Letzte Rettung Pillentherapie

Von Christian Berndt · 05.11.2013
Einfühlsam zeigt Regisseur Bernd Sahling in "Kopfüber" die Entwicklung des zehnjährigen Sascha, der in der Schule schon mal ausrastet, aber auch sehr sympathisch wirken kann. Verkörpert wird er von dem an ADHS erkrankten Schauspieler Marcel Hoffmann.
Sascha ist ein schwieriges Kind. Der Zehnjährige lässt sich nichts sagen, er lügt, klaut und neigt zu Tobsuchtsanfällen, bei denen er auch vor der Lehrerin nicht Halt macht:

Filmausschnitt:
"(Buch knallt auf den Tisch.)
- Sascha!
- Schnauze!
- Oh, oh.
- Scheiß Lehrerin! (Reißt Bücher aus dem Regal.)
- Schnauze! Scheiße! (Klirren.)"

Sascha ist schwer auszuhalten, aber er hat es selbst nicht leicht. Der Bruder ist halbkriminell und die Mutter – gespielt von Inka Friedrich – ganz mit sich selbst beschäftigt. Die einzige, die mit Sascha auskommt, ist die gleichaltrige Elli aus der Nachbarschaft. Zusammen streifen die beiden durch die Umgebung Jenas, um an unwirtlichen, aber seltsam anziehenden Orten – etwa riesigen Beton-Bausstellen - Geräusche aufzunehmen:

Elli akzeptiert den abenteuerlustigen Sascha so, wie er ist. Aber seine heillos überforderte Mutter ruft irgendwann das Jugendamt zur Hilfe. Sascha bekommt nun einen Betreuer – Frank:

Filmausschnitt:"
- Wie viel Kohle kriegst du eigentlich, wenn du auf mich aufpasst?
- Das ist vielleicht nicht dein Problem.
- Und was ist mein Problem?
- Dass du nicht lesen kannst, und auch nicht schreiben."

Erstmals interessiert sich jemand für den Jungen. Frank hat auch bald den Verdacht, dass Saschas Probleme medizinische Ursachen haben könnten - und regt eine Untersuchung an. Die Diagnose lautet ADHS. Sascha werden nun eine Therapie und Medikamente verschrieben, und der Erfolg ist verblüffend: Er wird umgänglicher, erstmals bekommt er gute Noten, Lob und Bestätigung. Aber die Medikamente haben Nebenwirkungen, Sascha wird antriebs- und freudlos. Elli erkennt ihn kaum wieder:

Filmausschnitt:"
- (Papierrascheln.) Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schlafstörungen. Weißt du eigentlich, dass du nicht mehr lachen kannst?
- Lachen brauch' ich nicht."

Einfühlsam beschreibt Bernd Sahling in "Kopfüber" die Entwicklung dieses Jungen, der so unausstehlich wie sympathisch wirken kann, und der glaubwürdig vom ebenfalls an ADHS erkrankten Marcel Hoffmann verkörpert wird. Sascha macht unglaubliche Fortschritte, aber verändert sich so sehr, dass seine einzige Freundin sich abzuwenden droht. Sascha trifft eine Entscheidung und setzt die Tabletten ab – mit offenem Ausgang.