Lenzen plädiert für Schulpflicht ab vier Jahren

Moderation: Frank Meyer |
Der Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen, hat sich für eine Vorverlegung des Schuleintrittsalters von sechs auf vier Jahre ausgesprochen. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung müsse sichergestellt werden, dass junge Menschen früher in den Beruf gehen, sagte Lenzen.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch.

Deutschlandradio Kultur: Dann lassen Sie uns gleich über Deregulierung reden. Sie schreiben dazu, unter anderem der Staat soll sich darauf konzentrieren, eine Grundbildung vom vierten bis zum 14. Lebensjahr bereitzustellen. Heißt das, danach ab 14, gibt's nur noch Privatschulen?

Lenzen: Nein, mitnichten, sondern es geht um die Definition der Schulpflicht. Wenn wir die Schulzeit etwa zwei Jahre vorverlegen, kann auch das Schulpflichtende vorverlegt werden. Und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung müssen wir schauen, dass wir etwa um 2020, denn darauf zielt ja diese Studie, sicherstellen können, dass junge Menschen, jünger als jetzt, fähig sind, in den Beruf zu gehen, das heißt etwa mit 17, 18, das bedeutet, dass sie drei Jahre vorher eine Berufsausbildung haben müssen und nicht erst mit 17 beginnend.

Deutschlandradio Kultur: Das heißt, sie kürzen die Kindheit. Ab vier geht's in die Schule, ab 14 raus, Berufsausbildung, ab in den Beruf.

Lenzen: Die Kindheit wird mitnichten gekürzt. Es ist ja eine alte ideologische Vorstellung, dass Schule im Gegensatz zu Kindheit steht. Im Gegenteil: Kinder sind neugierig, sie wollen ungesteuert, aber auch gesteuert lernen. Und dazu können die klassischen Bildungseinrichtungen, in diesem Fall also eine Art von Vorschule, die wir mit der Primärschule verknüpfen wollen, einen ganz wesentlichen Beitrag leisten. Und das ist auch deswegen notwendig, weil fast 25 Prozent eines Altersjahrgangs inzwischen sprachlich derartig defizitär sind, dass die PISA-Ergebnisse sind wie sie sind. Wir haben eine steigende Zahl, eben von bald einem Viertel junger Menschen, die ohne einen adäquaten Abschluss in das Leben entlassen werden. Das können wir so nicht weiter zulassen. Und das hat damit zu tun, dass das durchschnittliche Einschulungsalter 6,8 Jahre ist in Deutschland.