotz Hightech-Medizin scheint die Zeit im Marienhospital manchmal still zu stehen, auch weniger religiöse Menschen sind von der menschlichen Atmosphäre angezogen.
„Als ich so um die 35 Jahre alt war, da war das wirklich ganz schwierig für mich. Da hätte ich mir gut vorstellen können, auch die Zeit hier zu beenden und nochmals etwas ganz Neues anzufangen. Ich habe mich dann anders entschieden. Das war aus heutiger Sicht sicher auch richtig, aber es war eine schwere Entscheidung, muss ich wirklich sagen.“
„Auch katholische Ordensschwestern sind nicht frei davon, sich zu verlieben, auch nicht frei davon, sich ein anderes Leben, ein ‚normales‘ Leben, vorstellen zu können.“
„Heute kann ich damit leben, ich bin auch nicht mehr sofort traurig, wenn ich jemanden sehe, der schwanger ist. Ich erlebe mein Leben inzwischen wieder als sehr erfüllt. Und vor allem erlebe ich mich als am richtigen Ort, am richtigen Platz. Und das ist okay so, das passt jetzt wieder.“
Schwester Anna Louisa ist mittlerweile 41 Jahre alt und Pflegedirektorin am Stuttgarter Marienhospital. Direktorin, Chefin von rund 700 Mitarbeitern in der Krankenpflege. Eine Karrierefrau. Statt Designerkostüm trägt sie Tracht: Weiße Bluse, blaues Kleid, schwarze Schuhe. Von ihren Haaren sieht man nur den blonden Ansatz, den Rest verdeckt ein Kopftuch. Eine Pflegedirektorin verdient rund 40.000 Euro im Jahr, Schwester Anna-Luisa bekommt 30 Euro Taschengeld – im Jahr. Drei Gelübde hat sie abgelegt: Keuschheit, Gehorsam und Armut.
„Was für meine Tante zum Beispiel ganz eigenartig war, war, dass mit diesem ‚Karrieresprung‘ – mit diesem beruflichen Karrieresprung – kein anderes Zimmer oder sonst irgendwelche Privilegien verbunden waren. Das heißt, ich wohne im gleichen Zimmer wie meine Mitschwestern auch, ich habe nicht mehr Taschengeld als meine Mitschwestern. Das heißt: Taschengeld haben wir 30 Euro im Jahr zur freien Verfügung.
Ich bin da irgendwie ziemlich unklug. Mir geht es so, dass ich meistens die 30 Euro am Ende des Jahres noch habe, aus lauter Angst – also nicht die ganzen 30 Euro, aber bei mir bleibt meistens noch etwas übrig.“
Keuschheit, Gehorsam und Armut. Vor zwanzig Jahren ist sie in den Orden der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul eingetreten, nach dem Abitur und einer Ausbildung als Krankenschwester im Stuttgarter Marienhospital. Im Stuttgarter Marienhospital hatte sie zum ersten Mal Kontakt mit Schwestern des Ordens. Die junge Frau fühlte sich angezogen von der Lebensform:
„Das ging ziemlich schnell, das war alles, ja, nicht einfach. Auch hatte ich einige Konflikte mit meinen Eltern, die mit der Situation weniger gut umgehen konnten. Für die das erst einmal ein großer Schock war. Ich habe dann nach der Ausbildung noch ein halbes Jahr hier gearbeitet und bin dann in das Postulat und ins Noviziat nach Untermarchtal und dann nach einiger Zeit wieder hierher gekommen.“
Nach dem Morgenlob, der Laudes, in der Krankenhauskapelle, um 6.30 Uhr, treffen sich die Schwestern im Refektorium zum Frühstück. Noch einmal sind sie unter sich, bevor sie sich, wie es ihr Auftrag vorsieht, unter die Menschen, die Hilfsbedürftigen mischen. Einige von ihnen tragen ganz weiße Trachten, die Pflegeschwestern. Für die Schwestern ein sichtbares Bekenntnis ihrer Zugehörigkeit zum Orden, für ihre Mitmenschen oft eine Provokation.
„Als ich eine ganz junge Schwester war, da gab es manchmal ganz böse Anmache, also: ‚Wenn du einen Mann brauchst, dann hier, ich bin da‘. Das fand ich sehr, sehr verletzend. Es gab auch Situationen, in denen ich angespuckt wurde, oder jemand schreit ‚Pinguin‘ einem hinter her. Das verletzt mehr oder weniger, je nach eigener Verfassung.“
Schwester Anna Luisa trinkt ihre Tasse Kaffee leer, die Zeit drängt, ihr Terminkalender ist voll. Um zehn Uhr treffen sich heute die Pflegedienstleitungen des Stuttgarter Krankenhauses in ihrem Büro.
