Leise Töne sind ihre Stärke

Von Blanka Weber |
Die Sängerin und Musikerin Alin Coen steht am Beginn ihrer Karriere: erste CDs, erste große Auftritte und Entscheidungen. Sie lebt in Weimar, weit weg von den Metropolen der Pop-Kultur. Musik ist ihr Leben, ihre Texte habe Tiefe, zeigen Seele. Zurzeit ist sie auf Tournee.
"Die Station Weimar ist deswegen zustande gekommen, weil ich hier Umweltschutztechnik studiert habe. Ich bin zum Studium hergekommen. Ich bin aus Hamburg. Bin da geboren und habe mit 19 die Nase voll gehabt von Großstadt, wenn man Hamburg als Großstadt bezeichnen darf.

Es war wirklich Zufall und zwar habe ich einer Freundin beim Umzug geholfen von Hamburg nach München."

Und irgendjemand erzählt von Weimar, dem Campus, der kleinen Stadt in Thüringen und von Freunden, die man doch auf dem Weg nach München besuchen könnte:

"Und da hab ich mich ins Auto gesetzt und bin mit denen nach Weimar gefahren und hab' mir Weimar angeguckt und hab' mir gesagt, ja ich bleibe hier, ich studiere hier.""

Die schmale Frau mit dem kurzen dunklen Haar und den großen Augen lebt seit sieben Jahren in Weimar. Alin Coen wohnt fast mitten im Park an der Ilm, dort wo Goethes Gartenhaus zu finden ist, zwischen Wiesen und alten Bäumen. Ein Platz jenseits hektischer Großstädte. Ihr Platz momentan, um sinnliche Poesie zu schreiben, zu vertonen und zu singen:

Alin Coen ist Tochter einer deutschen Ärztin und eines mexikanischen Künstlers. Sie spricht die beiden Sprachen fließend, ist mit beiden Kulturen groß geworden, ohne die beiden heute als ihre zwei Seiten zu bezeichnen:

"Ich versuche, mich sehr davon zu distanzieren. Ich nehme mich nicht als speziell mexikanisch oder speziell deutsch, sondern eher als - - Mensch wahr."

Als Kosmopolit, als Künstlerin, als Umweltschützerin, als Songwriterin und Musikerin. Ihr Name Coen ist jüdisch:

"Der Name ist schon über Italien und Mexiko gewandert. Ich weiß nicht, wo er sonst noch so überall lang gewandert ist. Meine Wurzeln liegen so ziemlich überall."

Vielleicht ist das der Grund für die Sehnsucht nach Weite und nach Neuem jenseits der deutschen Kultur:

"Ja ich brauche immer mal wieder eine andere Perspektive, glaub ich. Ich hab' nicht das Gefühl, dass das ausgerechnet Mexiko ist. Meine Sehnsucht ist hauptsächlich in die Ferne."

Als Jugendliche bereiste sie Länder und Kontinente: Indien, Kanada, Australien. In Schweden entdeckte sie die Liebe zur Musik und zur Bühne. In Osttimor das Glück der Einfachheit:

"In dem Zeitraum, wo ich in Osttimor gewohnt habe, habe ich selbst so gelebt wie die Timoresen. Ich war in einer relativ wohlhabenden Familie. Die hatten vier Wände und die hatten ein Badezimmer und trotz und alledem kein fließend warmes Wasser und am Tag vier Stunden Strom. Aber bis auf Licht hat man nicht besonders viel Strom gebraucht."

Die 28-Jährige gehört heute zu den beachteten Nachwuchs-Stars der deutschsprachigen Singer- und Songwriter-Szene. Melodischer Sound, sinnliche Texte, leise Töne sind ihre Stärke. Auf der Bühne erscheint Alin Coen ohne Glamour, nur mit T-Shirt, Jeans und ihrer hellbraunen Gitarre. Vor allem die Fernsehauftritte haben sie und ihre Band fast über Nacht bekannt gemacht. Dabei hat sie gerade einmal mit 19 angefangen, sich mehr mit Musik zu beschäftigen.

"Naja in der Schule da hab' ich das erste Lied gelernt, das war von Oasis – von einer Freundin beigebracht."

Seitdem bestimmt Musik ihr Leben. Die Texte habe Tiefe, zeigen Seele, mal verzweifelt, ratlos, suchend oder vor Glück verwirrt, vor allem aber ohne Kitsch und dafür mit ehrlichem Gefühl.

Karriere, Ziel, Abschlüsse all das ist nicht marginal im Leben von Alin Coen – sondern der Weg ist es, das Neue, Unbekannte und das, was sie sucht:

"Wahrscheinlich immer wieder die Herausforderung, Veränderung. Ich glaube, das ist das, wonach ich am meisten suche, nach einer Herausforderung, die ich gerne schaffen möchte.

Ich denke nicht nur musikalisch muss die Herausforderung sein. Ich brauche auch einen Gegenpol. Ich habe Umweltschutztechnik studiert, und während ich das studiert habe, wollte ich ganz, ganz viel Musik machen. Und jetzt, wo ich Musik mache, denke ich aber auch, ich muss unbedingt noch Wasserressourcen-Management studieren!"

Eines, das will Alin Coen demnächst auch: Unbedingt mehr Tanzen und die Herausforderung an einem neuen Ort suchen:

"Demnächst werde ich in eine Stadt ziehen, wo ich wieder mehr dem Tanzen nachgehen kann, weil ich hier in Weimar leider noch keinen Hip-Hop-Unterricht gefunden habe."

Sagt es, beißt in ihr Tomaten-Baguette und zieht die braune Kapuzenjacke über. Ihre Band wartet schon mit der Probe für das nächste Konzert und dem Test ihrer neuen gemeinsamen Songs:

"Fabian Stevens ist Schlagzeuger, Philipp Martin am Bass, Jan Frisch an der Gitarre."

Fast alle wohnen in Weimar. Seit sieben Jahren spielen sie zusammen, ergänzen sich – aus Spaß bei den Proben auch sprachlich:

Philipp Martin: "Also Weimar, Weimar'sch"

Alin Coen: "Seit sieben Jahren probiere ich hier jeden Tag nachzumachen, was der Philipp macht."

Philipp Martin: "Aber es wird so langsam. Alin, es wird!"

Alin Coen: "Aber ich glaub', da versteht mich dann keiner."

Recht hat sie. Denn Stimme und Gesang dazu die eigenen Melodien – sind ihr Markenzeichen geworden.

Service:
Bis Anfang März ist Alin Coen mit Philipp Poisel auf Tour zwischen Offenbach, Bochum, Dresden und Stuttgart. AbMärz dann mit ihrer eigenen Band quer durch die Bundesländer. Termine finden sie auf ihrer Homepage.