Leipziger Straße in Frankfurt-Bockenheim

Mit dem Rollator entspannt shoppen gehen

07:27 Minuten
Die Leipziger Straße in Frankfurt-Bockenheim hat Läden aller Art und schöne Hinterhöfe zu bieten.
In der Leipziger Straße in Frankfurt am Main haben die Händler das "generationenfreundliche Einkaufen" ausgerufen. © Deutschlandradio / Ludger Fittkau
Von Ludger Fittkau · 16.03.2020
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Barrierefrei einkaufen können – das ist das Ziel des Gewerbevereins in Frankfurt-Bockenheim. Die Leipziger Straße soll so für jedes Alter attraktiv werden. Damit wollen die Gewerbetreibenden auch dem Onlinehandel trotzen.
"Mein Name ist Karl Waibel, ich bin Fleischermeister und führe seit 1993 dieses Unternehmen - jetzt in dritter Generation."
"Ich bin Holger Wessendorf und bin der Vorsitzende des Gewerbevereins hier in Frankfurt-Bockenheim. Und wir haben mit dem Handelsverband Hessen die Aktion 'Generationenfreundliches Einkaufen' initiiert und auch durchgeführt."
Karl Waibel und Holger Wessendorf stehen an einem Bistrotisch in der Metzgerei Weibel in der Leipziger Straße in Frankfurt-Bockenheim. "Generationenfreundliches Einkaufen" – das heißt für die Metzgerei, dass am Eingang in niedriger Höhe eine Klingel angebracht wurde, die auch aus dem Rollstuhl gut zu erreichen ist.
Karl Waibel: "Wo der Kunde, im Rollstuhl zum Beispiel, uns dann informieren kann und meine Mitarbeiter dann rausgehen und mit dem Kunden sprechen und ihm dann die Waren rausgeben."

Für Rollstuhlfahrer noch nicht optimal

Denn es gibt noch eine Stufe am Eingang zur Metzgerei – rechts und links sind Handläufe aus Metall angebracht. Wer noch laufen kann, kommt damit gut hinein, mit Rollstuhl bleibt es aber schwierig. Generationenfreundliches Einkaufen bedeutet noch nicht vollständige Barrierefreiheit, räumt Holger Wessendorf vom örtlichen Gewerbeverein ein:
"Ein Kriterium ist, dass man relativ barrierefrei in den Laden reinkommt. Und wenn das nicht gegeben ist - ob es Hilfsmittel gibt, also eine Rampe oder das Personal informiert werden kann und dann zur Hilfe kommt. Das sind die Kriterien, dass die Ausstattung des Ladens freundlich ist, dass man sich dort bewegen kann, bequem bewegen kann, ohne dass man irgendwo Gefahr läuft, anzustoßen."
Galeristin Isabelle Routisseau stößt zur kleinen Runde hinzu. Gemeinsam mit Holger Wessendorf und ihr gehe ich auf die gegenüberliegende Seite der Straße. Dort gibt es einen Laden, der Haushaltsgeräte verkauft.
Auf der Tür ist gut sichtbar ein Aufkleber platziert, der auf das generationenfreundliche Einkaufen hinweist. Der Eingang ist breit. Man hat aber auch eine kleine Stufe. Gäbe es dann eine Hilfe, wenn jemand mit dem Rollstuhl kommt?
"Ja, dann hilft man - rauf oder runter. Oder auch die Rentner mit ihrem Rollatoren, die müssen ja rauf und runter. Außerdem haben wir ja noch einen zweiten Eingang dahinten, der ist barrierefreier."
Der achtzigjährige Manfred Dornbach ist auf der Straße vor dem Geschäft mit dem Rollator unterwegs.
"Ich bin gehbehindert. Ich mache meinen alltäglichen Rundgang. Der führt auch hier über die Leipziger Straße, den Fußgängerweg. Ich bin mit der Situation momentan sehr zufrieden."