„Heute werden wir noch einmal den Stellenplan anschauen müssen. Und danach ist noch einmal ein Gesprächstermin mit zwei Mitarbeiterinnen, wo es um berufliche Weiterentwicklung, Personalentwicklung, geht. Und dann anschließend wäre Direktoriumssitzung.“
Und dazwischen ungezählte Telefongespräche, eine Flut von E-Mails.Immer wieder klopft es an der Tür. Ein recht irdischer Berufsalltag.
Kurz vor zehn Uhr kommen nach und nach sieben Pflegedienstleistungen des Marienhospitals, darunter auch ein Mann: Die Zeiten, in denen das Stuttgarter Marienhospital ausschließlich von Ordensschwestern gemanagt wurde, sind vorbei. Dem Orden fehlt es an Nachwuchs. Nur noch 62 Vinzentinerinnen arbeiten zurzeit in der Stuttgarter Klinik. Das Marienhospital gehört mittlerweile zu einem Klinikverbund, Gesellschafter sind die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul in Untermarchtal.
Die nächsten zwei Stunden werden hart für Schwester Anna Luisa. Die Klinik steht kurz vor einem Pflegenotstand, nicht nur das Stuttgarter Marienhospital. Vor allem Personal für die Operationssäle ist kaum noch zu kriegen. Auch die schwierige finanzielle Situation ist ein Dauerthema, da unterscheiden sich Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft nicht von Häusern in kommunaler Hand.
1890 wurde das Krankenhaus im Stuttgarter Süden gegründet. Grund war damals der anhaltende Zuzug von Katholiken in die Stadt. Aus einem 90- Betten-Haus mit damals 15 Schwestern ist mittlerweile eine moderner, aus mehreren Gebäuden bestehender Klinikkomplex geworden. In verschiedenen Fachkliniken mit insgesamt 780 Betten arbeiten rund 1600 Mitarbeiter am Marienhospital. Jedes Jahr lassen sich rund 30.000 Patienten stationär behandeln, über 1000 Kinder kommen jedes Jahr im Marienhospital zu Welt.
Das Haus gehört zu den innovativsten Kliniken im Land. Jüngst wurde eine Schmerzambulanz eingerichtet. Schon länger werden in dem katholischen Haus Schönheitsoperationen angeboten: Gesichtskorrekturen, Brustvergrößerungen, auch Verkleinerungen, Fettabsaugungen wo auch immer. Vor Gott sind alle Menschen gleich, sagen die Schwestern, aber auf Erden finden sich zunehmend Frauen nicht damit ab, so auszusehen, wie sie geschaffen wurden:
Zwölf Uhr: Die Besprechung ist vorbei. In einer Viertelstunde treffen sich die Schwestern wieder zum Gebet in der Krankenhauskapelle. Zeit für einen Schluck Kaffee:
„Ich erlebe das wirklich schwierig. Ich bin auch froh, dass ich nicht den direkten Kontakt habe, weil für mich manche der äußeren Merkmale – oder Probleme mit äußeren Merkmalen, die die Menschen haben – ja eher auf etwas anderes schließen: also auf wenig Selbstbewusstsein, darauf, dass andere Werte im Leben weniger wichtig sind. Damit tue ich mich manchmal doch sehr schwer und merke, dass ich da doch oft wenig tolerant bin.“
Probleme hat die Pflegedirektorin auch mit einer Entwicklung an den Krankenhäusern, die wieder klar zwischen gesetzlich und privat versicherten Patienten unterscheidet:
„Da brauche ich wirklich ganz viel Energie, um das für mich auf die Reihe zu kriegen und mir nicht nur irgendein Konstrukt zusammenzubauen, damit ich es ethisch vertreten kann.“
Sie habe viel über Gerechtigkeit und die Frage, was Gerechtigkeit und Gleichheit miteinander zu tun haben, nachgedacht, sagt die Pflegedirektorin. In Kürze wird das Marienhospital wieder sogenannte Privatstationen einführen. Privat Versicherte bekommen zusätzliche Leistungen angeboten.
„Die finanziellen Mittel, die wir über eine Privatstation hineinbekommen ins Krankenhaus – dass die natürlich dann für alle, zum Wohl für alle sind, das ist eine Erklärung. Und dann haben wir uns darauf geeinigt, dass sich nur etwas an der Ausstattung verändert und an den Hotelleistungen – aber nicht an der pflegerischen Versorgung und an der Zuwendung zum einzelnen Menschen.“
„Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietwohnung, als Kapelle die Pfarrkirche, als Klostergänge die Straßen der Stadt.“
„Wo wir ganz Ernst machen mit unserem Glauben, da wird Liebe zur Tat.“
In diesem Jahr feiern die Vinzentinerinnen ihr 150-jähriges Bestehen. Jenseits von Klostermauern sollen sie arbeiten, so wollte es ihr Vorbild und Ordensgründer Vinzenz von Paul. Er gilt als Begründer der neuzeitlichen Caritas.
