Lesben und Schwule bei der Polizei

"Homos gibt es hier nicht"

Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter
Bundesseminar des Verbandes lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (VelsPol) 2013 in Frankfurt am Main. © picture alliance/dpa/Foto: Arne Dedert
Von Swantje Unterberg · 28.08.2017
Diskriminierung ist in Deutschland laut Grundgesetz verboten, auch die Polizei soll Menschen davor schützen. Doch gerade innerhalb der Behörde müssen Lesben, Schwule, Bi-, trans- und intersexuelle Menschen (LSBTI) immer wieder gegen Anfeindungen und für Akzeptanz kämpfen.
Den größten Nachholbedarf für einen offenen Umgang mit LSBTI haben Thüringen und Sachsen.
"Dort wird von der Polizeiführung gelegentlich auch abgestritten, dass es dort ein Problem gebe, oder es schwul, lesbisch, trans überhaupt gibt in der Polizei."
Sagt Jan Meier vom Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter, kurz VelsPol. Doch im Vergleich zu den 90ern hat sich in der Polizei schon einiges getan.
"Als wir angefangen haben 1994 haben wir uns quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen."
Sagt der Bundesvorsitzende Thomas Ulmer. Noch bis 2011 fanden die jährlichen Kongresse des Vereins weitab des Polizeipräsidiums statt.
"Damit auch Kolleginnen und Kollegen kommen können, die nicht geoutet sind. Wir haben das jetzt geändert, weil wir natürlich ein Zeichen in der Polizeiführung geben wollen: schaut her, so viele Beschäftigte, und wir sprechen von einer Zahl zwischen sieben, acht bis zehn Prozent. Die Verantwortlichen sollen sehen, dass es LSBTI-Polizeibeschäftigte gibt."
In Hamburg ist die Botschaft angekommen. Polizeipräsident Ralf Meyer begrüßt die Polizisten auf dem diesjährigen Kongress persönlich – und will damit ein deutliches Zeichen setzen:
"Man kann jetzt nicht sich hinstellen und sagen, alles ist gut. Ich glaub, das muss über die gesamte Republik wachsen. In Hamburg ist es so, dass wir jetzt feste Kollegen haben, die für das Thema abgestellt sind, und das ist ja ne Ausnahme, wie ich immer wieder höre, nur Berlin und Hamburg haben so etwas."

Outing erst nach Verbeamtung gewagt

Ein intaktes Hormonsystem etwa. Ob Polizeianwärter in Hamburg deshalb schon mal abgelehnt wurden, verrät die Pressestelle nicht. Die Dienstvorschrift sei intern, Auskunft gebe es deshalb nicht. Der Bundespolizist zumindest wagte den Schritt erst nach seiner Verbeamtung – mit Erfolg: Seine alte Truppe, bei der er schon zwei Jahre als Polizistin im Dienst war, akzeptierte ihn und den Wechsel der Umkleide, der Toilette, der Dienstkleidung. Der Identitätswechsel ist so weitreichend, dass er auch dem Chef gemeldet werden muss. Um den Dienstweg korrekt einzuhalten,
"habe ich mir total einen Kopf gemacht, wie ich denn am besten das vermittele, ohne dass mein Vorgesetzter total doof dasteht. Als Polizist und Uniformträger muss man ja eigentlich immer alles wissen und alles richtig machen. Und da viele mit der Thematik noch nichts zu tun hatten, wollte ich nicht die Situation entstehen lassen, dass da ein Uniformierter ist, der einfach nicht weiß, wie er sich gerade verhalten soll".

Akzeptanz auf dem Lang gering

Die Kommunikation gelang. Ganz anders war das bei seinem Jahre zurückliegenden Outing als vermeintlich lesbisch, sagt der Bundespolizist: Vor seiner Transition zum Mann wollte er seine Freundin nicht verleugnen und gab sich in der Ausbildung deshalb als lesbisch aus:
"Die Empörung war doch sehr groß. Mir wurde ein paar Tage später an meine Stubentür gespuckt, also ich durfte die trockene Spucke auch selber wegwischen, weil der Zugleiter der Meinung war, dass ich für die Sauberkeit meiner Räumlichkeiten selber zuständig bin, obwohl ich ihm mitgeteilt habe, dass nach meinem Outing da einiges schiefgelaufen ist. Es war halt in der Ausbildung nicht akzeptiert, ganz und gar nicht."
Auch auf dem Land erleben LSBTI-Polizisten vielfach noch Diskriminierung.
"Die Akzeptanz ist sehr gering", sagt ein schwuler Polizist, der anonym bleiben möchte, über seine Landdienststelle in Sachsen-Anhalt.
"Offiziell wird es nie Probleme geben, inoffiziell ist es dann vielleicht mal, dass man zu gewissen Einsätzen nicht mitfahren darf, dass die Beförderung wesentlich schlechter ist, das ist zumindest mein Eindruck, dass man von Kollegen nicht wahrgenommen wird, die Leistung wird unterschätzt, man wird belächelt in irgendwelchen Sachverhalten."

Hören Sie auch: "Gestern und heute - Diskriminierung von LSBTI durch die Polizei" von Swantje Unterberg
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