Leipziger-Buchpreis-Gewinnerin Stelling

"Es ist wichtig, kompromisslos zu schreiben"

07:22 Minuten
Die Schriftstellerin Anke Stelling und Publikum.
Anke Stelling hat den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik gewonnen. © imago
Anke Stelling im Gespräch mit Gabi Wuttke · 21.03.2019
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Die eigene Perspektive stark machen: Das will Anke Stelling, die mit ihrem Roman "Schäfchen im Trockenen" den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen hat. Aus vielen Einzelperspektiven entstehe so das Politische in der Literatur, sagt die Autorin.
Der Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse 2019 geht an die Berliner Autorin Anke Stelling. Sie erhält ihn für ihren Roman "Schäfchen im Trockenen", der eine schonungslose Analyse eines Milieus der Selbstverwirklichung in Berlin ist. "Im Rückblick auf verlorene Illusionen entsteht eine verstörend uneindeutige, scharf belichtete Momentaufnahme der Gegenwart", urteilte die Jury.
Sie glaube, "dass es wichtig ist, kompromisslos zu schreiben", sagt Anke Stelling im Deutschlandfunk Kultur, "und die eigene Perspektive ganz stark zu machen". Daraus ergebe sich erst das Politische in der Literatur – aus den verschiedenen möglichst scharfen und genauen Perspektiven, so die Schriftstellerin.

Eine Suchbewegung, die auch die Autorin weiterbringt

Ihr Roman "Schäfchen im Trockenen" ist eine Aufklärungsbotschaft von Resi, der Protagonistin, an Bea, die älteste Tochter: "Resi klärt sich aber letztlich selbst auf. Damit kläre ich auch mich auf, indem ich sie sich aufklären lasse", erklärt Stelling. Im besten Fall liege "im Erzählen so eine Suchbewegung, die man dann auch mit der Leserinnenschaft teilt, die aber auch mich als Autorin weiterbringt".

Sehnsucht nach Eindeutigkeit

Eine der zentralen, in ihrem Buch befindlichen Erkenntnisse sei, dass es keine Eindeutigkeit gebe, die Sehnsucht danach aber groß sei. Resi versuche zwar ihre Stimme, ihre Position stark zu machen, aber eindeutig sei da nichts, erklärt Stelling. Es gebe nämlich auch die Position der anderen, auch deren Wünsche und Bedürfnisse, es gehe also auch immer um ein Ausbalancieren. Diese Ambivalenzen müssten sich eingestanden und ausgehalten werden.

Was darf Gegenwartsliteratur?

Stelling sagt zudem, sie schreibe an ihren eigenen Erkenntnissen entlang - und fragt: "Was dürfen Schriftstellerinnen, wenn sie Gegenwartsliteratur machen? Wie weit darf man auf sein Umfeld auch zugreifen? Das ist eine moralische Frage. Was ist mit den Graubereichen, wenn Leute sich wiedererkennen? Darf man das? Wie weit kann man da gehen? Ich glaube, man muss ein Stück weit gehen, aber man muss sich auch immer prüfen: Kann man das verantworten?"
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