Das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul steht im oberschwäbischen Untermarchtal. 450 Schwestern gehören zurzeit zur Gemeinschaft, zusätzlich arbeiten etwa 200 Krankenschwestern in Tansania. In das Mutterhaus nach Untermarchtal gehen die Schwestern erst nach ihrem Arbeitsleben zurück. In Stuttgart leben sie unweit des Krankenhauses in einem Schwesternwohnheim zusammen.
Morgens, mittags, abends. Jeden Tag sind sie zusammen, auch an den Wochenenden. Die jüngsten unter ihnen sind knapp 30 Jahre alt, die ältesten fast 90 Jahre.
„Vieles ist eben sehr uniformiert, also nicht nur äußerlich, durch die Tracht, sondern auch viele unserer Gesten, Gebärden, wie wir sprechen – also, es ist ganz vieles gleich. Da braucht man schon eine Weile, um so auch seine Individualität wiederzufinden in der Gemeinschaft.“
Schwester Anna-Luisa singt in einem Chor und geht relativ häufig nach Hause, vier- bis fünfmal im Jahr, nach Rottenburg, etwa eine halbe Fahrstunde von Stuttgart entfernt. Langeweile hat sie nie:
„Ich mache Sport, ich gehe entweder Schwimmen oder ins Activum, das ist so ein kleines Fitnessstudio hier im Haus.“
Theater oder Kinobesuche sind bei 30 Euro Taschengeld im Jahr fast nicht drin, sagt sie. Doch sie bedauere das nicht jedes Mal, wenn es nicht geht.
Schaffte es der frühere baden-württembergische CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel am Abend nicht nach Hause zu seiner Familie, bezog er eine Klause im Marienhospital. Der einzige Politiker, der im gesunden Zustand ein derartige Privileg genoss. Doch auch namhafte Größen aus dem gesellschaftlichen Leben zieht es zur Behandlung ins Marienhospital. Alle schwärmen sie für die Atmosphäre in dem Haus. Viele sind nach eigenen Angaben etwas gläubig, mehr bezeichnen sich als Atheisten. Doch im Ernstfall, im Krankheitsfall, werden die Ordensschwestern zum Anker:
„Eine Ordensschwester muss einfach alles wissen und alles können.“
Schwester Albina ist mit 86 Jahren die dienstälteste Schwester am Marienhospital. Jahrelang leitete sie verschiedene chirurgische Stationen und wurde dann Pflegedienstleitung. Heute betreut sie Praktikantinnen im Pflegebereich. 1948 kam sie als Lernschwester ins Krankenhaus – damals, als die Krankenzimmer noch Säle waren und zwölf Betten in einem Saal standen:
„Wir haben ja Säle gehabt mit zwölf Betten, ohne fließend Wasser, man muss sich das denken. Da hat man Waschschüsseln aufstellen müssen, schon abends – die Nachtwache, die hat Waschwasser gestellt, dass sie sich waschen konnten. Denn früher sind die Leute einfach länger im Bett gewesen.“
Und die Betten hatten keine Räder:
„Und wir haben wirklich alles tragen müssen. Mir hat das nichts ausgemacht, wir waren es gewöhnt: Ich habe einen Zwei-Zentner-Mann ins Bett gelupft.“
Frauen und Männer lagen noch getrennt. Am liebsten waren der Schwester ihre Männer.
„Also, die Männer waren gut zu heben, besser als die Frauen.“
Heute stehen den Patienten Vier-Bett-Zimmer mit Trennwänden zur Verfügung, Privatpatienten Zwei-Bett-Zimmer. Zwei Patienten teilen sich eine Nasszelle. In jedem Zimmer hängt ein schwenkbares Fernsehgerät an der Decke. Nicht nur die Räume haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert, auch die Patienten:
„Also, es hat sich sehr gewandelt, auch durch die Medien, durch alles. Die sind einfach mehr informiert.“
Früher seien die Chefs zwar streng, aber gerecht gewesen:
„Man hat auch zu den Chefs Vertrauen gehabt. Denn die Chefs waren natürlich anders, das waren natürlich auch Persönlichkeiten. Ich habe es immer gut gehabt.“
Damals, als Patienten noch in den Betten rauchten, und Schwester Albina gemeinsam mit einem ihrer Chefs Ende der 50er Jahre das Rauchverbot am Marienhospital einführte:
„Als ich die Unfallchirurgie übernommen habe, habe ich zum Chef gesagt: Also, das kann ich nicht aushalten. Erstens ist es gefährlich, und zweitens kann ich das einfach nicht leiden. Wir haben drei entlassen, die geraucht haben, und dann war das fertig, dann war das aus. Das war für mich einfach nicht zumutbar, die haben dann in den Servietten die brennende Zigaretten versteckt, als ich in die Zimmer gekommen bin, und ich habe es immer gerochen.“
Schwester Albina läuft auf das Stationszimmer einer Krankenstation zu, die mittlerweile Pflegeeinheiten heißen. Ein Laptop steht an der Stelle, wo einst der Kurvenwagen stand.
