Letzte Lieder

Kent Nagano
Kent Nagano © Felix Broede
06.04.2014
Als Johannes Brahms im Frühjahr 1896 die Arbeit an den "Vier ernsten Gesängen" abschloss, war ihm der Tod kein Fremder mehr. Seine Schwester, die Freunde Elisabeth von Herzogenberg und Hans von Bülow waren bereits von ihm gegangen. Clara Schumann, die große Liebe seines Lebens, sollte bald den Folgen eines Schlaganfalls erliegen, und auch ihm selbst war nurmehr ein letztes Jahr vergönnt. Eine nachdenkliche Zeit, auch in künstlerischer Hinsicht.
"Tief innen im Menschen spricht und treibt oft etwas, uns fast unbewusst, und das mag wohl bisweilen als Gedicht oder Musik ertönen", schrieb Johannes Brahms im Juli 1896 an Claras Tochter Marie Schumann, als er ihr seine "Vier ernsten Gesänge" übersandte, als "Totenopfer für ihre geliebte Mutter".Mit diesem späten, kurzen, großen Zyklus erreicht das Brahms’sche Liedschaffen seinen Höhepunkt, aber auch sein Ende. - Am 5. und 6. April erklingen die Gesänge in einer Orchesterfassung von Detlev Glanert.Kent Nagano, der ehemalige Chef- und heutige Ehrendirigent des DSO, hat sich dabei für eine ungewöhnliche Kombination entschieden. Der Lebensklage der "Vier ernsten Gesänge" setzt er, immer abwechselnd, die Lebensfreude ausgewählter "Ungarischer Tänze" entgegen. Den Solopart gestaltet die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg; im zweiten Teil des Abends tritt der Tenor Christian Elsner an ihre Seite.Auch Gustav Mahler schuf aus individueller Leidenserfahrung große, universelle Kunst. Für ihn war 1907 ein Schicksalsjahr: er nahm seinen Abschied vom Amt des Hofoperndirektors, musste den Tod seiner Tochter Anna Maria verkraften und bei ihm selbst diagnostizierte man eine schwere Herzerkrankung. In dieser schweren Zeit, vier Jahre vor seinem eigenen Tod, fiel ihm der Band "Die chinesische Flöte" von Hans Bethge mit Nachdichtungen chinesischer Lyrik in die Hände.Aus dessen Werk stellte Mahler den Großteil des Textmaterials für eine Vertonung zusammen, die ungewöhnlich schnell zu dem Amalgam von Symphonie und Liederzyklus verschmolz, das wir als "Lied von der Erde" kennen - einem grandiosen Klagegesang über Vergänglichkeit und Verlust, Einsamkeit und die verflossenen Freuden des Lebens. (nach: "Letzte Lieder" von Maximilian Rauscher in DSO-Nachrichten 03/04/2014)
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 05.04.2014

Johannes Brahms
Ungarische Tänze für Orchester

Johannes Brahms/Detlef Glanert
"Vier ernste Gesänge", bearbeitet für Mezzosopran und Orchester

ca. 20:40 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Forum neuer Musik 2014 – Die jungen Wilden
Festivalnachlese von Leonie Reineke

Gustav Mahler
"Das Lied von der Erde"

Sinfonie für Tenor, Mezzosopran und Orchester
Ann Hallenberg, Mezzosopran
Christian Elsner, Tenor
Leitung: Kent Nagano