Parkhäuser ins Leitsystem einbinden

Die Gehwege auf der Leipziger Straße seien zur Fahrbahn-Mitte hin ein wenig abschüssig – aber daran habe er sich auch mit dem Rollator inzwischen gewöhnt.
Mit Holger Wessendorf vom Gewerbeverein und Isabelle Routisseau gehe ich die Straße entlang. Die beiden Aktivisten für das generationengerechtete Einkaufen wünschen sich von der Stadt Frankfurt am Main, dass die Parkhäuser im Viertel in das Parkleitsystem der Stadt eingebunden werden. Das bringt mehr Kundinnen und Kunden. Außerdem bräuchte man mehr Bänke auf der Leipziger Straße zum Verweilen, fordern die beiden.
Eine alte Dame stützt sich auf den Lenker ihres Fahrrads, mit dem sie zum Einkaufen gekommen ist. Ihr ist die Leipziger Straße insgesamt noch nicht barrierefrei genug:
"Die Bordsteine müssten wegfallen, zum Beispiel. Ich bin ja jetzt oft mit dem Fahrrad unterwegs und komme dann da in die Bredouille."
Dennoch kommt sie gerne zum Einkaufen hierher, weil das Angebot so vielfältig ist:
"Gut ist, dass so viele unterschiedliche Geschäfte da sind. Und eigentlich findet man alles, man muss nur wissen wo, ob das nun der Optiker ist oder der Käseladen."
Holger Wessendorf und Isabelle Routisseau finden jedoch, dass die Stadt in letzter Zeit zu viele Handyläden auf der Straße genehmigt habe. Nach ein paar Minuten biegen sie durch eine Toreinfahrt auf den Hinterhof ein, in dem Isabelle Routisseau ihre Bildergalerie betreibt:
"Wir haben nicht nur eine Galerie, sondern auch Cafe und auch Geschenkartikel dabei."

Auch charmante Hinterhöfe hat die Straße

Eine charmante Sache, dass man immer mal wieder in Hinterhöfe einbiegen kann.
"Ja, das genießen wir hier sehr. Und viele kommen auch hierher, um dem Trubel der Leipziger Straße ein bisschen zu entfliehen."

Auch der Hinterhof ist gut mit Rollstühlen oder Rollatoren zugängig. Vor den Läden stehen Tische und Stühle für die Rast, die auf der Hauptstraße bisher nicht so einfach möglich ist. Holger Wessendorf betont, dass viele Ladenbesitzer mitziehen, um die Idee des generationenübergreifenden Einkaufs umzusetzen:
"Und es ist wichtig, dass man sich mit diesen Aktionen positioniert, auch gegen einen Online-Handel. Die Leipziger Straße ist als große Einkaufsstraße darauf angewiesen, dass die Leute kommen. Nicht nur aus dem Stadtteil, sondern auch aus dem Umfeld. Und dafür braucht man gute Argumente, damit man weiß, warum man hier einkaufen soll."

Kontrovers wird im Gewerbeverein diskutiert, ob die Leipziger Straße künftig autofrei sein sollte oder nicht. Zumindest an den Samstagen. Isabelle Routisseau ist dagegen:
"Ich sehe das ganz kritisch mit dem Samstag. Ich bin da gar nicht der Meinung, weil: Was bringt der eine Samstag? Wenn man eine Straße schließt, dann soll da vielleicht Gastronomie entstehen. Oder Straßencafes. Die bauen nicht für einen Tag auf und bauen dann wieder ab."
Geschäfte in der Leipziger Straße in Frankfurt am Main.
In der Leipziger Straße in Frankfurt am Main soll man künftig barrierefrei einkaufen können.© Imago / Walter Bibikow / Danita Delimont

Früher fuhr hier die Straßenbahn durch

Viele Leute fahren mit dem Fahrrad. Teilweise gibt es auch die Lastenfahrräder, die sich auf den engen Bürgersteigen bewegen. Ist da noch etwas zu machen?
"Das ist der besondere Charme der Einkaufsstraße, dass sie so wuselig ist, um das mal etwas salopp auszudrücken. Die Straße war noch nie anders. Und wenn Sie sich überlegen, dass früher hier noch eine Straßenbahn durchgefahren ist! Gut, damals gab es nicht so viele Autos und auch nicht so viele Fahrradfahrer und nicht so viele Lastenfahrrad-Fahrer. Doch das Wuselige, das macht den besonderen Charme dieser Straße aus. Das zu unterbinden - das wäre gegen die Straße gedacht!"
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