Krankenakten, in denen ganze Lebens- und Krankengeschichten zu finden waren. Nun finden sich alle Geschichten für die älteren Schwestern kaum noch erschließbar im Computer. Immer mal wieder lässt sich Schwester Albina informieren, was sich verändert hat:
„Der Arzt bei der Visite guckt erst in den Laptop, und dann geht er in das Zimmer, ohne Laptop.“
Manche Schwester habe resigniert, sagt Schwester Albina, und sei gegangen.
„Der Zugang zum Patienten hat gelitten.“
Doch ein klein wenig scheint auch die 86 Jahre alte Schwester von der neuen Technik und den damit verbundenen Möglichkeiten angetan zu sein.
„Was ganz neu ist: Die fragen jetzt auch noch das Essen ab, die Diät-Assistentinnen oder Service-Frauen, die nehmen mit dem Laptop auf, was die Patienten essen möchten.“
Schwester Albina sitzt wieder in ihrem kleinen Büro nahe der Station, die sie so viele Jahre geleitet hat. Sie koordiniert den Einsatz von Praktikantinnen. Seit 60 Jahren arbeitet die Ordensschwester nun im Marienhospital. Jahrelang hat sie Zwei-Zentner-Männer gelupft und Chefärzten gedient. Es sei wie in einer Familie gewesen.
„Und wir hoffen, dass die Atmosphäre auch ohne uns, oder wenn wir immer weniger werden, so bleibt. In zehn Jahren sieht das sicher ganz anders aus – dass einfach die Atmosphäre bleibt. Das müssen wir auch jetzt mehr denn je pflegen. Denn gerade: ‚Die Liebe sei Tat‘! Das sagt vieles aus. Denn schon das ganze Benehmen, auch wenn man in Hektik ist oder etwas anderes vorhat: Der Mensch geht einfach vor! Wenn einer Hilfe braucht, dann geht das einfach vor.“
Zum letzten Mal an diesem Tag treffen sich die Schwestern in der Kapelle des Spitals. Auf den Kirchenbänken sitzen nun auch einige Besucher und Patienten. Eine Frau im Bademantel weint, eine Ordensschwester nimmt wortlos ihre Hand.
Schwester Anna-Luisa hat es nicht in die Vesper geschafft, eine Besprechung ging wohl
zu lange. Schwester Albina redet vor der Kapelle noch mit ein paar Besuchern und verabschiedet sich dann:
„Jetzt gehe ich zu den Nachrichten. Und dann ziehen wir uns zurück, immer nach den Nachrichten. Und dann schließen wir den Tag ab. Das brauchen wir einfach für uns, dass wir am anderen Tag einfach wieder fit sein können. Und für die Mitmenschen da sein.“
Schwestern Anna Luisa taucht im Refektorium auf. Auch sie und die jüngeren Schwestern werden sich nach dem Abendessen zurückziehen. Eine Entschiedenheit, die fasziniert und doch erschreckt. Ist es ein Rückzug aus Enttäuschung? Ordensschwestern, vor allem junge Frauen, müssen mit unausgesprochenen Vorurteilen leben:
„Was mich persönlich am meisten nervt, wenn ich in so eine Schublade ‚kleines Dummchen‘ hineinkomme. Also, ich bin bei einer Fortbildungsveranstaltung oder in einem Vortrag als Ordensschwester, und ich habe das Gefühl, ich muss jedes Mal beweisen, dass ich jetzt nicht unbedingt einen IQ von 80 habe und von vielen Dingen in der Welt keine Ahnung. Ja, das nervt mich super, solche Situationen. Da kann ich auch schlecht souverän drüber stehen.“
Gleich danach kommt die nie ausgesprochene Vermutung, keinen Mann abbekommen zu haben.
„Manchmal wäre es mir recht, jemand würde es dann offen ansprechen oder offen nachfragen, wobei ich auch nicht nachfrage. Das finde ich wirklich auch manchmal spannend, dass man – wenn man mit mir konfrontiert wird oder mit einer von unseren Mitschwestern – sofort überlegt, wie funktioniert das Leben ohne Sex. Wieso bin ich der Anstoß, darüber nachzudenken? Ich selber denke aber nicht sofort, wenn ich einem anderen begegne, wie lebt der, wie funktioniert das in seiner Beziehung. Das ist erst einmal nebensächlich, sondern der Mensch an sich ist mir ja in der konkreten Begegnung wichtig.“
„Als ich so um die 35 Jahre alt war, da war das wirklich ganz schwierig für mich. Da hätte ich mir gut vorstellen können, auch die Zeit hier zu beenden und nochmals etwas ganz Neues anzufangen. Ich habe mich dann anders entschieden. Das war aus heutiger Sicht sicher auch richtig, aber es war eine schwere Entscheidung, muss ich wirklich sagen.“
„Auch katholische Ordensschwestern sind nicht frei davon, sich zu verlieben, auch nicht frei davon, sich ein anderes Leben, ein ‚normales‘ Leben, vorstellen zu können.“
„Heute kann ich damit leben, ich bin auch nicht mehr sofort traurig, wenn ich jemanden sehe, der schwanger ist. Ich erlebe mein Leben inzwischen wieder als sehr erfüllt. Und vor allem erlebe ich mich als am richtigen Ort, am richtigen Platz. Und das ist okay so, das passt jetzt wieder.“
Schwester Anna Louisa ist mittlerweile 41 Jahre alt und Pflegedirektorin am Stuttgarter Marienhospital. Direktorin, Chefin von rund 700 Mitarbeitern in der Krankenpflege. Eine Karrierefrau. Statt Designerkostüm trägt sie Tracht: Weiße Bluse, blaues Kleid, schwarze Schuhe. Von ihren Haaren sieht man nur den blonden Ansatz, den Rest verdeckt ein Kopftuch. Eine Pflegedirektorin verdient rund 40.000 Euro im Jahr, Schwester Anna-Luisa bekommt 30 Euro Taschengeld – im Jahr. Drei Gelübde hat sie abgelegt: Keuschheit, Gehorsam und Armut.
„Was für meine Tante zum Beispiel ganz eigenartig war, war, dass mit diesem ‚Karrieresprung‘ – mit diesem beruflichen Karrieresprung – kein anderes Zimmer oder sonst irgendwelche Privilegien verbunden waren. Das heißt, ich wohne im gleichen Zimmer wie meine Mitschwestern auch, ich habe nicht mehr Taschengeld als meine Mitschwestern. Das heißt: Taschengeld haben wir 30 Euro im Jahr zur freien Verfügung.
Ich bin da irgendwie ziemlich unklug. Mir geht es so, dass ich meistens die 30 Euro am Ende des Jahres noch habe, aus lauter Angst – also nicht die ganzen 30 Euro, aber bei mir bleibt meistens noch etwas übrig.“
Keuschheit, Gehorsam und Armut. Vor zwanzig Jahren ist sie in den Orden der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul eingetreten, nach dem Abitur und einer Ausbildung als Krankenschwester im Stuttgarter Marienhospital. Im Stuttgarter Marienhospital hatte sie zum ersten Mal Kontakt mit Schwestern des Ordens. Die junge Frau fühlte sich angezogen von der Lebensform:
„Das ging ziemlich schnell, das war alles, ja, nicht einfach. Auch hatte ich einige Konflikte mit meinen Eltern, die mit der Situation weniger gut umgehen konnten. Für die das erst einmal ein großer Schock war. Ich habe dann nach der Ausbildung noch ein halbes Jahr hier gearbeitet und bin dann in das Postulat und ins Noviziat nach Untermarchtal und dann nach einiger Zeit wieder hierher gekommen.“
Nach dem Morgenlob, der Laudes, in der Krankenhauskapelle, um 6.30 Uhr, treffen sich die Schwestern im Refektorium zum Frühstück. Noch einmal sind sie unter sich, bevor sie sich, wie es ihr Auftrag vorsieht, unter die Menschen, die Hilfsbedürftigen mischen. Einige von ihnen tragen ganz weiße Trachten, die Pflegeschwestern. Für die Schwestern ein sichtbares Bekenntnis ihrer Zugehörigkeit zum Orden, für ihre Mitmenschen oft eine Provokation.
„Als ich eine ganz junge Schwester war, da gab es manchmal ganz böse Anmache, also: ‚Wenn du einen Mann brauchst, dann hier, ich bin da‘. Das fand ich sehr, sehr verletzend. Es gab auch Situationen, in denen ich angespuckt wurde, oder jemand schreit ‚Pinguin‘ einem hinter her. Das verletzt mehr oder weniger, je nach eigener Verfassung.“
Schwester Anna Luisa trinkt ihre Tasse Kaffee leer, die Zeit drängt, ihr Terminkalender ist voll. Um zehn Uhr treffen sich heute die Pflegedienstleitungen des Stuttgarter Krankenhauses in ihrem Büro.
„Heute werden wir noch einmal den Stellenplan anschauen müssen. Und danach ist noch einmal ein Gesprächstermin mit zwei Mitarbeiterinnen, wo es um berufliche Weiterentwicklung, Personalentwicklung, geht. Und dann anschließend wäre Direktoriumssitzung.“
Und dazwischen ungezählte Telefongespräche, eine Flut von E-Mails.Immer wieder klopft es an der Tür. Ein recht irdischer Berufsalltag.
Kurz vor zehn Uhr kommen nach und nach sieben Pflegedienstleistungen des Marienhospitals, darunter auch ein Mann: Die Zeiten, in denen das Stuttgarter Marienhospital ausschließlich von Ordensschwestern gemanagt wurde, sind vorbei. Dem Orden fehlt es an Nachwuchs. Nur noch 62 Vinzentinerinnen arbeiten zurzeit in der Stuttgarter Klinik. Das Marienhospital gehört mittlerweile zu einem Klinikverbund, Gesellschafter sind die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul in Untermarchtal.
Die nächsten zwei Stunden werden hart für Schwester Anna Luisa. Die Klinik steht kurz vor einem Pflegenotstand, nicht nur das Stuttgarter Marienhospital. Vor allem Personal für die Operationssäle ist kaum noch zu kriegen. Auch die schwierige finanzielle Situation ist ein Dauerthema, da unterscheiden sich Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft nicht von Häusern in kommunaler Hand.
1890 wurde das Krankenhaus im Stuttgarter Süden gegründet. Grund war damals der anhaltende Zuzug von Katholiken in die Stadt. Aus einem 90- Betten-Haus mit damals 15 Schwestern ist mittlerweile eine moderner, aus mehreren Gebäuden bestehender Klinikkomplex geworden. In verschiedenen Fachkliniken mit insgesamt 780 Betten arbeiten rund 1600 Mitarbeiter am Marienhospital. Jedes Jahr lassen sich rund 30.000 Patienten stationär behandeln, über 1000 Kinder kommen jedes Jahr im Marienhospital zu Welt.
Das Haus gehört zu den innovativsten Kliniken im Land. Jüngst wurde eine Schmerzambulanz eingerichtet. Schon länger werden in dem katholischen Haus Schönheitsoperationen angeboten: Gesichtskorrekturen, Brustvergrößerungen, auch Verkleinerungen, Fettabsaugungen wo auch immer. Vor Gott sind alle Menschen gleich, sagen die Schwestern, aber auf Erden finden sich zunehmend Frauen nicht damit ab, so auszusehen, wie sie geschaffen wurden:
Zwölf Uhr: Die Besprechung ist vorbei. In einer Viertelstunde treffen sich die Schwestern wieder zum Gebet in der Krankenhauskapelle. Zeit für einen Schluck Kaffee:
„Ich erlebe das wirklich schwierig. Ich bin auch froh, dass ich nicht den direkten Kontakt habe, weil für mich manche der äußeren Merkmale – oder Probleme mit äußeren Merkmalen, die die Menschen haben – ja eher auf etwas anderes schließen: also auf wenig Selbstbewusstsein, darauf, dass andere Werte im Leben weniger wichtig sind. Damit tue ich mich manchmal doch sehr schwer und merke, dass ich da doch oft wenig tolerant bin.“
Probleme hat die Pflegedirektorin auch mit einer Entwicklung an den Krankenhäusern, die wieder klar zwischen gesetzlich und privat versicherten Patienten unterscheidet:
„Da brauche ich wirklich ganz viel Energie, um das für mich auf die Reihe zu kriegen und mir nicht nur irgendein Konstrukt zusammenzubauen, damit ich es ethisch vertreten kann.“
Sie habe viel über Gerechtigkeit und die Frage, was Gerechtigkeit und Gleichheit miteinander zu tun haben, nachgedacht, sagt die Pflegedirektorin. In Kürze wird das Marienhospital wieder sogenannte Privatstationen einführen. Privat Versicherte bekommen zusätzliche Leistungen angeboten.
„Die finanziellen Mittel, die wir über eine Privatstation hineinbekommen ins Krankenhaus – dass die natürlich dann für alle, zum Wohl für alle sind, das ist eine Erklärung. Und dann haben wir uns darauf geeinigt, dass sich nur etwas an der Ausstattung verändert und an den Hotelleistungen – aber nicht an der pflegerischen Versorgung und an der Zuwendung zum einzelnen Menschen.“
„Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietwohnung, als Kapelle die Pfarrkirche, als Klostergänge die Straßen der Stadt.“
„Wo wir ganz Ernst machen mit unserem Glauben, da wird Liebe zur Tat.“
In diesem Jahr feiern die Vinzentinerinnen ihr 150-jähriges Bestehen. Jenseits von Klostermauern sollen sie arbeiten, so wollte es ihr Vorbild und Ordensgründer Vinzenz von Paul. Er gilt als Begründer der neuzeitlichen Caritas.
Das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul steht im oberschwäbischen Untermarchtal. 450 Schwestern gehören zurzeit zur Gemeinschaft, zusätzlich arbeiten etwa 200 Krankenschwestern in Tansania. In das Mutterhaus nach Untermarchtal gehen die Schwestern erst nach ihrem Arbeitsleben zurück. In Stuttgart leben sie unweit des Krankenhauses in einem Schwesternwohnheim zusammen.
Morgens, mittags, abends. Jeden Tag sind sie zusammen, auch an den Wochenenden. Die jüngsten unter ihnen sind knapp 30 Jahre alt, die ältesten fast 90 Jahre.
„Vieles ist eben sehr uniformiert, also nicht nur äußerlich, durch die Tracht, sondern auch viele unserer Gesten, Gebärden, wie wir sprechen – also, es ist ganz vieles gleich. Da braucht man schon eine Weile, um so auch seine Individualität wiederzufinden in der Gemeinschaft.“
Schwester Anna-Luisa singt in einem Chor und geht relativ häufig nach Hause, vier- bis fünfmal im Jahr, nach Rottenburg, etwa eine halbe Fahrstunde von Stuttgart entfernt. Langeweile hat sie nie:
„Ich mache Sport, ich gehe entweder Schwimmen oder ins Activum, das ist so ein kleines Fitnessstudio hier im Haus.“
Theater oder Kinobesuche sind bei 30 Euro Taschengeld im Jahr fast nicht drin, sagt sie. Doch sie bedauere das nicht jedes Mal, wenn es nicht geht.
Schaffte es der frühere baden-württembergische CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel am Abend nicht nach Hause zu seiner Familie, bezog er eine Klause im Marienhospital. Der einzige Politiker, der im gesunden Zustand ein derartige Privileg genoss. Doch auch namhafte Größen aus dem gesellschaftlichen Leben zieht es zur Behandlung ins Marienhospital. Alle schwärmen sie für die Atmosphäre in dem Haus. Viele sind nach eigenen Angaben etwas gläubig, mehr bezeichnen sich als Atheisten. Doch im Ernstfall, im Krankheitsfall, werden die Ordensschwestern zum Anker:
„Eine Ordensschwester muss einfach alles wissen und alles können.“
Schwester Albina ist mit 86 Jahren die dienstälteste Schwester am Marienhospital. Jahrelang leitete sie verschiedene chirurgische Stationen und wurde dann Pflegedienstleitung. Heute betreut sie Praktikantinnen im Pflegebereich. 1948 kam sie als Lernschwester ins Krankenhaus – damals, als die Krankenzimmer noch Säle waren und zwölf Betten in einem Saal standen:
„Wir haben ja Säle gehabt mit zwölf Betten, ohne fließend Wasser, man muss sich das denken. Da hat man Waschschüsseln aufstellen müssen, schon abends – die Nachtwache, die hat Waschwasser gestellt, dass sie sich waschen konnten. Denn früher sind die Leute einfach länger im Bett gewesen.“
Und die Betten hatten keine Räder:
„Und wir haben wirklich alles tragen müssen. Mir hat das nichts ausgemacht, wir waren es gewöhnt: Ich habe einen Zwei-Zentner-Mann ins Bett gelupft.“
Frauen und Männer lagen noch getrennt. Am liebsten waren der Schwester ihre Männer.
„Also, die Männer waren gut zu heben, besser als die Frauen.“
Heute stehen den Patienten Vier-Bett-Zimmer mit Trennwänden zur Verfügung, Privatpatienten Zwei-Bett-Zimmer. Zwei Patienten teilen sich eine Nasszelle. In jedem Zimmer hängt ein schwenkbares Fernsehgerät an der Decke. Nicht nur die Räume haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert, auch die Patienten:
„Also, es hat sich sehr gewandelt, auch durch die Medien, durch alles. Die sind einfach mehr informiert.“
Früher seien die Chefs zwar streng, aber gerecht gewesen:
„Man hat auch zu den Chefs Vertrauen gehabt. Denn die Chefs waren natürlich anders, das waren natürlich auch Persönlichkeiten. Ich habe es immer gut gehabt.“
Damals, als Patienten noch in den Betten rauchten, und Schwester Albina gemeinsam mit einem ihrer Chefs Ende der 50er Jahre das Rauchverbot am Marienhospital einführte:
„Als ich die Unfallchirurgie übernommen habe, habe ich zum Chef gesagt: Also, das kann ich nicht aushalten. Erstens ist es gefährlich, und zweitens kann ich das einfach nicht leiden. Wir haben drei entlassen, die geraucht haben, und dann war das fertig, dann war das aus. Das war für mich einfach nicht zumutbar, die haben dann in den Servietten die brennende Zigaretten versteckt, als ich in die Zimmer gekommen bin, und ich habe es immer gerochen.“
Schwester Albina läuft auf das Stationszimmer einer Krankenstation zu, die mittlerweile Pflegeeinheiten heißen. Ein Laptop steht an der Stelle, wo einst der Kurvenwagen stand.
Krankenakten, in denen ganze Lebens- und Krankengeschichten zu finden waren. Nun finden sich alle Geschichten für die älteren Schwestern kaum noch erschließbar im Computer. Immer mal wieder lässt sich Schwester Albina informieren, was sich verändert hat:
„Der Arzt bei der Visite guckt erst in den Laptop, und dann geht er in das Zimmer, ohne Laptop.“
Manche Schwester habe resigniert, sagt Schwester Albina, und sei gegangen.
„Der Zugang zum Patienten hat gelitten.“
Doch ein klein wenig scheint auch die 86 Jahre alte Schwester von der neuen Technik und den damit verbundenen Möglichkeiten angetan zu sein.
„Was ganz neu ist: Die fragen jetzt auch noch das Essen ab, die Diät-Assistentinnen oder Service-Frauen, die nehmen mit dem Laptop auf, was die Patienten essen möchten.“
Schwester Albina sitzt wieder in ihrem kleinen Büro nahe der Station, die sie so viele Jahre geleitet hat. Sie koordiniert den Einsatz von Praktikantinnen. Seit 60 Jahren arbeitet die Ordensschwester nun im Marienhospital. Jahrelang hat sie Zwei-Zentner-Männer gelupft und Chefärzten gedient. Es sei wie in einer Familie gewesen.
„Und wir hoffen, dass die Atmosphäre auch ohne uns, oder wenn wir immer weniger werden, so bleibt. In zehn Jahren sieht das sicher ganz anders aus – dass einfach die Atmosphäre bleibt. Das müssen wir auch jetzt mehr denn je pflegen. Denn gerade: ‚Die Liebe sei Tat‘! Das sagt vieles aus. Denn schon das ganze Benehmen, auch wenn man in Hektik ist oder etwas anderes vorhat: Der Mensch geht einfach vor! Wenn einer Hilfe braucht, dann geht das einfach vor.“
Zum letzten Mal an diesem Tag treffen sich die Schwestern in der Kapelle des Spitals. Auf den Kirchenbänken sitzen nun auch einige Besucher und Patienten. Eine Frau im Bademantel weint, eine Ordensschwester nimmt wortlos ihre Hand.
Schwester Anna-Luisa hat es nicht in die Vesper geschafft, eine Besprechung ging wohl
zu lange. Schwester Albina redet vor der Kapelle noch mit ein paar Besuchern und verabschiedet sich dann:
„Jetzt gehe ich zu den Nachrichten. Und dann ziehen wir uns zurück, immer nach den Nachrichten. Und dann schließen wir den Tag ab. Das brauchen wir einfach für uns, dass wir am anderen Tag einfach wieder fit sein können. Und für die Mitmenschen da sein.“
Schwestern Anna Luisa taucht im Refektorium auf. Auch sie und die jüngeren Schwestern werden sich nach dem Abendessen zurückziehen. Eine Entschiedenheit, die fasziniert und doch erschreckt. Ist es ein Rückzug aus Enttäuschung? Ordensschwestern, vor allem junge Frauen, müssen mit unausgesprochenen Vorurteilen leben:
„Was mich persönlich am meisten nervt, wenn ich in so eine Schublade ‚kleines Dummchen‘ hineinkomme. Also, ich bin bei einer Fortbildungsveranstaltung oder in einem Vortrag als Ordensschwester, und ich habe das Gefühl, ich muss jedes Mal beweisen, dass ich jetzt nicht unbedingt einen IQ von 80 habe und von vielen Dingen in der Welt keine Ahnung. Ja, das nervt mich super, solche Situationen. Da kann ich auch schlecht souverän drüber stehen.“
Gleich danach kommt die nie ausgesprochene Vermutung, keinen Mann abbekommen zu haben.
„Manchmal wäre es mir recht, jemand würde es dann offen ansprechen oder offen nachfragen, wobei ich auch nicht nachfrage. Das finde ich wirklich auch manchmal spannend, dass man – wenn man mit mir konfrontiert wird oder mit einer von unseren Mitschwestern – sofort überlegt, wie funktioniert das Leben ohne Sex. Wieso bin ich der Anstoß, darüber nachzudenken? Ich selber denke aber nicht sofort, wenn ich einem anderen begegne, wie lebt der, wie funktioniert das in seiner Beziehung. Das ist erst einmal nebensächlich, sondern der Mensch an sich ist mir ja in der konkreten Begegnung wichtig.“